Die beiden Hadoop-Spezialisten Cloudera und Hortonworks haben beschlossen, ihre Geschäfte zu fusionieren. Die Vereinbarung sieht einen gleichberechtigten Zusammenschluss vor. Legt man die Aktienkurse der Unternehmen von Anfang Oktober zugrunde, kommt das neue Gemeinschaftsunternehmen auf einen Börsenwert von 5,2 Milliarden Dollar. Die Cloudera-Aktionäre sollen rund 60 Prozent der Anteile des Gemeinschaftsunternehmens halten, die Hortonworks-Anteilseigner die restlichen 40 Prozent. Beide Anbieter wollen 2018 zusammen mit mehr als 2500 Kunden auf einen Jahresumsatz von etwa 720 Millionen Dollar kommen. Der Deal wurde von den Vorständen einstimmig genehmigt. Abgeschlossen werden soll er im ersten Quartal 2019.
Cloudera und Hortonworks sind im Zuge des 2006 veröffentlichten Big-Data-Frameworks Hadoop, das in den Folgejahren immer populärer wurde, groß geworden. Im Gegensatz zu aufwändigen und teuren Datawarehouse-Infrastrukturen verspricht Hadoop im Zusammenspiel mit dem Hadoop Distributed File System (HDFS) und dem MapReduce-Algorithmus eine einfache und schnelle Verarbeitung großer Datenmengen. Rund um das von der Apache Foundation gepflegte Framework entwickelte sich im Laufe der Jahre ein regelrechtes Ökosystem mit zahlreichen weiteren Tools für das Daten-Handling - beispielsweise die skalierbare Datenbank "HBase" sowie die In-memory Batch Processing Engine "Spark".
Neben den Spezialisten bauten auch zahlreiche IT-Größen wie IBM, Microsoft und SAP Schnittstellen zu Hadoop und integrierten die Lösung in ihre eigenen Daten-Management- und Datenbank-Suiten. Anbieter wie Cloudera und Hortonworks entwickelten eigene Distributionen des Open-Source-Systems und reicherten ihre Plattformen mit Tools und Services an.
Datenplattform der nächsten Generation
Neben einer freien Hadoop-Version, dem "Cloudera Data Hub" (CDH), bietet das Unternehmen seinen kommerziellen "Enterprise Data Hub" (EDH) an. Mehrwerte verschafft Cloudera seinen Enterprise-Kunden in erster Linie mit zusätzlichen Analytics-Funktionen rund um Spark. Außerdem offeriert der Hadoop-Spezialist Anwendern mit seinem Cloudera Navigator eine Reihe von Werkzeugen für das Handling, das Management und die Optimierung von Daten.
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Hortonworks hat mit der Hortonworks Data Platform (HDP) ebenfalls eine Open-Source-Distribution von Hadoop im Programm. Die Nutzung ist frei. Wünschen Unternehmenskunden Support, müssen sie dafür bezahlen. Mit der neuen Version HDP 3.0, die erst im Juni dieses Jahres vorgestellt wurde, offeriert Hortonworks seinen Kunden automatisierte Provisionierungswerkzeuge für seine Plattform in unterschiedlichen Cloud-Infrastrukturen wie AWS oder Google. Eine weitere Neuerung ist die Unterstützung von Docker-Containern. Anwender können damit einzelne Hadoop-Workloads in Containern kapseln.
Durch die Zweckehe wollen die beiden in den USA gegründeten Unternehmen "einen weltweit führenden Anbieter von Datenplattformen der nächsten Generation" schaffen, heißt es. Trotz der gemeinsamen Hadoop-Historie sehen die Verantwortlichen keine Konflikte hinsichtlich des Produkt- und Lösungsportfolios. Cloudera-CEO Tom Reilly, der auch Chef des künftigen Gemeinschaftsunternehmens werden soll, erklärte, dass sich die beiden Unternehmen gut ergänzten. Die Plattformen hätten sich im Laufe der Jahre in unterschiedliche Bereiche des Datenmanagements hineinentwickelt. "Indem wir das End-to-End-Datenmanagement von Hortonworks mit den Data-Warehousing- und Machine-Learning-Funktionen von Cloudera zusammenführen, werden wir die branchenweit erste Enterprise Data Cloud vom Edge bis zur KI liefern", sagte der Manager.
Das nächste Oracle
An Selbstvertrauen mangelt es Reilly nicht: Gegenüber dem US-Sender CNBC äußerte der Cloudera-Chef, man wolle das "nächste Oracle" sein. Das bedeute nicht, Legacy-Systeme von Oracle zu ersetzen. Vielmehr erwarteten die Kunden neue Techniken, um mit Machine Learning und künstlicher Intelligenz ihre immer weiter wachsenden Datenberge zu bearbeiten. Dafür werde man die passenden Lösungen offerieren, so der Cloudera-Manager.
Um keine Verunsicherung unter den Bestandskunden aufkommen zu lassen, sollen die bestehenden Plattformen langfristig weiter unterstützt werden. Für alle Produkte werde es nach der Fusion für jeweils mindestens drei Jahre Support geben, versicherte Mike Olson, Chefstratege von Cloudera. "Jeder Kunde, der sich für eine der beiden Plattformen entscheidet, kann sich einer langfristigen Zukunft der gewählten Plattform sicher sein", schrieb der Manager in einem Blog-Beitrag.
