CIO des Jahres

Solarlux-CIO Michael Berens

Automatisierte Prozesse sparen Zeit und Geld

19.10.2023
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Michael Berens, CIO von Solarlux, gewinnt den Innovation Award beim CIO des Jahres mit einer automatisierten Auftragsbearbeitung, die den Kunden genauso wie den Mitarbeitenden große Vorteile bringt.
  • CIO des Jahres 2023
  • Innovation Award
Solarlux-CIO Michael Berens liefert mit seinem innovativen Automatisierungsprojekt inklusive selbstentwickelter RPA-Software ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die IT Innovationen im Business vorantreibt.
Solarlux-CIO Michael Berens liefert mit seinem innovativen Automatisierungsprojekt inklusive selbstentwickelter RPA-Software ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die IT Innovationen im Business vorantreibt.
Foto: Privat

Die Solarlux GmbH aus Melle konzipiert und produziert individuelle Glas- und Fassadensysteme. Ein Netzwerk aus Partnern sorgt dafür, dass diese bei den Kunden installiert werden. Die Unternehmensgruppe koordiniert die Zusammenarbeit in diesem Ökosystem über das Anwendungsportal mySolarlux.

Was zunächst gut funktionierte, stieß aufgrund des starken Unternehmenswachstums irgendwann an Grenzen. Vor allem die Auftragsbearbeitung gestaltete sich schwieriger, da zu viele Anwendungen im Spiel waren. CIO Michael Berens berichtet von Medienbrüchen, geringer Transparenz und einem schwer wartbaren Softwarezoo. Die Klarheit in den Prozessen war verloren gegangen, auch das Onboarding von neuem Personal dauerte immer länger.

Eigene RPA-Plattform auf Basis von Microsoft Workflow Foundation

Die Niedersachsen brauchten eine Lösung und fanden sie, indem sie ihre Anwendungen über einen regelbasierten Automatisierungs-Layer koordinierten. Dazu entwickelten sie auf der Basis von Microsoft Workflow Foundation eine eigene RPA-Plattform namens "Optimierte Auftragsbearbeitung" (OptAb) für ihren spezifischen Bedarf, nämlich für die "diskrete Auftragsfertigung mit konfigurierbaren Highend-Produkten", wie Berens ausführt.

Solarlux hat seinen Hauptsitz im niedersächsischen Melle.
Solarlux hat seinen Hauptsitz im niedersächsischen Melle.
Foto: Solarlux

Bei Solarlux geht die Auftragsbearbeitung jetzt so: Der Fachhandel erfasst zusammen mit dem Kunden den Auftrag in einem eigens dafür gebauten Web-Konfigurator. Dabei kann es sich beispielsweise um ein Terrassendach oder eine Glasfaltanlage aus Alu-Profilen handeln. Dieser Auftrag wird jetzt vollautomatisch angelegt und geprüft. Erhält er den Status "Grün" (= umsetzbar), kann der Auftrag via OptAb verarbeitet werden.

Ein Ampelsystem zeigt Status der Aufträge an

Dann aggregiert das System im Hintergrund alle erforderlichen Dokumente, Informationen, Maschinendaten etc. Parallel dazu wird der Auftrag auch im SAP-System angelegt. Im Dokumentenarchiv füllt sich ebenfalls wie von selbst die Kundenakte und das CRM erhält alle benötigten Daten. Damit ist die Auftragsverwaltung erledigt, die Fertigungsplanung kann beginnen.

Status "Rot" bedeutet dagegen, der Auftrag kann nicht eins zu eins im Standard erfasst werden. Das sieht der Vertrieb in der persistenten OptAb-Web-Oberfläche und nimmt direkt im Konfigurator Veränderungen oder Ergänzungen vor, bis der Status Grün erreicht ist. Danach läuft der Auftrag automatisch weiter in die Auftragsverwaltung.

Das Portal mySolarlux bringt alle auf den gleichen Stand

Über das mySolarlux-Portal haben die Kunden den Projektstand inklusive Angebot, Status, Lieferschein, Rechnung und sonstiger Dokumente immer im Blick. Der Konfigurator erzeugt derweil die Bearbeitungsdaten, die in der Produktion benötigt werden, etwa für Sägearbeiten, Beschichtungen oder sonstige Details. Die an den Maschinen benötigten Daten lassen sich über einen QR-Code auf den einzelnen Teilen abrufen. Damit wird das Produkt selbst zu seinem Informationsträger.

