Morgan und Klein übernehmen als Co-CEOs

CEO Bill McDermott verlässt SAP

11.10.2019
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Überraschend ist Bill McDermott von seinem Chefposten bei SAP zurückgetreten. Nach den Abgängen in den ersten Monaten des Jahres wird damit der Generationswechsel an der Spitze des Softwarekonzerns immer deutlicher. Die Führung übernehmen die Vorstandsmitglieder Jennifer Morgan und Christian Klein als Co-CEOs.

Der Rücktritt des US-amerikanischen Managers kam völlig überraschend. McDermott, der 2002 zu SAP gekommen war und zunächst die Vertriebsregion Nordamerika geleitet hatte, löste 2010 gemeinsam mit Jim Hageman Snabe den glücklosen Léo Apotheker an der Spitze des deutschen Softwarekonzerns ab. Seit 2014 führte McDermott SAP als alleiniger Chef.

Wohin der weitere Weg von Ex-SAP-Chef Bill McDermott führt, ist derzeit nicht bekannt.
Wohin der weitere Weg von Ex-SAP-Chef Bill McDermott führt, ist derzeit nicht bekannt.
Foto: SAP

"Ich bin dankbar dafür, einem der weltweit besten Unternehmen vorzustehen", sagte der 58-jährige Manager zum Abschied. "Jetzt ist der Moment gekommen, ein neues Kapitel aufzuschlagen." Was darin zu lesen sein wird, wollte McDermott indes noch nicht verraten. Er blickt zufrieden auf seine Zeit bei SAP zurück. "Wenn man bedenkt, was dieses Unternehmen in den letzten zehn Jahren erreicht hat - wo wir damals waren und wo wir heute sind -, dann überkommt mich großer Stolz."

SAP-Gründer und Vorsitzender des Aufsichtsrats Hasso Plattner bedankte sich bei dem scheidenden CEO. "Ohne Bill McDermott wäre SAP nicht das Unternehmen, das es heute ist." Der US-Manager habe maßgeblich zum Erfolg beigetragen - zum Beispiel als die treibende Kraft in Richtung Cloud. Von dieser Weichenstellung werde das Wachstum von SAP noch viele Jahre profitieren. "Wir danken ihm für alles, was er für SAP getan hat."

Die nächste Generation übernimmt das SAP-Ruder

Als Nachfolger bestimmte der Aufsichtsrat mit sofortiger Wirkung die beiden Vorstandsmitglieder Jennifer Morgan und Christian Klein. McDermott soll bis Ende des Jahres in einer beratenden Rolle beim Softwarehersteller bleiben und so einen reibungslosen Übergang gewährleisten. Er sprach davon, das Unternehmen damit in die Hände der nächsten Generation zu übergeben. "Ich bin zuversichtlich, dass Jennifer und Christian hervorragende Arbeit leisten werden und freue mich darauf, sie in den verbleibenden Wochen des Jahres 2019 zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, den Grundstein für 2020 und die folgenden Jahre zu legen."

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Chef-Aufseher Plattner gratulierte den beiden neuen Co-CEOs, die offensichtlich im Rahmen eines Nachfolgeplans schon länger auf diese Rolle vorbereitet worden waren. "Bereits vor einem Jahr haben Bill McDermott und ich beschlossen, die Aufgabenbereiche der beiden zu erweitern und sie somit gründlich auf eine Führungsrolle an der Unternehmensspitze vorzubereiten", so Plattner. Beide verfügten über die Fähigkeiten und die Vorstellungskraft, um SAP in die nächste Wachstums- und Innovationsphase zu führen. "Jennifer Morgan und Christian Klein ergänzen sich perfekt und werden starke Co-CEOs sein", konstatierte der 75-Jährige. Dieses Führungsmodell habe sich bei SAP bereits bewährt. Neben dem Duo McDermott und Snabe hatte Plattner selbst bis 2003 den Konzern einige Jahre gemeinsam mit Henning Kagermann geführt.

SAP-Gründer Hasso Plattner hat die Weichen gestellt - nun übernimmt eine neue jüngere Generation von Managern.
SAP-Gründer Hasso Plattner hat die Weichen gestellt - nun übernimmt eine neue jüngere Generation von Managern.
Foto: HPI / Kay Herschelmann

Morgan und Klein verfügen SAP zufolge über jahrzehntelange Erfahrung in der Branche für Unternehmenssoftware. Morgan arbeitet seit 2004 bei SAP und war zuletzt Präsidentin der Cloud Business Group. In dieser Funktion leitete die Managerin die Bereiche Qualtrics, SuccessFactors, Ariba, Fieldglass, Customer Experience und Concur. Sie gehört dem SAP-Vorstand seit 2017 an. Klein startete als Student vor zwanzig Jahren seine Karriere bei SAP. Zuletzt bekleidete er die Rolle des Chief Operating Officer (COO). Darüber hinaus leitete er die Produktentwicklung für die ERP-Flaggschifflösung SAP S/4HANA. Er sitzt seit 2018 im SAP-Vorstand.

