Hohe Lizenzgebühren
Andere Unternehmen aber, die eigentlich ohne Mainframes kaum vorstellbar sind, haben den Schritt zum Plattformwechsel dennoch gewagt. Zu ihnen gehört Amadeus, Betreiber des gleichnamigen Flugbuchungssystems und Anbieter zahlreicher Dienste für Fluglinien und die Touristikbranche. In Erding bei München betreibt Amadeus ein riesiges Rechenzentrum. Darin arbeiten immer noch mehrere Mainframes, darunter auch zwei moderne System-z10-Maschinen.
"Irgendwann war es nicht mehr vertretbar, jeden Monat sechsstellige Beträge allein für Softwarelizenzen zu überweisen", sagt Joachim Holleitner, Manager Quality im Rechenzentrum. Allerdings ist der Plattformwechsel für ein Unternehmen dieser Größenordnung eine lange und beschwerliche Reise. Begonnen hat sie mit der Anfertigung von Machbarkeitsstudien Mitte der 90er Jahre, abgeschlossen wird sie voraussichtlich erst 2012.
"Die Idee mit verteilten Check-in-Systemen, beispielsweise eins für jeden Flughafen, gab es bei uns schon in den 90er Jahren. Seinerzeit waren allerdings verteilte Systeme generell nicht in der Lage, solche Anforderungen zu erfüllen", erklärt Holleitner die Probleme früherer Hardware. Auch die Software für verteilte Systeme hielt den Leistungsvergleich mit Großrechnerapplikationen nicht aus.
Die Mainframe-Anwendungen von Amadeus basierten auf TPF, einem Echtzeit-Betriebssystem, das von IBM in den 60er Jahren für Fluglinien und Kreditkartenfirmen entwickelt wurde und seine Stärken in der schnellen Verarbeitung von Transaktionen hat. Die Anwendungen von Amadeus wurden von den eigenen Entwicklern in Frankreich so stark auf TPF abgestimmt, dass es manchmal nötig war, am Betriebssystem selbst Hand anzulegen. "Die Migration von Anwendungen, die so nah am Draht programmiert sind, ist kompliziert, langwierig und oft sehr teuer", bestätigt der Amadeus-Manager.
Großrechner schickt SMS
Trotzdem trauert Holleitner seinen Mainframes schon jetzt ein wenig hinterher, und nicht nur denen von IBM. "Wir haben vor einiger Zeit unsere BS2000-Maschinen von Siemens abgeschaltet. Die liefen so zuverlässig, dass wir uns die Operatoren dafür gespart haben. Wenn das System unsere Aufmerksamkeit brauchte, hat es uns das per SMS wissen lassen."
Ähnliches hat auch Josh Krischer über die Zuverlässigkeit von Mainframes zu erzählen: "Der Mainframe-Administrator der polnischen Fluglinie LOT ist in Rente gegangen. Die Maschinen laufen seit sieben Jahren praktisch ohne On-Site-Support." Krischer gibt zum Thema Migration noch zu bedenken: "Die Frage ist, ob die Unternehmen, die sich vom Mainframe verabschiedet haben, tatsächlich günstigere Gesamtkosten bei vergleichbarer Servicequalität erzielen konnten." Denn der Aufwand der IT sei mehr als die Summe der Kosten für Hardware und Software, die für das Management so schön nachvollziehbar sind. Sein Fazit: "Viele Firmen haben versucht, vom Mainframe wegzukommen. Manche haben es geschafft, viele nicht, einige sind pleitegegangen."
Mit solchen Argumenten fällt es denn der IBM auch nicht allzu schwer, ihre Linie rigide durchzusetzen und auf jegliche Bedrohung ihrer Lizenzeinnahmen harsch zu reagieren. Anfang des Jahrzehnts zum Beispiel wurde die Mainframe-Emulation auf kleinen Maschinen mit x86- oder Itanium-Prozessoren nicht nur toleriert, sondern aktiv unterstützt. Emulationsboards für pSeries-Rechner und Komplettsysteme wurden über die IBM-Partner vertrieben.