Citrix sieht die Anwendungswelt vor allem aus der Client-Perspektive – und das seit nunmehr 30 Jahren. Aber zum ersten Mal geht es dem Softwarehersteller dabei explizit nicht um die technische Basis, sondern um die individuelle Nutzererfahrung am Arbeitsplatz. "Wir wollen Technik und Menschen zusammenbringen – im Workspace, beim Networking und hinsichtlich der Analyse", sagte David Henshall, Citrix-President und -CEO in seiner Keynote auf dem internationalen Kunden- und Partnertreffen, das diesmal in Atlanta stattfand.
Die Anwender wollen laut Citrix vor allem eines: eine flexible, einfach zu handhabende Arbeitsumgebung, die sie produktiv und zufrieden arbeiten lässt. "Ein durchschnittliches Unternehmen hat mehr als 500 Anwendungen im Einsatz", so Henshall, "und der überwiegende Teil wird nur von Spezialisten genutzt." Etwa ein Fünftel ihrer Arbeitszeit wendeten die Angestellten in Anwenderunternehmen dafür auf, sich in ihrem internen Informations- und Applikationsdschungel zurechtzufinden.
Diese Sisyphos-Arbeit verärgert vor allem jüngere Mitarbeiter, die durch Newsfeeds und soziale Medien an einen automatischen Informationseingang gewöhnt sind und einen schnellen Überblick für selbstverständlich halten. Die Kosten für demotivierte Mitarbeiter beliefen sich auf Billionen von Dollar pro Jahr, behauptete der Citrix-CEO.
Newsfeed-Prinzip: Überflüssiges bleibt draußen
Mit dem intelligenten Workspace treibt Citrix die Neufokussierung seines Geschäfts weiter voran. Der Softwarehersteller, der seine Produkte immer mehr auf Subskriptionsbasis abrechnet, sieht den "intelligenten Arbeitsplatz" als das ideale Anwendungsgebiet für seine Integrationsplattform, die deshalb auch "Workspace" getauft wurde. Sie soll den Aufbau einer individualisierten Arbeitswelt ermöglichen, in der alle relevanten Informationen aus unterschiedlichen Quellen, zum Berispiel Cloud-Anwendungen oder Apps, zusammenlaufen.
Alles Überflüssige bleibe außen vor, und das Wichtigste lasse sich auf einen Blick erfassen – im Prinzip funktioniert das ähnlich wie bei klassischen Newsfeeds nur mit dem Unterschied, dass sich in den Workspace zusätzlich auch andere Produktivitäts-, Kooperations- und Sicherheits-Tools integrieren lassen sollen wie beispielsweise Microsoft Teams oder Slack.
Die Basis bildet der Receiver
Citrix hat nicht wirklich eine neue Plattform aus dem Hut gezaubert. Mit seiner "Receiver"- Software hat das Unternehmen schon seit einigen Jahren eine Art Portal im Angebot, in dem sich Informationen aus unterschiedlichen Applikationen sammeln und integrieren lassen. Ein in diesem Zusammenhang wichtiges Tool aus der eigenen Werkstatt ist der "Analytics Server", den Citrix derzeit mit Machine-Learning-Funktionen ausstattet. Er ergänzt das Datensammeln um Analytics-Funktionen.
Laut Calvin Hsu, Vice President of Product Marketing bei Citrix, funktioniert der alte Receiver zwar im Großen und Ganzen gut, jedoch nicht bis auf Dateiebene. Dieses Manko hat Citrix mit der Übernahme des MicroApp-Spezialisten Sapho im Februar des laufenden Jahres beseitigt. Sapho verfügt über eine Plattform, die es ermöglicht, alle für einen Arbeitsplatz notwendigen Applikationen sowie selbst entwickelte Apps in eine einfach zu bedienende Informations- und Kooperationsumgebung zu übernehmen. Zusammen mit dem Receiver bildet die Sapho-Umgebung den Kern des intelligenten Workspace.
Konnektoren für gängige Cloud-Apps
Wie Chief Product Officer PJ Hough verspricht, lässt sich der "Power-Feed" des intelligenten Workspace auf unterschiedlichen Endgeräten, also auch auf dem Handy, verwenden. Die MicroApp-Technik von Sapho kommuniziert dabei unter anderen mit den SaaS-Anwendungen von Microsoft, Workday, Salesforce und ServiceNow. Citrix will in diesem Jahr noch weitere Plattform-Konnektoren für verbreitete Applikationen bereitstellen.
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Ein API-basierender "Builder" soll den Kunden darüber hinaus ermöglichen, ihre eigenen MicroApps zu entwickeln und in den Workspace zu integrieren. Laut Citrix sind dazu nur drei Schritte notwendig: neue Integration hinzufügen, eine "Feed-Card" mit den Basisinformationen über die neue MicroApp erstellen und schließlich den neuen Account bestätigen.
Safety first – direkt am Endpoint
Damit die Mitarbeiter über Systemgrenzen hinweg zusammenarbeiten können, sind nicht nur Kollaborations-Tools integrierbar, sondern auch Security-Software von Partnerunternehmen; beispielsweise gibt es ein Microsoft Security Graph API.
Zudem hat Citrix eigene Sicherheitsfunktionen entwickelt, die laut Anbieter auf ein ganzheitliches "End-to-End"-Sicherheits-Management abzielen. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Sicherheitsfunktionen direkt am Arbeitsplatz gelegt. Zu den Sicherheitsvorkehrungen in Sachen Endpoint Security zählen unter anderen Keylogging, Screen Capture und Session Videoing sowie eine Bot-Detection-Funktion.
Ganzheitliche Anwendererfahrung
Die Workspace-Software lässt sich Citrix zufolge nicht nur am Arbeitsplatz einsetzen, sondern überall dort, wo unterschiedliche Apps zu einer integrierten Umgebung zusammengefasst werden sollen. Das gilt beispielsweise auch für die Supply-Chain- oder die Maschinensteuerung. Aber in Zeiten des Fachkräftemangels sei das Arbeitsplatzargument beinahe unschlagbar. "Die Mitarbeiter können sich mit Workspace auf das konzentrieren, wofür sie wirklich bezahlt werden", behauptet Produktchef Hough.
Jack Gold, President von J.Gold Associates, ergänzt: "Wie Studien gezeigt haben, beklagen viele Anwender den Mangel an wirklich hilfreichen Tools, die wachsende Komplexität der Applikationen und eine generell frustrierende Anwendererfahrung." Um die Begeisterung zurückzugewinnen, sei eine geistige Kehrtwende notwendig – weg vom Computing mit vielen unterschiedlichen Apps, hin zur Übersicht über die eigene Produktivität mit Hilfe einer integrierten Umgebung: "Citrix Workspace schiebt die Anwendererfahrung einfach in Richtung eines ganzheitlichen Ansatzes."