Das Internet of Things (IoT) liefert Unternehmen wertvolle Daten, beispielsweise über Maschinen, Produkte und Transportmittel, die zu einer besseren Entscheidungsfindung herangezogen werden können. Dadurch ergeben sich für deutsche Firmen mögliche Vorteile gegenüber dem ausländischen Wettbewerb, insbesondere für die hierzulande so wichtige Fertigungsbranche (Stichwort Industrie 4.0). Allerdings droht, so die Marktforscher, für deutsche Unternehmen auch die Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten, falls sie nichts tun.
Um Einblicke in die Umsetzungspläne, Herausforderungen und Erfolgsfaktoren in puncto IoT-Technologien zu erhalten, hat IDC im Januar für die Studie "Internet of Things in Deutschland 2018" insgesamt 444 Unternehmen und Behörden aus acht Branchen in Deutschland mit mehr als 100 Mitarbeitern befragt.
Die wichtigste Erkenntnis: Unternehmen in Deutschland haben nach wie vor Schwierigkeiten bei der Umsetzung von IoT-Initiativen. So haben nur 34 Prozent der Umfrageteilnehmer IoT-Initiativen umgesetzt oder im Rahmen einer Pilotphase im Einsatz.
Allerdings gibt es Hinweise, dass das laufende Jahr für viele zum Wendepunkt wird: 72 Prozent der von IDC befragten Organisationen planen 2018 mindestens ein neues IoT-Projekt. Ein fast ebenso hoher Anteil (68 Prozent) hat hierfür auch ein Budget bereitgestellt.
Viele IoT-Projekte im Planung
"Die eingeplanten Budgets der befragten Unternehmen unterstreichen die großen Ambitionen", sagt Laura Hopp, Consultant bei IDC, und verweist auf das Versicherungs- und Finanzwesen sowie die Maschinen- und Anlagenbauer. In beiden Branchen planen 85, beziehungsweise 78 Prozent der Befragten 2018 ein neues IoT-Projekt. Und bei 77, respektive 76 Prozent ist auch die Finanzierung dafür bereits gesichert.
Deutlich unterfinanziert ist die öffentliche Verwaltung: Hier wollen zwar 73 Prozent der Befragten in diesem Jahr ein neues IoT-Projekt anstoßen, Budget dafür haben allerdings nur 53 Prozent eingeplant. "Die deutliche Diskrepanz zwischen Planungsvorhaben und Finanzierung zeigt, dass die öffentliche Hand offenbar stark auf Fördergelder oder Wirtschaftskooperationen hofft", so die Erklärung von IDC-Analystin Hopp.
Knappe Kassen sind jedoch nur eine Hürde auf dem Weg zum IoT-Projekt. So verwies jedes vierte Unternehmen auf die hohe Komplexität bei der Auswahl von Technologien und Anbietern. Des Weiteren wurde das Fehlen von ganzheitlichen IoT-Lösungen als Herausforderung genannt. Hinzu kommt die Befürchtung, dass durch IoT Sicherheitslücken in den IT-Systemen entstehen können - das gaben jeweils 20 Prozent an (Mehrfachnennungen möglich). Eine ähnlich hohe Anzahl bekundete Schwierigkeiten bei der Durchsetzung des Datenschutzes, der Sicherstellung von Budget, sowie beim Finden geeigneter Fachkräfte für die Umsetzung.
Die Qual der IoT-Plattform-Wahl
Dass IoT-Plattformen das Management von IoT-Umgebungen ungemein erleichtern, wird zunehmend erkannt Laut IDC-Umfrage haben 20 Prozent bereits eine Plattform, weitere 51 Prozent planen den Einsatz in 2018. Viele Entscheider stehen allerdings vor der Herausforderung, aus einem unübersichtlichen, sich konsolidierenden Markt mit über 400 Plattformen ihre Wahl zu treffen.
