Künstliche Intelligenz und Automation

Bei KI-Projekten kommt es aufs Ausprobieren an

11.09.2018
Von Florian Kurzmaier
Let’s try it: Im Interview mit der COMPUTERWOCHE verrät Olaf Windhäuser von SYSback, worauf es bei KI-Projekten – neben einer gesunden Portion Neugierde und Mut – ankommt.

Gemeinsam mit dem IT-Service-Provider SYSback startet die COMPUTERWOCHE das Event-Format "Hands on AI", das seine Erstauflage am 25. Oktober 2018 in der Rheinmetropole Köln feiern wird. Mit dabei: Das Who-is-Who der deutschen KI-Szene mit spannenden Einblicken in die Praxis, reichhaltigen Gelegenheiten zur Vernetzung und zum Erfahrungsaustausch sowie der Gelegenheit, aus erster Hand praxisorienterte Learnings zur Umsetzung von KI-Projekten mitzunehmen. Im Vorfeld des Events konnten wir mit Olaf Windhäuser sprechen, der bei SYSback als Senior Vice President Services das Lösungsgeschäft des Systemhauses verantwortet. Dabei ging es um den Standort Deutschland, KI im Allgemeinen und Automation im Speziellen.

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COMPUTERWOCHE: Herr Windhäuser, Künstliche Intelligenz ist eines der Trendthemen im Moment. Was genau bedeutet KI für Sie als Service Provider?

Olaf Windhäuser: Für uns ist KI ebenfalls ein Trendthema, da auch unsere Kunden mit der Zeit gehen und sich damit beschäftigen. In unserem Kernthema, der Datacenter- und Robotic-Prozess-Automation, nimmt KI einen besonderen Platz ein - vor allem, weil es nur wenige Automationslösungen im Markt gibt, die rein auf Künstliche Intelligenz zur Automation von Datacenter oder Applikationsautomation setzen. Die meisten Lösungen in diesem Umfeld basieren immer noch auf Orchestrationslösungen bzw. RunBook-Technologie. Für uns ist KI daher eine Umbrella-Automation, in die wir über definierte APIs bestehende RunBook- oder Script-basierte Automationslösungen einbinden können, um unsere Kunden in eine "intelligentere Automationszukunft" zu bringen.

CW: Apropos Kunde: So gut wie jede Branche setzt große Hoffnungen in das Thema Künstliche Intelligenz - bei der Implementierung und Umsetzung hapert es allerdings häufig noch. Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen, mit denen sich Anwender beim Anpacken von KI-Aktivitäten konfrontiert sehen?

Windhäuser: Ich denke, dass der KI-Markt in dieser Ausprägung einfach ein recht neuer Markt ist und es insgesamt zu wenig Experten auf dem gesamten Gebiet gibt. Man kann sehr viele verschiedene Dinge mit KI tun und jedes Ding benötigt ein etwas anderes Skillset. Insbesondere der Bereich der Data Scientists, die sich in der Tiefe mit Neuronalen Netzwerken, Datenströmen, Anpassung der Daten oder Business Analyse auskennen, ist sehr gefragt. Das ist auch einer der Gründe, warum wir bei SYSback auf kontinuierliche Aus- und Weiterbildung setzen, um unsere eigenen spezialisierten Berater mit den passenden Skills auszustatten.

Olaf Windhäuser verantwortet bei SYSback als Senior Vice President Services das Lösungsgeschäft des Systemhauses.
Olaf Windhäuser verantwortet bei SYSback als Senior Vice President Services das Lösungsgeschäft des Systemhauses.
Foto: SYSback

CW: Das ist jetzt primär aus der Ressourcen- und Know-how-Warte gesprochen. Wie sehen Ihre Erfahrungen denn konkret auf Projektebene aus?

