Licht und Schatten prägen SAPs Bilanz für das erste Quartal 2022. Der Umsatz verbesserte sich gegenüber dem Vorjahresquartal um elf Prozent auf knapp 7,1 Milliarden Euro und übertraf damit die Erwartungen der Finanzanalysten. Dagegen schrumpfte das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis um vier Prozent auf 1,68 Milliarden Euro. Der Gewinn brach sogar um 41 Prozent auf 632 Millionen Euro ein.
SAP verweist an dieser Stelle auf ein sehr starkes Vorjahresquartal und macht in erster Linie Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine sowie höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Vertrieb und Marketing für das rückläufige Betriebsergebnis verantwortlich.
Die Verantwortlichen des größten europäischen Softwareherstellers zeigten sich dennoch zufrieden. "Wir verdanken unseren Kunden ein weiteres Quartal mit starkem Cloud-Wachstum", erklärte Vorstandssprecher Christian Klein. "Unser wichtigstes ERP-Angebot SAP S/4HANA verzeichnete ein Rekordwachstum." Klein wertet dies als Zeichen des Vertrauens seiner Klientel. Anwender würden bei der Transformation ihrer Unternehmen weiter auf SAP-Lösungen setzen.
Der scheidende Finanzvorstand Luca Mucic sprach von einem soliden Start ins Jahr und bestätigte den Ausblick auf die kommenden Quartale. "Trotz des aktuellen gesamtwirtschaftlichen Umfelds hat sich das Wachstum der Cloud-Erlöse weiter beschleunigt und beflügelt damit das Wachstum der gesamten Umsatzerlöse."
Fast 20.000 S/4HANA-Kunden
Die Cloud-Einnahmen der badischen Softwerker legten um 31 Prozent auf gut 2,8 Milliarden Euro zu. Davon gehen 404 Millionen Euro auf das Konto von S/4HANA Cloud - laut SAP ein Plus von 78 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt liefen SAP zufolge die Geschäfte mit der neuen Produktgeneration gut. Mehr als 500 Kunden hätten sich im ersten Quartal für SAP S/4HANA entschieden. Die Gesamtzahl der SAP-S/4HANA-Kunden sei damit gegenüber dem Vorjahresquartal um 18 Prozent auf mehr als 19.300 gestiegen. Davon hätten über 13.900 bereits den Produktivbetrieb aufgenommen.
50 Jahre SAP - der Softwarekonzern am Scheideweg
Wie wichtig ein starkes Wachstum des Cloud-Geschäfts ist, zeigt sich an anderer Stelle in der SAP-Bilanz. Die Einnahmen mit Softwarelizenzen gingen erneut deutlich zurück, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34 Prozent auf 317 Millionen Euro. Noch unberührt davon sind die Wartungseinnahmen, die mit gut 2,9 Milliarden Euro (plus vier Prozent) nach wie vor den größten Einnahmeposten für SAP bilden. Das deutet darauf hin, dass viele Kunden ihre alten On-Premises-SAP-Systeme nach wie vor produktiv halten.
Unter dem Strich lohnt sich das klassische Geschäft. Die Bruttomarge bei Softwarelizenzen und -support liegt mit 87 Prozent deutlich über der Bruttomarge im Cloud-Geschäft (68,2 Prozent). Während die Cloud-Kosten in den ersten drei Monaten 2022 von etwa 700 Millionen Euro im Vorjahr auf fast 900 Millionen Euro gestiegen sind, verringerte sich der Aufwand im Lizenz-Wartungs-Bereich von 471 auf 422 Millionen Euro.
Mehr Geld für Entwicklung und Vertrieb
Der Geschäftsumbau von SAP macht sich auch an anderer Stelle bemerkbar. So steckt der Softwarehersteller deutlich mehr Geld in Forschung und Entwicklung - im ersten Quartal des Jahres über 1,4 Milliarden Euro, 22 Prozent mehr als vor einem Jahr. Auch die Vertriebs- und Marketingaufwände steigen, um 20 Prozent auf fast zwei Milliarden Euro. In beiden Bereichen hat SAP sein Personal deutlich aufgestockt. Ende März beschäftigte der Konzern fast 32.900 Entwicklerinnen und Entwickler (Vorjahr: 30.100). Um Vertrieb und Marketing kümmern sich rund 29.300 Beschäftigte (Vorjahr: 25.800). Insgesamt arbeiten derzeit fast 109.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei SAP. Vor einem Jahr waren es knapp 103.000.
Die SAP-Verantwortlichen rechnen angesichts des Wachstums im Cloud-Bereich mit weiterhin guten Geschäften und haben ihre Ziele für das laufende Jahr bekräftigt. Der Konzern erwartet währungsbereinigt Cloud-Einnahmen von 11,55 bis 11,85 Milliarden Euro, was einem Plus von 23 bis 26 Prozent entsprechen würde. Insgesamt sollen Cloud- und Softwareerlöse 2022 währungsbereinigt etwa 25 bis 25,5 Milliarden Euro einbringen, etwa vier bis sechs Prozent mehr als im Vorjahr.
Negative Effekte durch Geschäftsabbruch in Russland
Die Ausfälle im Russland-Geschäft glaubt SAP kompensieren zu können. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet der Konzern einen negativen Einfluss auf den Umsatz in Höhe von rund 300 Millionen Euro durch fehlendes Neugeschäft und die Beendigung bestehender Aufträge. Das betrifft in erster Linie die Bereiche Software und Support sowie Services. Beim Betriebsergebnis rechnet SAP mit negativen Effekten in Höhe von rund 350 Millionen Euro.
Gegensteuern wollen die Verantwortlichen in Walldorf auch durch Kostendisziplin und eine weitere Straffung des Portfolios, hießt es in der Mitteilung zum Quartalsergebnis. "Sollte sich die Lage über das aktuelle Maß hinaus weiter verschärfen, könnte das für unsere Geschäftsaktivitäten möglicherweise erheblich negative Folgen haben."