Die Box Inc. hat auf ihrer Hausmesse BoxWorks in San Francisco ihre Ambitionen in der Enterprise-IT unterstrichen. Doch bevor das Unternehmen ein kleines Feuerwerk an Produktankündigungen abbrannte, gab es ein unterhaltsames Tête-à-Tête auf der Bühne: CEO Aaron Levie hatte Apple-Chef Tim Cook eingeladen, um der Veranstaltung den nötigen Glanz zu verleihen.
Im Gespräch zwischen den CEOs ging es unter anderem um Apples Strategie für das Business. "Eigentlich haben wir noch gar nicht angefangen", scherzte der Apple-Chef; die meisten Zuhörer verstanden das so, als kündige Cook eine größere Enterprise-Offensive an. Cook betonte, dass Apple den Weg in die Unternehmen nicht allein gehen könne. Partnerschaften, vor allem mit den großen Anbietern von Business-Software, seien alternativlos. Übereinkünfte mit IBM, Cisco, Microsoft und Box zeigten, dass man sich auf dem richtigen Wege befände. Ein "tiefes vertikales Wissen" sei Voraussetzung dafür, geschäftsspezifische Apps für verschiedene Industrien zu bauen. "Erinnern Sie sich: Apple und IBM waren einst Feinde! Und Apple und Microsoft sind ebenfalls Wettbewerber", so Cook. "Aber heute wissen wir: Wir können unterm Strich in mehr Bereichen Partner sein als Gegner." Das sei es, was die Kunden erwarteten.
"Die Tage der Insellösungen sind vorbei"
Einen alten Groll zu pflegen, sei nicht seine Sache, sagte Cook. Je mehr Freunde man im Markt habe, desto mehr und bessere Lösungen könne man liefern. Unternehmen arbeiteten heute in Ökosystemen zusammen und erwarteten von IT-Anbietern, dabei unterstützt zu werden. "Die Tage der Insellösungen sind vorbei!" Laut Cook trennen zudem die Mitarbeiter immer weniger zwischen Arbeits- und Privatleben, weshalb Apple Features wie "Handoff" und "Continuity" für das Zusammenspiel von Macs, iPhones, iPads und der Apple Watch entwickelt habe. Beide Funktionen dienen dazu, ein übergangsloses Arbeiten auf verschiedenen Apple-Geräten zu ermöglichen. Grundlage von allem sei aber die Security - weshalb iOS-Geräte besser in Unternehmen passten als Android-Devices.
Levie setzt auf Content Management
Unterdessen bemühte sich Box-CEO Levie, die Vision des Unternehmens herauszuarbeiten. Sie fußt im Wesentlichen auf dem kollaborativen Umgang mit Content. Die von diesem Monat an verfügbar "Box Platform" sieht vor allem das Teilen von Inhalten, deren Integration in Unternehmens-Workflows und die Unterstützung möglichst vieler Content-Typen vor. Im Kern geht es Box darum, Kunden das Entwickeln eigener Anwendungen zu ermöglichen, die auf den Content-Services, Workflows und Sicherheits-Features von Box aufsetzen. Die Anwender sollen davon nichts merken.
Die Bereitstellung von Content für jeden, überall und in beliebigen Formaten - diese Message war in nahezu jedem Vortrag der Box-Mitarbeiter zu hören. Unter anderem wurde ein 3D-Viewer gezeigt, mit dem Anwender Design-Ddokumente teilen können, wie sie beispielsweise zum Speisen von 3D-Druckern benötigt werden. Mit Blick auf den Healthcare-Markt demonstrierte Box überdies einen neuen "DICOM"-Viewer - in dieser Branche ein Standard, um medizinisches Bildmaterial auch auf mobilen Endgeräten, auszutauschen und in Teams zu bearbeiten. Beide Viewer sind mit HTML5 programmiert und brauchen keine zusätzlichen Codes oder Plug-ins: Box beschreibt sie als "Cloud-native".
Neu vorgestellt wurde auch die iOS-App "Box Capture", mit der sich Fotos direkt in Box ablegen und dort mit anderen Nutzern teilen lassen. Das Tool nutzt das Box-eigene mobile Software Development Kit (SDK) und ermöglicht es, die iPhone-Kamera unmittelbar mit der Box-Plattform zu verbinden, so dass Fotos nicht lokal gespeichert werden. Die so abgelegten Bilder unterliegen den Regeln der in der Box-Cloud angelegten Ordner und Workflows. Anwender haben zudem die Möglichkeit, in Echtzeit Kommentare zu den Bildern einzugeben. Als Zielgruppe hat Box beispielsweise Versicherungsagenten oder Mitarbeiter in Vertriebsorganisationen im Auge, die im Team arbeiten und dabei Bilder teilen wollen.
Weitere präsentierte Features betreffen den sicheren Umgang mit Daten: "Legal Holds" etwa sichert in Box gespeicherte Dokumente, die aus regulatorischen Gründen nicht gelöscht werden dürfen. "Device Trust" ist ein für Ende des Jahres erwartetes Zertifikat, mit dem Unternehmen sicherstellen, dass nur sichere mobile Endgeräte Zugriff auf Inhalte der Box-Cloud haben.
IBM-Zusammenarbeit trägt Früchte
Zusammen mit IBM kündigte Box zwei neue und zwei noch in Entwicklung befindliche Produkte an. "IBM Content Navigator with Box" ermöglicht es Anwendern, über eine einheitliche Schnittstelle sowohl in der Box-Cloud als auch auf eigenen Speichersysteme nach Inhalten zu suchen und diese zu teilen. Es handelt sich dabei nicht um ein Standard-Tool, sondern um eine Plattform, mit der Unternehmen entsprechende Systeme und Benutzerschnittstellen bauen können. Zudem soll "IBM StoredIQ with Box" Anwendern helfen, im Box-Speicher wie auf eigenen Systemen ohne Unterschiede unstrukturierte Daten organisieren und klassifizieren zu können.
Neu hinzukommen soll in Kürze der "IBM Case Manager with Box". Er dient Anwendern dazu, Box-Inhalte sicher mit autorisierten externen Nutzern zu teilen. "IBM Datacap on Box" schließlich zielt auf den ECM-Markt (Enterprise Content Management). Es erlaubt, wichtige Informationen aus erfassten Dokumenten zu extrahieren und in Box abzulegen.
Box-Services in anderen Clouds
Nicht die Cloud-Infrastruktur, sondern Content-Management- und Teamfunktionen sind die Eigenschaften, mit denen sich Box im Markt positionieren möchte. Am deutlichsten wurde das mit der Ankündigung, man werde die eigenen Services auch in den Cloud-Umgebungen Dritter anbieten. Erster Partner in diesem Zusammenhang soll im nächsten Jahr bekanntlich IBMs SoftLayer-Umgebung sein. Box entbindet sich damit von der Notwendigkeit, eine weltweite Cloud-Infrastruktur zu pflegen. Außerdem kann sich das Unternehmen mit lokalen Cloud-Betreibern einlassen, um Datenschutz- und Rechtsfragen beiseite zu räumen. Auch bei Microsoft Azure und Amazon Web Services (AWS) soll es in Zukunft Box-Services geben.