Dass virtuelle Tests Kosten und Rohstoffe sparen, sowie die Entwicklungszeit von Produkten verkürzen, ist besonders in der Automobilindustrie nichts Neues. Mit einem Driver-in-the-loop-Simulator (DIL), der exakte fahrdynamische Parameter der Reifen und des jeweiligen Testfahrzeugs berechnet, wird der virtuelle Entwicklungsprozess von Conti nun auch im Reifenbereich übernommen.
Der Automobilzulieferer hatte die Hightech-Anlage des Herstellers Ansible Motion 2022 am größten europäischen Reifentestzentrum von Continental, dem Contidrom in Wietze nahe Hannover, in Betrieb genommen. Nach einer rund zwölfmonatigen intensiven Erprobungsphase wurde der Fahrsimulator für Reifen nun in den operativen Betrieb überführt. Damit kommt er ab sofort für Neu- und Weiterentwicklungen, insbesondere im Reifenerstausrüstungsgeschäft zum Einsatz.
"Virtuelle Entwicklungsmethoden versetzen uns in die Lage, Lösungen noch effizienter und präziser auf die Bedürfnisse und Anforderungen unserer Kunden anzupassen", erklärt Bernd Korte, Leiter Forschung und Entwicklung der Reifenerstausrüstung Pkw bei Continental, in einer Stellungnahme. "Mit unserem neuen Fahrsimulator verkürzen wir Entwicklungszeiten und minimieren Kosten und Rohstoffeinsatz im Rahmen der Produktion und Logistik."
Maßgeschneidert für neue Fahrzeugmodelle
Für die virtuellen Tests berechnet der Simulator exakte fahrdynamische Parameter der Reifen und die des jeweiligen Testfahrzeugs. Dabei wird zum jeweiligen Fahrzeugmodell des Kunden von Continental das entsprechende Reifenmodell in den Simulator geladen. Dieses enthält exakte Informationen zu Reifenkonstruktion, Profilgestaltung und Gummimischung. Der Testfahrer fährt so ein dezidiertes Reifenmodell für eine spezifische Fahrzeugmodellvariante, wie bisher auf der physischen Teststrecke.
Im Simulator können Reifen für alle Fahrzeug- und Antriebsvarianten, für Pkw wie Nutzfahrzeuge, für Elektro-, Hybrid- und Verbrennerfahrzeuge getestet werden, erklärt Conti. Entscheidender Vorteil sei dabei, dass sich die Reifenparameter jederzeit digital anpassen lassen. So könnten Testfahrten in kurzen Abständen wiederholt und subjektive Fahreindrücke direkt miteinander verglichen werden.
Fahrdynamik virtuell spürbar
Durch seine große Bewegungsplattform (vier Meter lang, fünf Meter breit) und einer maximalen Beschleunigung von zwölf Metern pro Sekunde spürten die Testfahrerinnen und Testfahrer dabei alle sechs Freiheitsgrade der Fahrdynamik, so Conti, also Längs- und Querbewegungen, die Hubbewegung, das Gieren, Nicken sowie Wanken eines Fahrzeuges. Professionelle Testfahrer seien dazu ausgebildet, diese subjektiven Fahreindrücke in den Entwicklungsprozess einfließen zu lassen, um exakt die von den Fahrzeugherstellern für das jeweilige Fahrzeugmodell gewünschte Reifenabstimmung zu erreichen.
Auch neue Materialien, die zum ersten Mal in einem Reifen verwendet werden, können dem Unternehmen zufolge ausgiebig im neuen Simulator getestet werden. Das Testen ist besonders wichtig, denn jedes Mal, wenn ein erprobtes Material in einem Reifen durch ein neues ersetzt wird, müssen die Eigenschaften und Wechselwirkungen mit anderen Materialien gründlich untersucht werden.