Sechs Jahre Entwicklungsvorsprung gegenüber Toyota, VW und anderen Autobauern - das titelte NIKKEI Asia 2020, nachdem Techniker ein Tesla Model 3 eingehend unter die Lupe genommen hatten. Ihr Urteil begründeten die Techniker damals damit, dass Tesla auf einen leistungsfähigen zentralen Fahrzeugcomputer setze, während andere Autobauer hunderte dezentraler Steuergeräte einsetzten. Dies erhöhe nicht nur die Komplexität, sondern auch die Fehleranfälligkeit.
Zentralrechner fürs Auto
Genua an diesem Punkt setzt Bosch nun an, wenn der Automobilzulieferer zur CES 2024 in Las Vegas (9. Januar bis 12. Januar) eine neue Fahrzeugcomputer-Plattform vorstellt. Sie soll Infotainment- und Fahrerassistenzfunktionen in einem Software-intensiven Zentralrechner und einem SoC vereinen. "Zentrale Fahrzeugcomputer", so Markus Heyn, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender von Bosch Mobility, "werden künftig sämtliche Domänen in modernen Fahrzeugen steuern und die derzeit hohe Anzahl einzelner Steuergeräte reduzieren."
Neue Bosch-Plattform
Taktgeber im Inneren des neuen Fahrzeugcomputers von Bosch - genannt "Cockpit & ADAS Integration Platform" - ist ein SoC. Dieses soll diverse Funktionen aus den beiden Domänen Infotainment und Fahrerassistenz zeitgleich verarbeiten. Das könnten beispielsweise das automatisierte Parken oder die Fahrspurerkennung, gepaart mit intelligenter und personalisierter Navigation und Sprachassistenz sein.
Modularer Baukasten
Dabei setzt Bosch nach eigenen Angaben auf ein modulares Baukastenprinzip. Zusammen mit alleinstehenden Softwarelösungen beispielsweise für die Umfeldwahrnehmung wie der Video Perception könnten sich Autobauer in Kombination mit Hardwarekomponenten ihre individuellen Lösungen modular und skalierbar zusammenstellen.
Multi-SoC-Ansatz
In Sachen SoC verfolgen die Stuttgarter einen sogenannten Multi-SoC-Ansatz. So seien die neuen Fahrzeugrechner so ausgelegt, dass die benötigten SoCs von unterschiedlichen Herstellern kommen können. Damit könnten genau die Systeme eingesetzt werden, die von den Autobauern angefragt werden.
Hard- und Software entkoppeln
Nützlicher Nebeneffekt: Soft- und Hardware lassen sich so voneinander entkoppeln. Das könnte sich später im Betrieb der Fahrzeuge auszahlen, wenn neue Funktionen, etwa für die Fahrerassistenz, schnell und unkompliziert über Software-Updates "over the air" ins Auto eingespielt werden können. In der Vergangenheit scheiterte dieses Zusammenspiel von Autoelektronik, Software und Cloud häufig an den proprietären Architekturen.
Milliardenmarkt der Zukunft?
Bei der Entwicklung von mobilen Zentralrechnern und Software geht es um einen Milliardenmarkt. So wird geschätzt, dass der Markt für Automobilsoftware bis 2030 ein Volumen von rund 200 Milliarden Euro erreichen wird. Allein im Bereich der Fahrzeugcomputer für Infotainment- und Fahrerassistenzsysteme erwartet Bosch ein Marktvolumen von 32 Milliarden Euro im Jahr 2030. Und von diesem Kuchen wollen sich die Stuttgarter bereits 2026 ein drei Milliarden Euro großes Stück abschneiden.