Auslöser für das Projekt Tatsu (japanisch für Drache) war die Frage "Do you attract talents?", die der neue Group-CEO Greg Ellis Patzak 2014 in einem ersten Gespräch stellte. "Natürlich waren wir ein attraktiver Arbeitgeber", erinnert sich der Diplominformatiker: "Wir arbeiteten seit 2008 agil, hatten Praktiken wie Continuous Integration, Test-Driven-Development und eine Zero-Bug-Policy eingeführt."
Dennoch habe Ellis den Nagel auf den Kopf getroffen, so Patzak. Da Autoscout24 aus historischen Gründen die für Internet-Firmen eher ungewöhnliche Entwicklungsumgebung ASP.NET von Microsoft nutzte, gelang es zwar, geeignete Fachkräfte zu gewinnen, nicht aber Mitarbeiter von anderen Internet-Unternehmen.
Mit seiner nächsten Frage "How does a 21st century IT landscape look like?" gab der Group-CEO auch gleich den Auftrag vor. "Uns war klar, dass wir substanzielle Dinge ändern mussten", erklärt Patzak. "Dazu zählten der Wechsel in die Public Cloud mit Amazon Web Services (AWS), von Microsoft .NET- zu Java-basierten Technologien, von einem monolithischen Ansatz zu einer Microservices-Architektur sowie von DevOps zu You-build-it-you-run-it."
Koexistenz des alten und des neuen Systems
Das Mitte 2014 begonnene Projekt erforderte ein umfassendes technisches, organisatorisches, aber vor allem "menschliches" Change-Management. So galt es, etwa 110 Mitarbeiter aus Entwicklungs- und Betriebsteams inkrementell in den neuen Technologien und Arbeitsweisen zu schulen und in neuen Teams zusammenzufassen. Ein Großteil der IT-Mitarbeiter beschäftigte sich bereits mit der neuen Technologie, parallel mussten jedoch zirka 150 Services des Altsystems weiterbetrieben werden. Statt eines Big-Bang-Release wurden Microservice für Microservice Altfunktionalitäten produktiv abgelöst, so dass beide Systeme mehrere Jahre lang koexistierten.
Die Übernahme durch ein Private-Equity-Unternehmen bedeutete für Autoscout24 hohe Erwartungen. In den Geschäftsjahren 2014 bis 2016 wurde der Umsatz erheblich erhöht, was vor allem durch neue digitale Produkte plus Kosteneinsparungen wie im IT-Betrieb erreicht wurde. Was hat Patzak gelernt? "Die Public Cloud ermöglicht eine unglaubliche Kostentransparenz", erklärt der 42-Jährige. Da man nur zahlt, was man wirklich nutzt, seien die Kosten planbar, und die Services ließen sich deutlich günstiger betreiben. Ansonsten gelte: "Messen, messen, messen und die Mitarbeiter auf die Reise mitnehmen!"