Automatisierung

Cisco bringt Predictive Maintenance fürs Netz

09.05.2022
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Cisco arbeitet an einem KI-gestützten SaaS-Angebot, das potenzielle Störungen im Netz vorhersagen soll.
Mit Hilfe einer Predivtive Analytics Engine und KI-Unterstützung will Cisco künftig Netzprobleme bereits im Vorfeld erkennen.
Mit Hilfe einer Predivtive Analytics Engine und KI-Unterstützung will Cisco künftig Netzprobleme bereits im Vorfeld erkennen.
Foto: Wright Studio - shutterstock.com

Störungen in der Produktion und in den Lieferketten, virtuelle Meetings die zu einer Zumutung werden. Netzausfälle und -störungen haben in einer im stärker vernetzten Cloud-Frist-Welt mittlerweile fatale Auswirkungen. Zumal die Infrastrukturen trotz modernster Techniken wie SD-WAN etc. immer komplexer und schwieriger zu managen sind. Dadurch ist es Administratoren kaum mehr möglich, selbst eventuelle Ausfälle und Störungen im Vorfeld rechtzeitig zu erkennen.

Doch warum ist es nicht möglich, solche Störungen - ähnlich wie in der IIoT-Welt bei den Maschinen auf dem Shopfloor - per Predictive Maintenance vorherzusagen? Die Frage stellte sich auch JP Vasseur und sein Team. Vasseur ist Cisco Fellow and Head of Cloud-Based Machine Learning and AI for the Network and The Internet und wundert sich, "dass das Internet nach über 30 Jahren Geschichte immer noch keine Intelligenz besitzt, um selbst zu lernen und zu erkennen, wo Probleme entstehen und alternative Routing-Pfade vorschlägt."

Störungen vorhersagen

Genau dies will Cisco künftig mit einer Cloud-basierten Predictive Analytics Engine tun: Den Netzverkehr vorhersagen und dabei vor möglichen Störungen warnen sowie Vorschläge zur Vermeidung erstellen. "Das hat allerdings nichts mit dem klassischen Monitoring wie bei einem Server zu tun und wir verwenden auch keine Agents oder sonstige Software, die auf den Geräten installiert werden muss", verdeutlicht Vasseur. Vielmehr setzt er auf bereits vorhandene Telemetriedaten wie sie beispielsweise der Controller eines SD-WANs liefert. Zu diesen Daten zählen etwa Datenvolumen, Uhrzeit, Latency, Jitter, Anzahl und Art der Applikationen, Verkehrspfade etc.

Predictive Analytics aus der Cloud

Diese Informationen werden in einem großen Data Lake in der Cloud gesammelt. Dort analysiert die Predictive Analytics Engine dann die Daten mit KI-Unterstützung und erstellt Modelle des zu erwartenden Verkehrs und wo es möglicherweise zu Engpässen /Störungen kommen könnte. Zudem erarbeitet sie Vorschläge, wie das Problem zu vermeiden ist. "Wenn die Engine etwa erkennt, dass es jeden Freitag um 17 Uhr an einem Standort kritisch mit der Netzauslastung wird, dann schlägt die KI beispielsweise einen anderen Routingpfad vor, um das Problem erst gar nicht entstehen zu lassen", veranschaulicht Vasseur. So könnte die Technik auch für Unternehmen mit starkem saisonalen Geschäft von Interesse sein - etwa für eine Blumenladenkette, wenn rechtzeitig vor Muttertag vor einer drohenden Überlastung gewarnt wird und Vorschläge zu einem geänderten Netz-Setup unterbreitet werden. So kann trotz des Ansturms eine gleichbleibend gute User Experience geboten werden.

Trusted Automation soll folgen

In einem ersten Schritt wird der Dienst - intern als Cisco Predictive Networks bezeichnet - wohl nur den Verkehr analysieren und entsprechende Vorhersagen errechnen sowie Vorbesserungsvorschläge unterbreiten. Eine automatische Rekonfiguration aufgrund der Predictions wird es zunächst laut Vasseur nicht geben. Er kann sich aber vorstellen, dass dies später in Form einer Funktion der "Trusted Automation" folgt.

Auch in Sachen Pricing hält sich Vasseur noch bedeckt, "wir werden weitere Details zu Cisco Predictive Networks im Juni im Rahmen unserer Hausmesse Cisco Live veröffentlichen. Bekannt ist, dass es sich um ein SaaS-Angebot handeln soll, so dass die Anwender bei sich keine weitere Software oder Appliances installieren müssen. Als Zielgruppe sieht Vasseur Coporate-Kunden mit großen Netzen sowie Carrier als auch Cloud- und Service-Provider. Die Provider könnten den Dienst wiederum ihren Kunden als Dienstleistung oder als verbesserte QoS offerieren. Mittelfristig sind für Vasseur indirekt selbst Consumer als Kunden vorstellbar. "Was spricht dagegen, dass ein Internet-Provider seinen Endkunden den Service gegen einen gewissen Aufpreis offeriert, um ihnen etwa die beste User Experience beim Online Gaming oder bei der Videokonferenz im Home Office zu bieten?", blickt der Manager in die Zukunft.