Windhäuser: Ein weiteres Problem ist tatsächlich, dass Anwender häufig viel zu wenig Daten besitzen, als dass darauf gute KI-basierte Ergebnisse erzielt werden können - vor allem im Vergleich zu den großen US-Konzernen wie Facebook, Google oder Amazon. Die Regel ist: Je mehr Daten, umso besseres Training von Neuronalen Netzen oder KI-basierten Algorithmen. Dies ist im Prinzip auch der Grund, warum einige Hersteller so genannte "Semantische Graphen", also sehr große, dreidimensionale NoSQL-Datenbanken aufbauen, in die anonymisierten Daten vieler Kunden einfließen, damit die Datenmenge insgesamt größer und heterogener wird. Zudem ist die Komplexität in KI-Projekten häufig dadurch sehr hoch, dass diese oft im Bundle mit anderen Themen wie Cloud, IoT, Big Data oder Blockchain verbunden sind. SYSback setzt in seinen KI-basierten Automationsprojekten darauf, die existierenden IT-Silos der Kunden zu überkommen und ITSM, RunBook-Automation und KI-basierte Automation zu integrieren, um einen holistischen Ansatz und "Ende-zu-Ende Automation" für den Kunden zu liefern.

CW: Wer "macht" denn aus Ihrer Erfahrung in den Anwender-Unternehmen die KI-Projekte?

Windhäuser: Für uns als Systemhaus haben reine KI-Projekte nur noch bedingt mit klassischer IT zu tun. Wir müssen unseren Blick vom CIO und der IT-Abteilung auf gänzlich andere Fachbereiche richten, da bei diesen bei diesen am häufigsten KI-relevante Themen innerhalb der Kundendomains liegen. Natürlich benötigt man auch noch Server oder Netzwerkkomponenten in solchen Projekten, das ist aber nur noch ein "Randthema" oder ein Basis-Layer. Eigentlich geht es darum fachliche Anwendungsprobleme zu lösen und zu digitalisieren. Wir werden künftig an diesen Stellen insgesamt sehr viel mehr Business-Analyse betreiben müssen.

"Mit genügend Taylorismus kann man zwar alles automatisieren, aber ein bisher schlecht definierter Prozess der automatisiert wird, führt dann im Future Mode in aller Regel zu einem schlechten automatisierten Prozess - da hilft dann auch KI in der Regel nur bedingt."

CW: Was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie aus der Implementierung von KI-Lösungen bei Ihren Kunden bisher mitnehmen konnten?

Windhäuser: Die Technologie ist für alle Beteiligten häufig so neu, dass intensive Abstimmung stattfinden muss - vor allem rund um Trainingsdaten. So hatten wir beispielsweise in einem Projekt, bei dem es um die intelligente, KI-gestützte Automation von Netzwerktraffic ging, das Problem, dass der Kunde viel zu wenig Testdaten bereitgestellt hat, als dass wir damit Neuronale Netze hätten auch nur im Ansatz trainieren können. Auch sehen wir immer wieder KI-basierte Automationsprojekte, die versuchen, ihre Vorerfahrung aus RunBook-Automation-Projekten eins zu eins auf KI-Projekte übertragen. Das funktioniert aber nicht, weil man dann versucht, der KI ein RunBook "überzustülpen", statt die vorhandene künstliche Intelligenz wertig zu nutzen.

Informieren Sie sich, wie und mit welchen Technologien andere Unternehmen AI-Projekte umgesetzt haben und welche Faktoren wichtig waren, um den gewünschten Wertbeitrag zu erzielen. Hands on AI ist der richtige Rahmen für Austausch, Vernetzung und gegenseitige Unterstützung. Kommen Sie am 25. Oktober nach Köln und starten Sie Ihre Reise in die AI-Zukunft! Sichern Sie sich noch heute Ihr Ticket!
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Foto: IDG

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CW: Lassen Sie uns auf "Hands on AI" zu sprechen kommen, also den KI-Event, den COMPUTERWOCHE und SYSback gemeinsam am 25. Oktober in Köln veranstalten. Mit welchem Input kommen Sie zu Hands on AI am 25. Oktober in Köln?

