Mehr Transparenz gefragt
Zur Unterstützung der Transparenz auf dem Shop Floor sollten Auto-ID-Systeme (meist RFID- oder Barcode basiert) zum Einsatz kommen. RFID entwickelt sich hierbei zu einer "Industrie 4.0 Basistechnologie". Für eine effiziente und gleichzeitig standardisierte Anbindung der Automatisierungsebene, übrigens auch eines RFID-Systems, kann eine OPC UA (Unified Architecture) genutzt werden. Speziell RFID wird vielfach als der Ort für das Ablegen beliebiger Informationen angesehen - etwa in der Art eines digitalen Produktgedächtnisses. Dessen Speicherkapazität ist aber aktuell noch deutlich limitiert. "Smart" können diese Tags durch die Verknüpfung mit einem MES werden. Im MES sollten somit alle Traceability-relevanten Informationen abgelegt werden. Neben dem Material als Informationsträger sind hier die primäre Informationsquelle die Prozess- und Maschinendaten (auch hier Anbindung per OPC UA). Über ein MES lassen sich schnell Berichte generieren. Um keinen zeitlichen Verlust zu erleiden, sollten mobile Geräte eingesetzt werden.
Um Qualitäts- und Maschinenausfälle zu reduzieren, sind schon heute "Predictive Quality"- und "Maintenance"- Systeme im Einsatz. Beide sollten mit MES (Qualität) sowie mit ERP-Systemen für die (vorausschauende) Instandhaltung gekoppelt werden. Hierüber lassen sich effiziente, da automatisierte, Prozesse abbilden und Stillstandszeiten von Maschinen minimieren.
Autonome Systeme reduzieren Komplexität
Autonome Transporteinheiten können Komplexität aus der "MES-Ebene" herausnehmen. Sie organisieren sich selber und sind zum richtigen Zeitpunkt am Ort des Geschehens - am zu transportierenden Material. Bei Ausfall einer Transporteinheit erfolgt eine Meldung an "anderer Kollege" in Form einer anderen autonomen Transporteinheit. Diese übernimmt dann die jeweilige Materialversorgung. Die Informationen erhalten die Fahrzeuge per M2M entweder von einer Maschine oder dem Material selber. Somit wird hierüber für eine hohe Flexibilität gesorgt, ohne Änderung von Arbeitsplänen.
Die Flexibilität wird auch durch smarte Maschinen (mit Sensoren ausgestattet) unterstützt. Gleiches gilt auch für Werkzeuge. Diese können mit Sensoren für eine Unterstützung der Prozess-Stabilität in der Produktion sorgen. In die gleiche "Kerbe" schlagen sensitive Roboter. Durch deren immer stärker zunehmende Intelligenz sorgen sie nicht nur für einen hohen Automatisierungsgrad, sondern auch für ein hohes Maß an Flexibilität. Die notwendigen Basisinformationen erhalten diese smarten Kollegen aus dem MES. Auch können diese Roboter per M2M Informationen über den Produktionsfortschritt untereinander austauschen, was ebenfalls zu einer Komplexitätsreduzierung auf MES-Seite führt.
Smart Building - Kontrolle über das Werksgebäude
Die Kontrolle über das physische Werksgebäude erfolgt durch Smart Building Lösungen. Derartige - auch cloudbasierte - Ansätze können das gesamte Gebäude-Management übernehmen, inklusive Strom und Heizung, um den gesamten Ressourcenverbrauch zu kontrollieren und zu optimieren. Diese Lösungen lassen sich ganz pragmatisch als Stand-Alone betreiben, da für Gebäude im Allgemeinen das firmeneigene Facility-Management zuständig ist. Maschinen werden hingegen über das MES überwacht. Dies erfolgt nicht nur zum Managen des Ressourcenverbrauchs, sondern dient auch zum Aufzeigen von Prozessproblemen.
Durch die vertikale Integration der einzelnen Systeme, also der Enterprise- mit der Produktions-IT entstehen neue Cyber-Security Anforderungen. Entsprechende Lösungen sollten aber nicht nur IT-basierte, sondern auch organisatorische Aspekte umfassen. Spezifische Cyber-Security-Lösungen existieren bereits am Markt (auch Big Data basiert) und können auch mit Smart Building Lösungen kombiniert werden. Stichwort hier unter anderem: Die biometrische Zugangskontrolle (nicht nur für das Gebäude, sondern auch für Rechner und Maschinen), auf das Passwörter in Zukunft wirklich sicher werden. Venenscanner sind neben Fingerscanner nur zwei mögliche aktuell verfügbare Techniken hierfür.
- Marktanteile
SAP sichert sich unter den Top-Anbietern den größten Marktanteil. Allerdings verlieren die drei Führenden ein paar Prozentpunkte. Der große Gewinner im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage ist Infor. - Auf der Shortlist
Die hohen Marktanteile spiegeln sich auch in den Shortlists wider. SAP taucht hier am häufigsten auf ... - Auswahl gewonnen
... und in der Folge gewinnt SAP auch am häufigsten die Projekte, in denen es die Walldorfer in die engere Auswahl schaffen. - Einführungsdauer
Im Vergleich zur vorangegangenen Umfrage brauchen die Anwender länger, um ein neues ERP-System einzuführen. Am längsten dauert es mit Microsoft Dynamics - über zwei Jahre. 2014 schnitt der US-Konzern mit 12,5 Monaten noch am besten ab. - Verzögerungsgründe
Nachträgliche Projekterweiterungen sowie Probleme mit Technik, Daten und der Organisation sind die häufigste Ursachen dafür, dass Unternehmen ihre Zeitbudgets für die ERP-Einführung überschreiten. - Return on Invest (RoI)
Meist dauert es Jahre, bis sich ein neues ERP-System aus Perspektive der Anwenderunternehmen bezahlt macht. - Projektkosten
Oracle-Projekte kommen die Unternehmen am teuersten. In den meisten Projekten reicht das Geld nicht. Ausnahme Infor: Hier liegen die tatsächlichen Kosten für die ERP-Einführung im Durchschnitt niedriger als ursprünglich geplant. - ERP-Vorteile
Über ein Drittel der Unternehmen hat es im Zuge der ERP-Einführung geschafft, die Verfügbarkeit von Informationen zu verbessern. Auch die interne Zusammenarbeit und Integration wollen die Unternehmen mit einem neuen ERP-System effizienter machen. - Ziele erreicht?
