Studium der Geschichte in Oxford, Doktor der Philosophie, Berater bei McKinsey, Gestalter der Hartz-Reformen und jetzt CIO bei der Bundesagentur für Arbeit - vielleicht müssen die Lebensläufe der Chefdigitalisierer in den Organisationen genauso disruptiv sein wie die ganze Transformation, die sie sich vorgenommen haben.
Markus Schmitz möchte seine Behörde (darf man das heute noch sagen?) zum Pionier und Vorbild für alle staatlichen Institutionen in Sachen digitaler Transformation machen. Damit nicht genug, ins Bild des ehrgeizigen Ex-Beraters passt auch, dass seine IT den Anspruch entwickelte, alle Bürger in ihrer beruflichen Laufbahn zu begleiten. "Damit wurde die Kundenbasis der IT der Bundesagentur von ursprünglich 95.000 Mitarbeitern auf 80 Millionen Bürger, die jetzt die Online-Services nutzen, erweitert", sagt Schmitz. Und das, was er mit seinem Team bisher umgesetzt hat, lässt sich auf jeden Fall sehen.
Als Erstes realisierte man "eines der größten Kunden-Online-Portale" Deutschlands, wie die BA vermeldet. Das Wichtige: Endlich orientiert sich der Internet-Auftritt nicht entlang der Verwaltungsstrukturen, sondern an den unterschiedlichen möglichen Lebenslagen der Kunden. Aufbauend auf dem Online-Portal setzte Schmitz weitere Projekte auf, um Services verschiedener Leistungsverfahren online anzubieten.
Vier Ziele des Wandels |
1. Attraktive digitale Angebote für externe Kunden schaffen. |
2. Interne Prozesse verschlanken. |
3. Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft verbessern. |
4. Arbeitskultur und -bedingungen verbessern. |
Dazu gehören Online-Anträge auf Kinder- und Arbeitslosengeld sowie ein Selbsterkennungs-Tool (SET). Dieses soll jedem Interessenten aufgrund eines Online-Tests helfen, seine beruflichen Interessen, Fähigkeiten und Kompetenzen besser einzuschätzen und die passende Ausbildung oder das passende Studium zu finden.
Besonders stolz ist Schmitz auf die Einführung agiler Arbeitsweisen in der IT, die als Vorbild für den Rest der Bundesagentur und den öffentlichen Sektor in ganz Deutschland gelten soll. Im Oktober weihte er in Nürnberg einen agilen Campus ein, in dem 17 Bürolandschaften für Scrum-Teams bereitstehen. Damit verbindet er die Hoffnung, dass sich die Vorlaufzeiten in der Softwareentwicklung bei einem Release verkürzen lassen - beispielsweise auf bis zu drei Wochen im Online-Bereich.
Lessons Learned |
1. Das Management muss sich aktiv einschalten und die agile Transformation begleiten. |
2. Ein langer Atem ist unabdingbar. |
3. Die Etablierung einer lernenden Organisation mit einer positiven Fehlerkultur ist essenziell. |
Entsprechend begeistert äußert sich die CIO-des-Jahres-Jury zu seinem umfassenden Projekt, wenn es heißt: "Mit dem Projekt 'Digitalisierung der Bundesagentur für Arbeit' ist ein Kulturwandel mit fast revolutionärem Charakter gelungen - von der 'Verwaltung' zur 'Kundenorientierung', von einem reinen internen Fokus zum effizienten personalisierten Dienstleister mit dem Anspruch, 80 Millionen Menschen potenziell als 'Kunden' zu begreifen und mit modernen digitalisierten Tools von der Leistungsstärke der Agentur für Arbeit zu überzeugen. Das ist eine große Vision. Aus Sicht der Kunden werden digitale Angebote entwickelt, die das Leben erleichtern."