Software-Defined Vehicle auf einem Chip

Bosch kombiniert Infotainment und Fahrassistenz im Auto

03.01.2024
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Zur CES 2024 bringt Bosch einen zentralen Fahrzeugcomputer als System-on-Chip (SoC), der bislang getrennte Fahrzeugdomänen vereinen soll.
Zur CES 2024 zeigt Bosch eine neue Fahrzeugcomputer-Plattform, die Infotainment- und Fahrerassistenzfunktionen vereint.
Zur CES 2024 zeigt Bosch eine neue Fahrzeugcomputer-Plattform, die Infotainment- und Fahrerassistenzfunktionen vereint.
Foto: Bosch

Sechs Jahre Entwicklungsvorsprung gegenüber Toyota, VW und anderen Autobauern - das titelte NIKKEI Asia 2020, nachdem Techniker ein Tesla Model 3 eingehend unter die Lupe genommen hatten. Ihr Urteil begründeten die Techniker damals damit, dass Tesla auf einen leistungsfähigen zentralen Fahrzeugcomputer setze, während andere Autobauer hunderte dezentraler Steuergeräte einsetzten. Dies erhöhe nicht nur die Komplexität, sondern auch die Fehleranfälligkeit.

Zentralrechner fürs Auto

Genua an diesem Punkt setzt Bosch nun an, wenn der Automobilzulieferer zur CES 2024 in Las Vegas (9. Januar bis 12. Januar) eine neue Fahrzeugcomputer-Plattform vorstellt. Sie soll Infotainment- und Fahrerassistenzfunktionen in einem Software-intensiven Zentralrechner und einem SoC vereinen. "Zentrale Fahrzeugcomputer", so Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender von Bosch Mobility, "werden künftig sämtliche Domänen in modernen Fahrzeugen steuern und die derzeit hohe Anzahl einzelner Steuergeräte reduzieren."

Neue Bosch-Plattform

Taktgeber im Inneren des neuen Fahrzeugcomputers von Bosch - genannt "Cockpit & ADAS Integration Platform" - ist ein SoC. Dieses soll diverse Funktionen aus den beiden Domänen Infotainment und Fahrerassistenz zeitgleich verarbeiten. Das könnten beispielsweise das automatisierte Parken oder die Fahrspurerkennung, gepaart mit intelligenter und personalisierter Navigation und Sprachassistenz sein.

Modularer Baukasten

Bei der Cockpit & ADAS Integration Platform setzt Bosch auf einen Multi-SoC-Ansatz.
Bei der Cockpit & ADAS Integration Platform setzt Bosch auf einen Multi-SoC-Ansatz.
Foto: Bosch

Dabei setzt Bosch nach eigenen Angaben auf ein modulares Baukastenprinzip. Zusammen mit alleinstehenden Softwarelösungen beispielsweise für die Umfeldwahrnehmung wie der Video Perception könnten sich Autobauer in Kombination mit Hardwarekomponenten ihre individuellen Lösungen modular und skalierbar zusammenstellen.

Multi-SoC-Ansatz

In Sachen SoC verfolgen die Stuttgarter einen sogenannten Multi-SoC-Ansatz. So seien die neuen Fahrzeugrechner so ausgelegt, dass die benötigten SoCs von unterschiedlichen Herstellern kommen können. Damit könnten genau die Systeme eingesetzt werden, die von den Autobauern angefragt werden.

Hard- und Software entkoppeln

Nützlicher Nebeneffekt: Soft- und Hardware lassen sich so voneinander entkoppeln. Das könnte sich später im Betrieb der Fahrzeuge auszahlen, wenn neue Funktionen, etwa für die Fahrerassistenz, schnell und unkompliziert über Software-Updates "over the air" ins Auto eingespielt werden können. In der Vergangenheit scheiterte dieses Zusammenspiel von Autoelektronik, Software und Cloud häufig an den proprietären Architekturen.

Milliardenmarkt der Zukunft?

Bei der Entwicklung von mobilen Zentralrechnern und Software geht es um einen Milliardenmarkt. So wird geschätzt, dass der Markt für Automobilsoftware bis 2030 ein Volumen von rund 200 Milliarden Euro erreichen wird. Allein im Bereich der Fahrzeugcomputer für Infotainment- und Fahrerassistenzsysteme erwartet Bosch ein Marktvolumen von 32 Milliarden Euro im Jahr 2030. Und von diesem Kuchen wollen sich die Stuttgarter bereits 2026 ein drei Milliarden Euro großes Stück abschneiden.