Von der Mobilität über die Fabrik bis zum Zuhause will Bosch künftig in allen Geschäftsfeldern auf Vernetzung und Künstliche Intelligenz setzen. Dabei sollen die vernetzteN Produkte Daten über ihre Nutzung liefern. Diese Daten will das Unternehmen dann per KI analysieren, um neue Services entwickeln und anbieten zu können. "Für Bosch bringt die Digitalisierung große Chancen in allen Geschäftsfeldern", erklärt Dr. Stefan Hartung, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung,das Engagement der Stuttgarter
Zehn Milliarden bis 2025
Um dies zu erreichen, will Bosch bis 2025 zehn Milliarden Euro in Digitalisierung und Vernetzung investieren. Zudem beschäftigt das Unternehmen hierzu bereits 40.000 Software-Entwickler. Um die Chancen der Digitalisierung zu heben, will Bosch zudem konsequent Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit tiefgreifender IT- und Software-Expertise einstellen. Zwei Drittel der Investitionen werden laut Hartung in die Entwicklung und den Ausbau von Zukunftstechnologien mit dem Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, Mobilität und Industrie 4.0 fließen. Zudem will die Bosch Gruppe die Digitalisierung im Kampf gegen den Klimawandel nutzen.
Nachhaltigkeit aus der Cloud
Ein Beispiel hierfür ist das Bosch-Start-up Decarbonize Industries. Die Mitarbeiter entwickeln beispielsweise eine Cloud-basierte Software-Lösung, die Industrieunternehmen auf ihrem Weg zur CO2-Neutralalität unterstützen soll. Die Plattform ist ein Gemeinschaftsprojekt von Bosch und dem Energieversorger EWE AG. Die Plattform soll aktuelle Daten des Energiemarktes, der Gesetzgebung und weitere Quellen nutzen, um Unternehmen den bestmöglichen Weg zu mehr Nachhaltigkeit aufzuzeigen. Ändern sich Rahmenbedingungen wie staatliche Förderungen oder Energiepreise, passen sich die vorgeschlagenen Maßnahmen automatisch an.
Das Ziel laut Hartung: "Industrieunternehmen dabei zu unterstützen, schneller klimaneutral zu werden, indem sie per Mausklick eine Roadmapmit den passenden Maßnahmenerhalten." Bei der Lösung welcher Fragen die Software-Plattform unter anderem helfen soll, verdeutlicht Hartung an zwei Beispielen: Wie viele Ladesäulen muss ein Unternehmen aufstellen, um seinen Überschuss an Solarstrom zu verbrauchen? Wie ist die Wasserstoff-Elektrolyse zu dimensionieren, um stationäre Brennstoffzellen-Anlagen zu betreiben?
Partnerschaft mit IBM
Im Zuge der Digitalisierungsoffensive geht Bosch zudem eine Partnerschaft mit IBM auf dem Gebiet Quanten-Computing ein. "Quantentechnologien sind entscheidend für die technologische Souveränität Europas", erklärt Hartung, "hier kommt es darauf an, dass wir sie nicht allein anderen Regionen überlassen, sondern umgehend industrielle Anwendungsfelder erschließen und Geschäftsmodelle entwickeln."
Bosch bringt in die Partnerschaft seine Erfahrung bei der Simulation von Materialien ein, die speziell für die industrielle Anwendung wichtig sind. Im Gegenzug erhält das Technologieunternehmen über die IBM-Cloud Zugriff auf mehr als zwanzig Quantencomputer. "Gemeinsam heben wir die quantengestützte Simulation auf das nächste Level und verschaffen uns einen Wettbewerbsvorteil auf internationaler Ebene", unterstreicht Hartung die Bedeutung des Quanten-Computing. Wie groß das Potenzial ist, verdeutlicht eine Einschätzung der Boston Consulting Group. Sieschätzt das Marktvolumen im Bereich Quanten-Computing inklusive neuer Produkte und Dienstleistungen auf bis zu 850 Milliarden US-Dollar in den nächsten 15 bis 30 Jahren.
Neue Materialen aus dem Quantencomputer
Bosch hofft mithilfe leistungsstärkerer Quantencomputer Aussagen über die Eigenschaften neuer Materialien treffen zu können, die bislang für konventionelle Computer zu zeitaufwendig und zu komplex sind. So sollen die Quantencomputer künftig in der Lage sein, Schlussfolgerungen zu bestimmten Materialeigenschaften innerhalb eines Bruchteils der Zeit zu treffen, die konventionelle Computer heute benötigen. Gemeinsam wollen Bosch und IBM hierzu Quantenalgorithmen mit Blick auf industrielle Anwendungsfälle entwickeln.Neben neuen Materialien für die Brennstoffzelle sind für Bosch auch neue Magnete für Elektromotoren interessant, die kompakter, leichter, effizienter und besser verfügbar sind. Zudem will man mit den neuen Materialien die Abhängigkeit von Seltenen Erden reduzieren, die derzeit zu über zwei Dritteln aus China stammen.
Quantensensoren erkennen Alzheimer
Neben dem Quanten-Computing arbeitet Bosch auch an der Quantensensorik und hat hierfür ein eigenes Start-up gegründet. Ähnlich wie Quantencomputer verfügen auch Quantensensoren über immenses Potenzial. Sie erreichen im Vergleich zu herkömmlichen MEMS-Sensoren (mikro-elektro-mechanisches System) eine nie da gewesene Präzision. So wird es in absehbarer Zeit möglich sein, mit ihrer Hilfe eine um den Faktor 1.000 größere Messgenauigkeit zu erzielen. In der Medizin könnten Quantensensoren künftig dabei helfen, neurologische Erkrankungen wie Alzheimer genauer und einfacher zu diagnostizieren. Außerdem können sie Nervenimpulse erfassen, um medizinische Prothesen zu bewegen. Und in virtuellen Realitäten wäre eine Steuerung rein über Gedanken realisierbar.