Abkehr von MongoDB

AWS bietet eigene Dokumenten-Datenbank an

01.02.2019
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Nachdem MongoDB seine NoSQL-Datenbank unter eine neue Lizenzform gestellt hat, will AWS künftig mit der Amazon DocumentDB einen eigenen Service anbieten, der MongoDB-kompatibel sein soll.

AWS hat mit Amazon DocumentDB eine Cloud-basierende Dokumenten-Datenbank angekündigt, die kompatibel mit MongoDB sein soll. Der Dienst implementiert die Open-Source-API MongoDB 3.6 von Apache 2.0. Darüber lassen sich Antworten emulieren, die ein MongoDB-Client von einem MongoDB-Server erwartet. Entwickler könnten den gleichen MongoDB-Anwendungscode und dieselben Treiber sowie Tools wie bisher verwenden, um Workloads auf Amazon DocumentDB auszuführen, zu verwalten und zu skalieren, hieß es. Darüber hinaus erhielten sie die erforderliche Rechenleistung, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit, ohne sich um die Verwaltung der zugrunde liegenden Infrastruktur kümmern zu müssen.

Die Datenbankvielfalt nimmt zu - vor allem in der Cloud.
Die Datenbankvielfalt nimmt zu - vor allem in der Cloud.
Foto: deepadesigns - shutterstock.com

Amazon DocumentDB bietet dem Cloud-Anbieter zufolge ein verteiltes, fehlertolerantes Speichersystem mit automatischer Fehlerbehebung, das sich auf bis zu 64 TB pro Datenbank-Cluster skalieren lässt. Speicher und Rechenleistung seien voneinander getrennt, so dass Anwender beides unabhängig voneinander skalieren könnten. Amazon DocumentDB ist laut AWS für eine Verfügbarkeit von 99,99 Prozent konzipiert und repliziert sechs Kopien der Daten über drei AWS Availability Zones (AZs). Zu den weiteren Sicherheitsmechanismen gehören Netzwerkisolierung mit Amazon VPC, Verschlüsselung im Ruhezustand mit Hilfe von Schlüsseln, die Nutzer mit AWS Key Management Service (KMS) erstellen und verwalten können, sowie Verschlüsselung während der Übertragung mit Transport Layer Security (TLS).

AWS bietet zusätzlich Migrationsservices an

Kunden könnten ihre MongoDB-Datenbanken mit dem AWS Database Migration Service (DMS) auf Amazon DocumentDB migrieren, verspricht der Anbieter. Das gelte sowohl für lokal installierte MongoDB-Datenbanken als auch für Instanzen, die bereits in der Amazon Elastic Compute Cloud (EC2) laufen. Es seien keine Vorabinvestitionen für die Nutzung von Amazon DocumentDB erforderlich, versprechen die AWS-Verantwortlichen. Kunden zahlten nur für die von ihnen in Anspruch genommene Kapazität. Zu den ersten Kunden von Amazon DocumentDB gehören der Finanzdienst Dow Jones sowie die "Washington Post".

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Branchenbeobachter interpretieren die No­SQL- Initiative von AWS als Reaktion auf den Lizenzwechsel bei MongoDB. Die Datenbankentwickler hatten ihre Lösung Ende vergangenen Jahres von der bekannten GNU-AGPL-Lizenz auf eine eigene sogenannte Server Side Public License (SSPL) umgestellt. Mit dieser neuen Lizenz schränken die Entwickler die Nutzung ihrer Produkte ein und wollen verhindern, dass andere Anbieter wie etwa Cloud-Provider die Software nutzen, ohne selbst Code an die Community zurückzugeben. Die Regeln der SSPL sehen beispielsweise vor, dass der Quellcode des Service inklusive aller daran hängenden Programme wie etwa Management- oder Backup-Tools ebenfalls unter dieser Lizenz veröffentlicht werden müssen.

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Neben MongoDB haben auch andere Anbieter wie Redis und Confluent (Apache Kafka) vergleichbare Lizenzformen entwickelt. Ihre Kritik: Cloud-Anbieter würden Open-Source-Software für ihre eigenen kommerziellen Angebote nutzen, ohne jedoch etwas an die Community zurückzugeben. Die Verantwortlichen von MongoDB haben SSPL bei der Open Source Initiative (OSI) eingereicht, um ihre Lizenz als Open Source einstufen zu lassen. Dort zeigt man sich allerdings bis dato zurückhaltend. Es wäre zielführender gewesen, MongoDB hätte früher eine Kooperation gesucht.

Lizenzchaos bei Open Source?

Nachdem sich Entwickler wie MongoDB, Redis und Confluent zumindest teilweise von der klassischen Open-Source-Lizenz verabschiedet haben und eigene Lizenzregeln aufstellen, wächst die Verunsicherung im Markt. Laut den Statuten der Open Source Initiative gelten diese neuen Lizenzbestimmungen nicht als Open Source, auch wenn die Entwickler versuchen, ihre modifizierten Lizenzstatuten als Open Source zertifizieren zu lassen.

Erste Folgen sind bereits spürbar. So haben die Linux-Distributoren Debian, Fedora und Red Hat MongoDB aus ihren Systemen verbannt. Die Linux-Protagonisten sprechen von Restriktionen und Diskriminierung. Ihrer Einschätzung nach entsprechen die neuen Lizenzformen keiner Free Software License. Ältere AGPL- lizenzierte Versionen würden jedoch weiter unterstützt. Bei Red Hat heißt es klar und deutlich: Der neue NoSQL-MongoDB-Datenbank-Server ist nicht in der Beta von Red Hat Enterprise Linux (RHEL) 8.0 enthalten, weil er die Server Side Public License (SSPL) verwendet.