Windhäuser: Wir bringen zunächst mal einen Haufen Interesse für die dort stattfindenden Vorträge und Projektberichterstattungen mit, denn der Markt ist sehr in Bewegung und es werden ständig neue Dinge präsentiert. Das macht immer wieder aufs Neue neugierig, wie andere Partner und auch Konkurrenten am Markt damit umgehen. Ganz konkret haben wir einen Vortrag mit Live-Demo für eine der acht Breakout Sessions dabei, mit bei dem wir zeigen, wie man RunBook-basierte Automationstechnologie mit AI-basierter Automationstechnologie verbinden kann, um einen "holistischen Automationsansatz" zu bekommen. Wir freuen uns auf jeden Fall auf viele Zuhörer und interessante Fragen und Beiträge, die wir gerne in unserer Session beantworten werden.

CW: Was muss ein Unternehmen denn Ihrer Ansicht nach mitbringen, um KI-ready zu sein? Was empfehlen Sie Unternehmen, die noch ganz am Anfang stehen und damit beginnen wollen, Künstliche Intelligenz im Unternehmensalltag einzubinden?

Windhäuser: Da es so viele verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für KI gibt, gibt es auch bei jedem Projekt unterschiedliche Ansätze. Ich denke aber, dass jedes Unternehmen, das KI-basierte Lösungen einführen möchte, eine glasklare Vorstellung über seine darüber abzuarbeitenden Business-Prozesse benötigt. Mit genügend Taylorismus kann man zwar alles automatisieren, aber ein bisher schlecht definierter Prozess der automatisiert wird, führt dann im Future Mode in aller Regel zu einem schlechten automatisierten Prozess - da hilft dann auch KI in der Regel nur bedingt. Letztlich gibt es noch eine ganz alte Tugend, die manchmal ganz hilfreich ist: Geduld. Der Markt ist sehr hektisch und das Marketing verspricht immer viel. Und in der Realität müssen häufig viele verschiedene Bausteine ineinandergreifen, damit es funktioniert.

"Ich glaube nicht, dass Deutschland zum führenden KI-Standort aufsteigen wird."

CW: Können Sie uns verraten, welche konkreten Tipp Sie Anwendern für erste KI-Aktivitäten mitgeben? Was ist das wichtigste, was Sie bei der Umsetzung Ihrer bisherigen Projekte gelernt haben?

Windhäuser: Probieren Sie einfach viel aus und bleiben Sie neugierig. Denn: Reine KI-Projekte sind nur noch bedingt IT-Projekte. Man benötigt häufig Data Scientists, Business-Fachwissen, Analytics-Kenntnisse, Schnittstellenwissen, Programmierwissen, ggf. Open-Source-Wissen und ganz viele Tests bis es dann so läuft, wie man es gerne hätte.

CW: Lassen Sie uns nach vorne schauen: Wo sehen Sie das Thema KI in 5 Jahren?

Windhäuser: Ich denke es wird immer mehr, da muss man kein Prophet sein. Heute ist KI in vielen Software- und Hardware-Produkten schon implementiert und die Nutzung wird immer einfacher, insbesondere im B2C-Umfeld, das ja der Vorreiter für das dann meist komplexere B2B-Umfeld ist. Die großen Softwarehersteller bauen KI dann immer weiter in ihre Standard-Lösungen ein - etwas, das Smartphone-Hersteller bereits heute mit KI-Chips und KI-Software für bessere Ausleuchtung, bessere Fotos, bessere Suchergebnisse und so weiter machen. Meine Erwartungshaltung ist, dass das Thema insgesamt anwenderfreundlicher wird und auch werden muss, um breitere Massen zu begeistern und zum Mainstream zu werden.

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CW: Mit der Begeisterung werden aber nicht alle erreicht, verbindet man doch in Deutschland mit KI gerne Dystopien, wie jüngst das Research-Institut YouGov gezeigt hat. Diskussionen zum Thema sind oft von ethischen Bedenken und Rufen nach Regulierung geprägt. Wie stehen Sie dazu?