Personalkarussell in Walldorf

Der überraschende Rücktritt McDermotts ist der Höhepunkt der personellen Turbulenzen im Top-Management bei SAP. Anfang des Jahres kehrte Technikvorstand Bernd Leukert den Walldorfern den Rücken. Im April verließ mit Robert Enslin ein weiterer langgedienter SAP-Manager den Softwarekonzern. Er heuerte kurze Zeit später bei Google an. Seinen Bereich, die Cloud Business Group, übernahm die jetzt zum Co-CEO berufene Morgan. Insgesamt vollzieht sich in der SAP-Führung ein Generationswechsel. Das Technik-Ressort im SAP-Vorstand übernahm der 37-jährige Jürgen Müller. Die neuen SAP-Chefs sind 48 (Morgan) und 39 Jahre (Klein) alt. Und auch die graue Eminenz bei SAP, Hasso Plattner, hat bereits seinen Rückzug angekündigt. Sein Aufsichtsratsmandat läuft noch bis 2022. Danach soll Schluss sein, hatte das SAP-Gründungsmitglied vor kurzem bekannt gegeben.

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Die SAP-Kunden waren von dem bevorstehenden Wechsel an der SAP-Spitze nicht informiert. "Bill McDermotts Rücktritt hat uns überrascht. Wir wünschen ihm alles Gute für seine kommenden Aufgaben und danken ihm für den gemeinsamen Weg", kommentierte Marco Lenck, Vorstandsvorsitzender der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG), die Umstrukturierung. Er beglückwünschte Christian Klein zu seiner neuen Rolle als Co-CEO. "In seiner Ernennung sehen wir eine Stärkung des Heimatmarkts der SAP. Wir haben Christian Klein in der bisherigen Zusammenarbeit als dialogbereiten, kundennahen Gesprächspartner erlebt und freuen uns darauf, die Zusammenarbeit im Sinne der SAP-Anwender im deutschsprachigen Raum weiter zu intensivieren." Das Team an der Spitze der SAP mit Jennifer Morgan sehen die Anwendervertreter als Zeichen für eine modernere Führungskultur. "SAP stellt damit die Weichen für die Zukunft und erneuert sich auch in der Führung."

Investoren machen Druck

Die SAP-Spitze wird sich bereits in wenigen Wochen der ersten Feuerprobe stellen müssen. Mitte November hat SAP einen außerordentlichen Investorentag anberaumt, um dort die Leitlinien der künftigen Strategie dazulegen. Dort geht es vor allem darum aufzuzeigen, wie es SAP gelingen soll, in den kommenden Jahren seine Marge zu steigern. Aufmerksamer Zuhörer wird der als aggressiv und unbequem verschriene US-Investor Paul Singer sein, der sich mit seinem Hedgefonds Elliott im Frühjahr 2019 mit über einer Milliarde Dollar bei SAP eingekauft hatte.

Jennifer Morgan, neue Co-CEO von SAP, muss am 12. November die Investoren überzeugen.
Jennifer Morgan, neue Co-CEO von SAP, muss am 12. November die Investoren überzeugen.
Foto: SAP SE

McDermott hatte die Finanzmärkte mit seiner Strategie nicht mehr zu hundert Prozent überzeugt. Der Vertriebsexperte hatte den Softwarekonzern ganz klar auf Cloud-Kurs getrimmt. Dabei gerieten die Margen zunehmend unter Druck, da Cloud-Software zwar für kontinuierlich sprudelnde Einnahmen sorgt, aber längst nicht die Margen abwirft wie klassische Lizenzen. Gerade die aus dem Lizenzgeschäft resultierenden Wartungseinnahmen sind für Softwarekonzerne äußerst rentabel.

Viel Geld für Cloud-Zukäufe

Um seine Cloud-Strategie zu forcieren, hatte McDermott in den vergangenen Jahren etliche Anbieter zugekauft, darunter Unternehmen wie SuccessFactors, Ariba, Concur, Fieldglass, und zuletzt im November 2018 Qualtrics. Dabei sorgten die aufgerufenen Preise teilweise für Erstaunen. Für Concur, einen Anbieter von Diensten für Reisekostenabrechnungen in der Cloud, legte SAP 2014 rund 8,3 Milliarden Dollar auf den Tisch - die teuerste Akquisition der Firmengeschichte. Für den Kauf von Qualtrics, einen Spezialisten für Experience-Management (XM), investierte SAP acht Milliarden Dollar. Viele Experten kritisierten diese Summen als überhöht und nicht realistisch.

Der Kauf von Qualtrics war der letzte große Coup von Bill McDermott - hier mit Qualtrics-Chef Ryan Smith (links).
Der Kauf von Qualtrics war der letzte große Coup von Bill McDermott - hier mit Qualtrics-Chef Ryan Smith (links).
Foto: SAP SE

Dennoch scheint die Cloud-Strategie zu greifen. Im Ende September 2019 abgelaufenen dritten Quartal des Geschäftsjahrs meldete SAP Cloud-Erlöse von knapp 1,8 Milliarden Euro, eine Steigerung von 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dagegen gingen die Lizenzeinnahmen leicht um ein Prozent auf 930 Millionen Euro zurück. Größter Umsatzbringer bleibt indes die klassische Softwarewartung. Dieser Posten legte um fünf Prozent auf gut 2,9 Milliarden Euro zu. Insgesamt verbesserten sich die Einnahmen zwischen Juli und September 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13 Prozent auf fast 6,8 Milliarden Euro. Der Gewinn stieg sogar um 30 Prozent von 0,97 auf 1,26 Milliarden Euro.

McDermott kann sich also mit guten Zahlen aus Walldorf verabschieden. "Die SAP setzt ihren Wachstumskurs mit voller Kraft fort. Unsere eindrucksvolle Umsatz- und Ergebnisentwicklung erfüllen mich mit Stolz", sagte der Manager. "Vor uns liegt eine fantastische Zukunft!"