CIO des Jahres

CIO des Jahres 2022 - Großunternehmen - Finalist

CIO Thomas Buck trennt Vitesco von Continental

17.10.2022
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Eine Trennung in nur 18 Monaten: Das hat CIO Thomas Buck geschafft und die eng miteinander verknüpften IT-Systeme von Continental und Vitesco entflochten.
CIO des Jahres 2022: Thomas Buck, CIO von Vitesco, gehört zu den fünf Finalisten in der Kategorie Großunternehmen. Er sagt: "In schwierigen Phasen ist es essenziell, dass das Leadership-Team immer Zuversicht ausstrahlt."
CIO des Jahres 2022: Thomas Buck, CIO von Vitesco, gehört zu den fünf Finalisten in der Kategorie Großunternehmen. Er sagt: "In schwierigen Phasen ist es essenziell, dass das Leadership-Team immer Zuversicht ausstrahlt."
Foto: Vitesco

Elektromobilität und alternative Antriebe verändern die Automobilbranche. Auch Zulieferer wie die Continental AG in Hannover passen ihre Geschäftsfelder an. Im März 2020 beschloss der Aufsichtsrat, die Sparte mit dem neuen Namen Vitesco Technologies, als selbständiges Unternehmen auszugliedern und bereits im September 2021 sollte dieser Prozess abgeschlossen sein. Mit dieser Entscheidung begann für CIO Thomas Buck eine spannende Zeit, denn seine Aufgabe war es, alle Applikationen, Daten und Plattformen innerhalb von 18 Monaten zu migrieren.

Vitesco Technologies zählt zu den international führenden Entwicklern und Herstellern moderner Antriebstechnologien. Zu den Systemlösungen und Komponenten von Vitesco Technologies gehören Elektro-, Hybrid- und Verbrennungsantriebe. Das Produktportfolio umfasst beispielsweise elektrische Antriebe und Steuerungen sowie Sensoren.

Weltweit arbeiten bei Vitesco Technologies etwa 37.000 Beschäftigte. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete das börsennotierte Unternehmen einen Umsatz von 8,3 Milliarden Euro. Zum IT-Team von Thomas Buck gehören rund 650 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das Projektteam ergänzten 250 externe Berater.

Fast überall Cloud-only

Dass die komplette Ausgliederung keine leichte Aufgabe sein würde, war dem CIO schnell klar. Diese Mammutaufgabe war nur zu schaffen, wenn das Unternehmen pragmatisch an das Thema herangeht, so Buck. "Es war eine mutige Entscheidung, für alle Applikationen, außer SAP, einen Cloud-only-Ansatz zu wählen", sagt Buck. Mehr als 350 Applikationen wanderten in den virtuellen Speicher. Dazu gehörten auch die Engineering-Umgebung und die zentralen Systeme für die Fertigungssteuerung. Auf diese Anwendungen greifen Mitarbeiter an rund 50 Standorten über ein globales SASE-Netzwerk zu. Heute nutzen die Beschäftigten rund 85 Prozent aller Applikationen über die Cloud.

Vitesco Technologies mit Hauptsitz in Regensburg beschäftigt weltweit 37.000 Mitarbeitende und erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 8,3 Milliarden Euro.
Vitesco Technologies mit Hauptsitz in Regensburg beschäftigt weltweit 37.000 Mitarbeitende und erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 8,3 Milliarden Euro.
Foto: Vitesco Technologies

Über 70 SAP-Systeme herausgelöst

Außerdem kümmerte sich das IT-Team um mehr als 70 SAP-Systeme, die aus dem Mutterkonzern herausgelöst werden mussten. Dazu zählten auch alle HR-Anwendungen sowie die Daten der zukünftigen Vitesco-Technologies-Mitarbeitenden, die in das Spin-off wechselten. Hierfür migrierte das Team mehr als 1,6 Milliarden Datensätze. Außerdem bauten sie ein eigenes, zentrales Financial Reporting auf Basis von SAP/HANA auf.

Herausfordernd war auch der Umzug der Office 365 Accounts von über 27.000 Mitarbeitern, denn in der Übergangsphase sollten alle Beschäftigten problemlos weiterarbeiten können. Dafür entwickelte das IT-Team eine Lösung, mit der die Mitarbeiter sowohl auf das Active Directory von Continental zugreifen und sich mit dem neuen Microsoft Azure Active Directory von Vitesco Technologies verbinden konnten. "Das Projekt wäre ohne die Entscheidung für eine Cloud-Lösung in dieser kurzen Zeit nicht umsetzbar gewesen", sagt CIO Thomas Buck.

Lessons Learned

Geholfen hat dem Maschinenbau-Ingenieur Buck auch seine lange Erfahrung in der Automobilbranche. Der 52-Jährige arbeitete mehr als zehn Jahre für Continental und kannte den Konzern sehr gut. Einen Rat für andere, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen, hat Buck noch: "Auch wenn es banal klingt: In schwierigen Phasen ist es essenziell, dass das Leadership-Team immer Zuversicht ausstrahlt."

Aus dem Projekt nimmt er vier weitere Erkenntnisse mit:

  1. Eine Cloud-Lösung im Backend und Netzwerk erhöht die Sicherheit gegenüber Cyber-Attacken.

  2. Die Cloud schafft viel mehr Transparenz als ein Rechenzentrum.

  3. Die Motivation steigt, wenn das gesamte Team ein gemeinsames Ziel hat.

  4. Aus dem Homeoffice heraus ist viel mehr möglich als gedacht.

Verdienter Finalist im Wettbewerb

Mit seinem Projekt überzeugte der CIO auf ganzer Linie und schaffte es unter die fünf Finalisten beim IT-Wettbewerb CIO des Jahres 2022, Kategorie Großunternehmen. "Herr Buck hat seine IT-Organisation sehr gut im Griff inklusive seiner Service-Provider. Der Carve-out ist extrem smooth über die Bühne gegangen. Wir haben selten solch einen geräuschlosen Carve-out erlebt," sagt Jury-Mitglied Christina Raab, Vorsitzende der Accenture-Ländergruppe Deutschland, Österreich und Schweiz sowie Mitglied im Präsidium des Bitkom. Jurorin Marion Weissenberger-Eibl, Professorin am Karlsruher Institut für Technologie, ergänzt: "Herr Buck hat das Momentum genutzt und den äußeren Zwang in Zukunftsfähigkeit umgesetzt." (kf)