Solarlux konzipiert und produziert individuelle Glas- und Fassadensysteme.
Solarlux konzipiert und produziert individuelle Glas- und Fassadensysteme.
Foto: Solarlux

Berens ist stolz darauf, dass nun alle erfassten Aufträge ohne Medienbruch bis in die Produktion durchlaufen. Dort werden sie vom Manufacturing Execution Systgem (MES) "slNode" - ebenfalls eine Eigenentwicklung - digital weiterverarbeitet. Wie der CIO erklärt, mussten früher Experten an den Maschinen mühsam Makros aus einer Filesharing-Struktur heraussuchen und teilweise modifizieren, was zu Fehlern geführt habe. Jetzt laufe dieser Prozess automatisch - mit der Folge, dass statt ausgebildeter CNC-Experten angelernte Kräfte die Arbeit an den Maschinen erledigen könnten.

Ist die Produktion abgeschlossen, werden alle Produkte automatisch auf Paletten oder Gestelle verfrachtet sowie auf Lagerplätze gebucht und damit versandfertig gemacht. Die Rechnung wird dann mit der Ablieferung erzeugt, digital an den Kunden versandt und in der Kundenakte abgelegt.

Kundenbindung via QR-Code

Der Prozess ist mit der Auftragserfüllung noch nicht beendet: Über einen QR-Code am Produkt können sich die Endkunden registrieren und so eine Garantieverlängerung auf zehn Jahre erwerben. Im Fall von Reklamationen lässt sich auf demselben Weg die mySolarlux-Service-App starten.

An Ideen für die Weiterentwicklung mangelt es Berens und seinem Team nicht. So sollen mithilfe von KI demnächst auch Aufträge, die unstrukturiert via E-Mail eingegangen sind, in den Konfigurator übertragen werden. Solarlux arbeitet dazu mit der Fachhochschule Bielefeld zusammen. Außerdem ist Solarlux dabei, seine Prozessketten in OptAb zu visualisieren und jeden Auftrag mit dem jeweils spezifischen Workflow zu verbinden. Bei komplexen Anforderungen können auch Workflows aus anderen Bereichen, zum Beispiel Objektabwicklungen, eingebunden werden. So wird der Auftragsstatus über alle Systeme hinweg jederzeit sehr einfach abrufbar.

Auch Glas-Faltwände für Privathäuser gehörten in das Sortiment von Solarlux.
Auch Glas-Faltwände für Privathäuser gehörten in das Sortiment von Solarlux.
Foto: Solarlux

Die Innovationen in der Konzern-IT haben bei Solarlux dazu geführt, dass die Niedersachsen nun sehr viel besser mit dem gestiegenen Auftragsvolumen fertig werden. Wie immer bei Automatisierungsvorhaben gab es auch in Melle Befürchtungen, Arbeitsplätze könnten gefährdet sein. Solarlux reagierte darauf, indem das Unternehmen die vermeintlich Betroffenen tief in die Projekte integriert und zu Protagonisten machte.

Die Vertriebsexperten wachsen mit ihren Aufgaben

Beispielsweise sind heute die Sachbearbeiter im Vertrieb, die bislang Aufträge von Hand angelegt hatten, als Wissensträger gefragt. Ihr Know-how ist die Grundlage für die regelbasierten Algorithmen, die jetzt für das optimale Routing sorgen. Die Vertriebsexperten füttern die Algorithmen, was angesichts der ständig neuen Solarlux-Produkte notwendig ist. "So waren wir in der Lage, Monkey Business in gestalterische Aufgaben zu transformieren", freut sich Berens.

Unter seiner Regie gelang es dem Mittelständler, einen Software-Maßanzug zu entwickeln, in dem Betriebsabläufe weitgehend automatisiert und die vorhandenen Anwendungen - ein Mix aus Standardsoftware und Eigenentwicklungen - harmonisiert und zusammengeführt wurden. Solarlux kann heute mehr Aufträge annehmen und diese schneller und besser erfüllen als früher. Ein digitales Ökosystem, koordiniert über die Plattform mySolarlux, sorgt dafür, dass sich Kunden und Partner ständig informiert und aufgehoben fühlen.

Das sagt die Jury vom "CIO des Jahres 2023"

"Michael Berens liefert mit seinem innovativen Automatisierungsprojekt inklusive selbstentwickelter RPA-Software ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die IT Innovationen im Business vorantreibt", so das abschließende Urteil der Jury vom "CIO des Jahres 2023". KI werde benutzt, um formatfreie Aufträge etwa aus E-Mails in den Konfigurator zu übersetzen. Für diese Leistung erhält der CIO den Innovation Award im Wettbewerb. Juror Daniel Kehne, Co-CEO von Tür an Tür - Digitalfabrik, hebt hervor, dass der CIO die IT zum Transformator und Enabler gewandelt habe. Jens Schulze, CIO vom Universitätsklinikum Frankfurt ergänzt: "Ein hervorragendes Projekt, welches Industrie 4.0 verkörpert und darstellt, welchen Wertbeitrag die IT im Unternehmensalltag leistet." (kf)