SAP, Analytics und Infrastruktur

BP, HSBC, Boeing – Konzerne verlagern Kernsysteme in die Public Cloud

10.07.2017
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Vom SAP-System bis zur kompletten Analytics-Infrastruktur: Große Unternehmen nutzen die Public Cloud zunehmend auch für ihre Kernanwendungen. Dabei geht es längst nicht nur um Kosteneinsparungen.

Einmal mehr durften sich die Marketiers von Amazon Web Services (AWS) über einen dicken Fisch in ihrem Kundenstamm freuen. Auf dem AWS Summit in London erläuterte Claire Dickson, CIO bei BP Downstream, wie sie die IT-Infrastruktur des Energiekonzerns samt SAP-Anwendungen in die Public Cloud verlagert. Der Konzern habe auf diesem Weg die Kosten für den SAP-Betrieb um ein Drittel gesenkt. Im Rahmen der Public-Cloud-Strategie sei es zudem gelungen, die Kosten der gesamten IT-Infrastruktur um 40 Prozent zu drücken.

Skalierbarkeit und Flexibilität sprechen auch aus Sicht von Großunternehmen häufig für die Public Cloud
Skalierbarkeit und Flexibilität sprechen auch aus Sicht von Großunternehmen häufig für die Public Cloud
Foto: elwynn - shutterstock.com

BP ist kein Einzelfall. Schon 2015 begann die italienische Enel als einer der ersten großen Energiekonzerne damit, eigene Rechenzentren zu schließen und Cloud-Ressourcen von AWS und SAP zu nutzen. Zwar gab es auch hier positive Kosteneffekte. Doch Enel-CIO Carlo Bozzoli machte deutlich, dass unterm Strich andere Aspekte ausschlaggebend für die "Cloud-first"-Strategie waren: Zuverlässigkeit, Flexibilität und Skalierbarkeit hätten dafür gesprochen, aber auch die fortgeschrittenen Automatisierungs-Features moderner Cloud-Plattformen. IT-Ressourcen ließen sich in der Cloud wesentlich einfacher skalieren als im bisher praktizierten On-Premise-Modell, so der IT-Chef.

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Großbank HSBC analysiert Daten in der Google-Cloud

Die Cloud-Welle hat mittlerweile auch so konservative Branchen wie den Finanzsektor erfasst. HSBC etwa, eine der weltgrößten Banken mit 37 Millionen Kunden, will im Rahmen seiner Cloud-Strategie große Datenmengen in der Wolke analysieren und via APIs auf Machine-Learning-Tools zugreifen. "Banken sind im Grunde Datenorganisationen", erklärt David Knott, Chief Architect bei HSBC die Hintergründe. "Wir verfügen über riesige Datenmengen und sehen immer mehr die Notwendigkeit, daraus Erkenntnisse zu gewinnen und unser Geschäft voranzubringen." Machine-Learning-Tools spielten für HSBC dabei eine Schlüsselrolle. Und diese ließen sich mittlerweile über APIs in der Cloud wesentlich einfacher nutzen als über eine selbst aufgebaute On-Premise-Infrastruktur.

Darryl West, CIO der Großbank, arbeitet dazu eng mit Google zusammen und hat bereits mehrere Proof-of-Concepts mit dem Suchmaschinenkonzern hinter sich. Auf der Google Cloud-Konferenz Next erläuterte er, in welchen Bereichen er Googles Analytics und Machine-Learning-Dienste nutzen will. Dazu gehören etwa Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche und diverse Risikosimulationen. Die Cloud-Strategie helfe HSBC dabei, eine "einfachere, bessere und schnellere Organisation" zu werden, die flexibler auf Kundenanforderungen reagieren könne. Gegenwärtig sei man dabei, mehrere Terabyte Daten in die Google-Cloud zu schaufeln.

Die Großbank HSBC schaufelt mehrere Terabyte Daten in die Google-Cloud.
Die Großbank HSBC schaufelt mehrere Terabyte Daten in die Google-Cloud.
Foto: Hatchapong Palurtchaivong - shutterstock.com

Dort nutzt HSBC inzwischen eine ganze Reihe von Tools, darunter BigTable und BigQuery für die Datenanalyse sowie Dataflow und PubSub für das Event-Handling. Hinzu kommen Googles Machine-Learning-APIs beispielsweise für das kritische Thema Data Loss Prevention.

Google ist indes nicht der einzige Cloud-Anbieter, mit dem HSBC zusammenarbeitet. Wie viele Großunternehmen setzt auch der Finanzdienstleister auf einen Multicloud-Ansatz. So nutzt der Konzern beispielsweise Azure für den Betrieb einiger Microsoft-Anwendungen, für Entwicklungs- und Testaufgaben greifen die Mitarbeiter auf die Amazon-Cloud zurück. Im Backend laufen ferner auch SaaS-Dienste wie Oracles Fusion-Apps.

Künftig werden Banken immer mehr Teile ihrer Technologie in der Cloud betreiben, erwartet Chief Architect Knott. In vielen Fällen spielten Kostenargumente eine Rolle. Sie seien aber nicht der einzige Grund für ein Cloud-Engagement.