Windhäuser: Eine Dystopie ist ja das Gegenteil einer positiven Utopie, also beispielsweise die Angst davor, dass Maschinen irgendwann den Menschen beherrschen werden. Ich persönlich glaube, dass wir davon noch sehr weit entfernt sind, denn das was wir heute als KI kennen sind intelligente Algorithmen. Das bedeutet lange nicht, dass Maschinen wirklich kreativ sind oder denken können. Erlauben Sie mir ein Beispiel: Seit Jahren schreiben nahezu alle Medien voneinander ab, dass Automation alle (oder zumindest die meisten) Arbeitsplätze vernichten wird. Wir automatisieren seit neun Jahren im Enterprise-Markt und es gab noch nicht ein einziges großes Projekt, bei dem eine größere Menge an Mitarbeitern auf Basis des Projekterfolgs frei gesetzt wurde. Meist ist das Gegenteil der Fall: Die Branche schafft attraktive Arbeitsplätze und hilft dabei den Fachkräftemangel abzumildern. Alle Firmen, die großflächig Automation in ihrer IT einsetzen, sind gnadenlos überlastet und wollen Freiräume schaffen für ihre Mitarbeiter und immer wiederkehrende gleichartige Prozesse an Automaten auslagern.

CW: Deutschland möchte in den nächsten Jahren zum führenden KI-Standort aufsteigen. Trotz dieser Ambitionen sind die Innovationstreiber aus diesem Bereich eher in den USA, in China und in Israel zu finden. Weshalb ist das so und was muss sich in Deutschland ändern, damit das Ziel, der führende KI-Standort zu werden, erreicht werden kann?

Windhäuser: Ich glaube nicht, dass Deutschland zum führenden KI-Standort aufsteigen wird. Es wird in Sachen KI so ähnlich werden, wie es heute mit vielen anderen Technologiethemen aussieht: Die Innovationen kommen aus dem Silicon Valley oder aus China, Deutschland dagegen ist viel zu konservativ und zu langsam. Themen wie eine mangelnde Venture-Capital-Szene, komplizierte politische Prozesse, Gremien und Ausschüsse ... Schauen Sie sich einfach mal an, wer gerade in den Digitalrat der Bundesregierung berufen wurde. Wie viele wirkliche KI-Experten sind da drin? Einen, Hans-Christian Boos, kenne ich ganz gut, von einigen anderen Mitgliedern denke ich, dass sie eher wenig Ahnung vom Thema haben. Aus meiner persönlichen Sicht - und das ist ausdrücklich keine SYSback-Meinung - ist das ein Placebo. Wir brauchen vor allem sehr viel mehr Risikokapital in Deutschland, um Innovationen zu fördern.

CW: Und wie sieht es mit der Regulierung aus?

Windhäuser: Man kann beispielsweise die DSGVO gut oder schlecht finden, aber es gibt sie nicht in China, in Israel und auch nicht in USA. Damit gibt es dort weniger gesetzliche Regulierung und mehr Freiraum für Innovation - natürlich verbunden mit dem Nachteil, dass es weniger Schutz für personenbezogene Daten gibt. In unserer globalen Welt gewinnt aber häufig der Schnellere, weil die Technik mit riesigen Schritten voranschreitet und global adaptiert wird. Alles ist auf dem Globus nur noch einen Mausklick oder eine App entfernt. Der deutsche Wunsch nach Regulierung soll die Qualität und die Sicherheit erhöhen, macht uns aber insgesamt langsamer in Bezug zur globalen Innovationsgeschwindigkeit. Wenn wir also wirklich zum führenden KI-Standort werden wollen, dann brauchen wir neben der bereits angemahnten Veränderung bei Investitionen und Risikokapital auch eine höhere Innovationsgeschwindigkeit durch weniger Regulierung. Wie viel e-Government haben wir denn im Vergleich zu den führenden Nationen, wie viel Blockchain gibt es schon im e-Government, in Gesundheitsorganisationen oder in unseren Banken? Es muss noch viel passieren in unserem Land, damit wir ein führender KI-Standort werden können.

CW: Vielen Dank für das Gespräch!

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