Allerdings stellte Olson auch klar, dass es in Zukunft eine einheitliche Plattform geben soll. Es sei ein glücklicher Zufall gewesen, dass Hortonworks Version 3 und Cloudera Version 6 beide erst vor kurzem ausgeliefert wurden. "Wir haben unsere neuesten Produkte auf die aktuellen Open-Source-Projektversionen umgestellt, was bedeutet, dass unsere Entwicklungslinien näher liegen als je zuvor", konstatiert Olson. "Wir werden nach Abschluss der Transaktion schnell handeln, um die beiden zu einem einzigen Release zusammenzuführen." Langfristig werde man diese einzige Plattform um alle Funktionen erweitern, die beide Anbieter jeweils separat entwickelt haben. So könnten Kunden sicher von ihren aktuellen Hortonworks- oder Cloudera-Installationen auf das neue Produkt upgraden, verspricht der Manager.
Im Zuge der Fusion soll Rob Bearden, CEO von Hortonworks, in den Vorstand aufrücken. "Gemeinsam sind wir gut positioniert, um in den Märkten Streaming und IoT, Data Management, Data Warehousing, Machine Learning/AI und Hybrid Cloud weiter zu wachsen und uns gegen die Konkurrenz zu behaupten", sagte Bearden. Wichtig sei in erster Linie, ein breiteres Angebot anzubieten, das es den Kunden ermögliche, den Wert ihrer Daten zu nutzen.
Beide Anbieter stecken in tief in roten Zahlen
Ob sich die hochgesteckten Erwartungen erfüllen, ist allerdings keineswegs sicher. Beiden Anbietern ist es bis zuletzt nicht gelungen, ihr Hadoop-Geschäft profitabel ins Rollen zu bringen. Die Zahlen ähneln sich. Cloudera berichtete für sein Fiskaljahr 2018, das am 31. Januar dieses Jahres endete, einen Verlust von knapp 386 Millionen Dollar bei Jahreseinnahmen in Höhe von 367 Millionen Dollar. Im Jahr zuvor standen ein Umsatz von 261 Millionen Dollar und ein Defizit von 187 Millionen Dollar zu Buche. Hortonworks kam 2017 auf einem Umsatz von fast 262 Millionen Dollar und musste einen Nettoverlust von 204,5 Millionen Dollar hinnehmen. Im Jahr zuvor sah es nicht besser aus. 2016 stand den Einnahmen von gut 184 Millionen Dollar ein Minus von fast 252 Millionen Dollar gegenüber.
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Die Verantwortlichen beider Unternehmen räumten Fehler ein. Man habe sich zu sehr auf Kunden konzentriert, die für zu wenig Umsatz stünden, hieß es Anfang des Jahres von Seiten Clouderas. Das Management von Hortonworks räumte ein, zu stark vom US-Geschäft abhängig zu sein. Das neu zusammengeführte Unternehmen soll künftig stärker international expandieren und sich global ausrichten.
Noch bleiben aber viele Fragezeichen. So ist nicht bekannt, unter welchem Namen das fusionierte Unternehmen firmieren wird oder wo es seinen Hauptsitz haben wird. Beide Anbieter sitzen derzeit nahe beieinander im Silicon Valley.
MapR - der lachende Dritte?
Zu einer Konsolidierung kommt es auch im Markt. Aus dem Dreiklang Cloudera, Hortonworks und MapR im Hadoop-Konzert wird nach der Fusion ein Duett. MapR, das wie Cloudera im Jahr 2008 gegründet worden war, setzt vor allem auf die Enterprise-Edition seiner "Converged Data Platform" (CDP). Dabei geht das Unternehmen einen eigenen Weg. Die Plattform setzt mit "MapR FS" auf ein eigenes File System sowie die integrierte NoSQL-Datenbank "MapR DB".
Ein weiteres Kernelement ist eine Event Streaming Engine, die Anwendern das Auswerten von Streaming-Daten in Echtzeit erlauben soll. Außerdem gibt es mit "MapR Edge" eine stark abgespeckte Edition, die auch auf Endgeräten im Internet of Things (IoT) laufen kann. Darüber hinaus hat der Hadoop-Spezialist auch Techniken wie Docker-Container und Machine Learning nicht aus dem Auge verloren und in die eigene Plattform integriert.
Von dem Merger der Konkurrenten will sich das MapR-Management denn auch nicht bange machen lassen. Man sei unbesorgt, ließ Mitbegründer und CEO John Schroeder durchblicken. "Wir haben von Anfang an ein anderes Spiel gespielt als Hortonworks und Cloudera", sagte er gegenüber US-Medien. Das Unternehmen habe zwei Jahre lang an seiner CDP gebaut und die einzelnen Teile eng miteinander integriert. Schroeder zufolge wurde die Plattform von Anfang an so konzipiert, dass sie analytische, operative und neu entstehende Workloads unterstützt. Deshalb werde MapR bereits heute produktiv in Edge- und IoT-Szenarien eingesetzt.
Der Manager erwartet, dass sich einige der derzeitigen und potenziellen Kunden von Cloudera und Hortonworks nun mit der MapR-Lösung beschäftigen werden. Er spekuliert, dass sich die Innovationsgeschwindigkeit bei Cloudera/Hortonworks in den nächsten Monaten verlangsamen könnte. "Hortonworks und Cloudera waren früher Feinde. Es könnte Auseinandersetzungen innerhalb des neuen Unternehmens geben - und es wird auch Entlassungen geben", orakelt der MapR-Chef.