Zumal die Lösungen unterschiedliche Reifegrade aufweisen, worauf Mark Alexander Schulte, Senior Consultant und Projektleiter bei IDC, hinweist: Während die erste Generation von IoT-Plattformen lediglich das Management der vernetzten Objekte sowie der Konnektivität ermöglicht, unterstützt die zweite darüber hinaus das Management von Applikationen sowie die Verarbeitung und das Reporting der Daten. Die dritte Generation enthält zusätzlich Advanced-Analytics-Funktionalitäten, wie beispielsweise Cluster-Analysen und Machine Learning.
- IoT-Produkte und -Strategien der Hersteller
Im Zukunftsmarkt des Internet of Things (IoT) bringt sich nahezu jeder große IT-Hersteller in Stellung. Manchmal ist der Marktzugang nachvollziehbar, manchmal werden auch Nebelkerzen geworfen und vorhandene Produkte umdefiniert. Wir geben einen Überblick über die Strategien der wichtigsten Player. - Microsoft
Wie über 200 andere Unternehmen war der Softwarekonzern bis vor kurzem Mitglied in der von Qualcomm initiierten Allianz AllSeen und wechselte kürzlich in die neu formierte Open Connectivity Foundation. Deren Ziel ist die Entwicklung einer einzelnen Spezifikation oder zumindest eines gemeinsamen Sets an Protokollen und Projekten für alle Typen von IoT-Geräten. - Microsoft
Auf Client-Seite fungiert Windows 10 IoT Core als mögliches Betriebssystem für industrielle Geräte. Das Beispiel zeigt ein Roboter-Kit. - Microsoft
Als Cloud-Plattform stellt Microsoft die Azure IoT-Suite bereit. Diese enthält bereits einige vorkonfigurierte Lösungen für gängige Internet-of-Things-Szenarien. Mit dem Zukauf des italienischen IoT-Startups Solair wird das Portfolio erweitert. - Amazon
Das Portfolio erstreckt sich mit AWS Greengrass bis in den Edge-Bereich. So können IoT-Devices auf lokale Ereignisse reagieren, lokal auf die von ihnen erzeugten Daten wirken können, während die Cloud weiterhin für Verwaltung, Analyse und dauerhafte Speicherung verwendet wird. - IBM
Im März 2015 hat Big Blue mitgeteilt, über die nächsten vier Jahre rund drei Milliarden Dollar in den Aufbau einer IoT-Division zu investieren. Sie soll innerhalb des Unternehmensbereichs IBM Analytics angesiedelt sein. IBM will hier neue Produkte und Services entwickeln. Im Zuge dessen wurde auch die "IBM IoT Cloud Open Platform for Industries" angekündigt, auf der Kunden und Partner branchenspezifisch IoT-Lösungen designen und umsetzen können. - Intel
Obwohl sich Intel mit seinen Ein-Prozessor-Computern "Galileo" und "Edison" im Bereich der Endgeräte für das Zeitalter von Wearables und IoT schon gut gerüstet sieht, will das Unternehmen mehr vom Kuchen. "Das Internet of Things ist ein End-to-End-Thema", sagte Doug Fisher, Vice President und General Manager von Intels Software and Services Group, zur Bekanntgabe der IoT-Strategie vor einem halben Jahr. Deren Kernbestandteil ist demnach ein Gateway-Referenzdesign, das Daten von Sensoren und anderen vernetzten IoT-Geräten sammeln, verarbeiten und übersetzen kann. - Intel
Im Zentrum der IoT-Strategie des Chipherstellers steht eine neue Generation des "Intel IoT Gateway". Auf Basis der IoT Plattform bietet Intel eine Roadmap für integrierte Hard- und Software Lösungen. Sie umfasst unter anderem API-Management, Software-Services, Data Analytics, Cloud-Konnektivität, intelligente Gateways sowie eine Produktlinie skalierbarer Prozessoren mit Intel Architektur. Ein weiterer maßgeblicher Bestandteil der Roadmap ist IT-Sicherheit. - SAP
