Seit den Anfängen als Infrastructure as a Service (IaaS), der ursprünglich aus den Storage- und Compute-Leistungen von S3 und EC2 bestand, hat Amazon seine Cloud-Plattform zügig um weitere Features ausgebaut (siehe auch: Amazon - die heimliche Supermacht). Im Vordergrund standen dabei einerseits die Automatisierung und das Management der Basisdienste, beispielsweise durch Services wie CloudFormation, mit denen sich mehrere Komponenten der Infrastruktur in einem einzigen Vorgang automatisiert bereitstellen lassen. Andererseits arbeitete Amazon daran, auf Grundlage von EC2 und S3 ein ganzes Portfolio von Diensten anzubieten, mit denen es die Amazon Web Services (AWS) als Anwendungsplattform positionieren konnte.
Dazu zählen unter anderem Middleware-Funktionen, etwa für Message Queuing oder den Versand von Nachrichten (Simple Notification Service und Simple E-Mail Service). Außerdem bieten die AWS mittlerweile verschiedene Optionen für das Speichern und Auswerten von Daten von der relationalen bis zur NoSQL-Datenbank, ergänzt um einen In-Memory-Cache (ElastiCache) oder Analysefunktionen durch das gehostete Hadoop-Framework (Elastic MapReduce).
- Elastic Compute Cloud
EC2 stellt virtuelle Rechner bereit, die über eine Web-Oberfläche administriert werden. So lassen sich beispielsweise (Server-)Instanzen auf Basis ausgewählter Images starten, die Zugangsberechtigungen verwalten und die jeweils benötigten Ressourcen zuteilen - Simple Storage Service
Bei Amazon S3 handelt es sich um mietbaren Online-Speicher. Er bietet eine einfache Web-Service-Schnittstelle zum Speichern und Abrufen von Daten, und zwar nicht nur von EC2 aus, sondern von jedem Rechner im Internet. - Elastic Block Store
EBS stellt hochverfügbare Volumes für EC2-Instanzen bereit, die innerhalb der virtuellen Maschinen als Gerät angesprochen werden können. - Identity and Access Management
IAM regelt den Zugriff auf die meisten AWS-Dienste, darunter EC2, S3, SimpleDB, Auto Scaling, CloudFormation oder CloudWatch. Wie andere Verzeichnisdienste führt es die Konten für Benutzer, die man in Gruppen organisieren kann. Über Identity Federation unterstützt es ein Single-Sign-on für Konten eines Active Directory. - Virtual Private Cloud
VPC stellt via VPN eine sichere Verbindung zwischen der internen IT eines Unternehmens und einem isolierten Netzwerkbereich bei Amazon her. Es erlaubt die Anwendung von internen Sicherheitssystemen (Firewalls, Intrusion Detection etc.) auf die AWS-Ressourcen. - Relational Database Service
RDS ist ein Web-Service zum Einrichten und Betreiben einer relationalen Datenbank in der Cloud. Er bietet vollen Zugriff auf die Funktionen von MySQL und Oracle 11g. Im Gegensatz zu einer Datenbank, die man selbst in einer EC2-Instanz betreibt, übernimmt Amazon bei RDS das Patch-Management und das Backup. - DynamoDB
Dieser Service bietet eine NoSQL-Datenbank in der Cloud, die unbegrenzt große Datenvolumina automatisch partitionieren und auf mehrere Server verteilen kann. Außerdem repliziert sie die Daten zwischen mindestens drei der international verteilten Rechenzentren von Amazon, um Ausfallsicherheit zu gewährleisten. - CloudSearch
Dabei handelt es sich um eine Suchmaschine, die über ein einfaches Web-API in die eigenen Anwendungen eingebunden wird und die zu S3 hochgeladenen Dokumente durchsuchen kann. - Simple Workflow Service
Er gibt Entwicklern die Möglichkeit, Abläufe und komplexere Geschäftslogiken in Cloud-Anwendungen abzubilden. Die Workflows lassen sich auch von Applikationen abarbeiten, die in den Unternehmen laufen. - CloudWatch
Amazon offeriert damit einen Monitoring-Service, der EC2-Instanzen, EBS-Volumes, Elastic Load Balancers und RDS-Instanzen in Echtzeit überwachen kann. - CloudFormation
Dieser Dienst eignet sich dafür, eine Sammlung von AWS-Komponenten zu definieren und sie automatisch in einer vorbestimmten Reihenfolge bereitzustellen. - Elastic Beanstalk
Es handelt sich dabei um einen Mechanismus für das Deployment von Java-Applikationen. Er kümmert sich etwa um das Kapazitäts-Management, Load Balancing, Auto Scaling und Health Monitoring.
Automatisches Deployment und Skalieren von Cloud-Anwendungen
Auch auf der Applikationsebene führte Amazon mehrere Services ein, um ein manuelles Deployment von Anwendungen und ein statisches Bereitstellen von Ressourcen zu vermeiden. Dazu zählt einerseits Auto Scaling, mit dem sich die benötigte Rechenleistung dynamisch anfordern oder freigeben lässt, indem der Dienst stets die erforderliche Anzahl an EC2-Instanzen anfordert.
Hinzu kommt Elastic Beanstalk, ein wesentlicher Baustein für die Positionierung von AWS als Platform as a Service (PaaS). Er automatisiert die Bereitstellung von Anwendungen und reduziert den Vorgang auf den bloßen Upload der Programme. Das System stellt selbständig die benötigten Rechen- und Speicherkapazitäten zur Verfügung, aktiviert Auto Scaling, übernimmt das Load Balancing und das Health Monitoring. Erst kürzlich erweiterte Amazon den Support von Elastic Beanstalk auf PHP, nachdem es anfangs nur Java-Anwendungen unterstützt hatte.
Die Cloud-Dienste von Amazon sind vor allem für die Entwicklung neuer Anwendungen interessant, die praktisch unbegrenzte Skalierbarkeit und globale Verfügbarkeit benötigen. Es handelt sich dabei einerseits um eine neue Generation von Cloud-Anwendungen, beispielsweise um soziale Netzwerke, Online-Spiele, Backup- und Replikationsdienste oder Systeme für das Streaming von Videos. Andererseits wurden die AWS auch von Firmen und Institutionen entdeckt, die Bedarf an High Performance Computing haben, etwa für Finanzanalysen im Bankensektor oder aufwendige Berechnungen in der Pharmaforschung.
Solche neuen Applikationen mit hohen Anforderungen an Rechenleistung, Speicherplatz und Verfügbarkeit sind die treibende Kraft hinter dem rasanten Wachstum der Amazon Web Services. Zum Ende des ersten Quartals 2012 meldete der Anbieter, dass im Speicherdienst S3 rund 905 Milliarden Objekte gespeichert waren und dafür in Spitzenzeiten mehr als 650.000 Anfragen pro Sekunde an die Systeme gestellt werden. Die Zahl der Datenobjekte hatte sich damit im Vergleich zum Jahresende 2010 mehr als verdreifacht.