Bei der SAP IoT-Plattform "HANA Cloud Platform for IoT" handelt es sich um eine IoT-Ausführung der HANA Cloud Platform, die um Software für das Verbinden und Managen von Devices sowie Datenintegration und -analyse erweitert wurde. Die Edition ist integriert mit SAPs bereits vorgestellten IoT-Lösungen "SAP Predictive Maintenance and Service", "SAP Connected Logistics" und "Connected Manufacturing". - Hewlett-Packard
HP hat Ende Februar 2015 seine "HP Internet of Things Platform" präsentiert. Das Unternehmen richtet sich damit an "Communications Service Providers", die in die Lage versetzt werden sollen, "Smart Device Ecosystems" zu schaffen - also in ihren Netzen große Mengen an vernetzten Produkten und Endgeräten zu verwalten und die entstehenden Daten zu analysieren. - PTC
Mit der Übernahme von ThingWorx konnte der amerikanische Softwareanbieter PTC zu Beginn vergangenen Jahres zum Kreis der vielversprechendsten Internet-of-Things-Anbieter aufschließen. Das Unternehmen bietet mit "ThingWorx" eine Plattform für die Entwicklung und Inbetriebnahme von IoT-Anwendungen in Unternehmen an.
IDC empfiehlt hier den Unternehmen, bei der Auswahl ihrer IoT-Plattform neben aktuellen Bedürfnissen immer auch die Anforderungen ihrer künftigen Use Cases mit einzukalkulieren. Letztendlich gehen die Analysten davon aus, dass sich die Anbieter durchsetzen werden, die umfassende und innovative Funktionalitäten, gerade auch im Hinblick auf Analytics, im Portfolio haben.
Narrowband IoT & Co. noch wenig verbreitet
Was das Thema Connectivity angeht, setzen die Unternehmen laut Umfrage auf Mobilfunkverbindungen (40 Prozent), kabelgebundene Verbindungen (38 Prozent) und Nahbereichsverbindungen wie WLAN oder Bluetooth (34 Prozent). Innovative Technologien wie Low Power Wide Area Networks (LPWAN) sind hingegen mit 12 Prozent noch wenig verbreitet. IDC geht allerdings davon aus, dass sich LPWAN aufgrund von Vorteilen wie dem geringen Energieverbrauch der IoT-Geräte und die hohe Reichweite mittelfristig stärker durchsetzen wird.
Auch dem Thema Edge-Computing prophezeien die Analysten einen starken Anstieg: Bis 2019 sollen 40 Prozent der IoT-Daten im oder in der Nähe des vernetzten Objekts verarbeitet werden. Aktuell wird Edge Computing laut Umfrage von 14 Prozent der Firmen eingesetzt, weitere 32 Prozent planen einen Einsatz bis Ende des Jahres.
Und wenn wir schon mal bei Hype-Themen sind: Zwar sind IoT-Lösungen in Kombination mit Blockchain hierzulande aktuell noch nicht weit verbreitet, allerdings haben 38 Prozent der befragten deutschen Unternehmen den Einsatz entsprechender Lösungen innerhalb der nächsten 12 Monate in der Planung. Die Umfrageteilnehmer schätzen an Blockchain vor allem die Durchführung von mehreren Transaktionen in kürzerer Zeit (43 Prozent), die Absicherung der IoT-Daten (41 Prozent) sowie die bessere Nachweisbarkeit der Kontrollkette (36 Prozent). So will beispielsweise die Logistikbranche mit Smart-Contract-Anwendungen die Supply Chain optimieren. IDC-Analyst Schulte warnt jedoch davor, das Thema überzubewerten: "Der immens hohe Bedarf an Rechen- und Speicherressourcen sollte nicht unterschätzt werden. Blockchain ist daher nicht zwingend das Mittel der Wahl für alle IoT-Anwendungen."