Insgesamt scheinen die selbstgesteckten ERP-Ziele schwer zu erreichen. Gerade einmal jeder fünfte SAP- und Microsoft-Kunde schafft mehr als 50 Propzent Zielerreichungsgrad. Oracle mit 14 Prozent und Infor mit elf Prozent schneiden noch deutlich schlechter ab. - Funktionalität
Die meisten ERP-Funktionen bleiben ungenutzt. Ein Viertel bis die Hälfte der Anwenderunternehmen gaben an, höchstens 40 Prozent der mit dem ERP-System gelieferten Funktionalität auch zu nutzen. - Projektvorgehen
Der Umstieg in Phasen bleibt das präferierte Umstiegsmodell für die meisten ERP-Anwender. - Customizing
Das Customizing - eine der Hauptursachen für komplexe Anwendungslandschaften - nimmt ab. Gerade im SAP-Umfeld geben sich immer mehr Anwender mit den im Standard gebotenen Funktionen zufrieden. - Umstieg mit Unterbrechung
Die meisten ERP-Einführungen sind nach wie vor mit einer Unterbrechung des operativen Betriebs verbunden. - Unterbrechungsdauer
Und diese Unterbrechungen können dauern - teilweise sogar bis zu einem halben Jahr. - ERP aus der Cloud
Das Cloud-Modell will im ERP-Umfeld nicht so richtig in Schwng kommen. SAP kann zwar etwas zulegen, aber bei Microsoft und Oracle stagniert der Cloud-Anteil im Vergleich zur Umfrage vor zwei Jahren. - Kostenvorteile in der Cloud
Die zögerliche Cloud-Adaption mag auch daran liegen, dass die Kostenersparnisse aus Anwendersicht nur bei 40 Prozent und weniger liegen. - Zusammenfassung
ERP-Projekte dauern lange, kosten viel Geld und überschreiten in aller Regel Zeit- und Kosten-Budgets. Daran scheint sich wenig zu ändern, wie auch die aktuelle Umfrage wieder einmal gezeigt hat.
Es wurde schon mehrfach die Integration von PLM- mit der ERP- beziehungsweise MES-Welt angesprochen. Dies ist vor allem für den "digitalen Avatar" der realen Fabrik erforderlich. Die Digitalisierung der Fabrik beginnt schon mit deren virtueller Konstruktion am Rechner. Hierzu gehören auch Materialfluss- und Prozess-Simulationen, um schon frühzeitig Konzepte überprüfen zu können und damit Planungssicherheit zu erreichen. Nach dem "Go-Live" der Fabrik können diese Daten mit realen Produktionsdaten zur digitalen Steuerung der Produktion verwendet werden - unserem Avatar also. Eine solche integrierte Produkt- und Produktionsplanung mittels digitalen Fabrikansätzen und Lösungen werden durch die realen Daten aus einem wiederum integrierten MES gespeist. Damit diese Integration glückt, bedarf es eines Enterprise oder Manufacturing Service Bus. Hierüber erfolgt die Kopplung der einzelnen IT-Systeme (PLM, MES, ERP, Planungstool, Smart Build usw.)
Das Teil steuert den Prozess
Bleibt als wichtiger Bestandteil einer Smart Factory noch das Paradigma: das Teil steuert den Prozess. Das Material und das Produkt selber werden zum CPS. Dies kann über Sensoren, RFID oder eingebaute Logik erfolgen beziehungsweise unterstützt werden. Hier kommen die klassischen starren Systeme wie MES oder SAP nun aber wirklich an ihre Grenzen. Sie können derartige Ansätze unterstützen und das angesprochene Planungsproblem etwas entschärfen, da keine Feinplanung im heutigen Sinne mehr erforderlich ist. Die Feinplanung übernehmen die autonom agierenden Maschinen und die intelligenten Teile und Materialien. Auch heute schon werden operative Veränderungen im alltäglichen Produktionsumfeld nicht über ein Planungstool, sondern operativ durch Menschen gelöst.
CPS entlasten hier also den Menschen in Zukunft. Trotzdem bedarf es eines "Dirigenten der Fertigung" zur Überwachung. Eine Interaktion mit einem MES oder gar dem darüber gelagerten ERP-System sind möglich. Allerdings brauchen Unternehmen auch in Zukunft Planungstools, welche die "Leitplanken" der Produktion also Termine und Materialbedarfe liefern. Wo hier zukünftig die Grenzen gezogen werden müssen und können, hängt von der konkreten Produktionssituation, also der Komplexität und Varianz der Produkte ab. Der vorgestellte Ansatz stellt somit eine praktikable und sanfte Migration hin zu einer Smart Factory dar.
Fazit
Schon heute lässt sich eine zukunftsweisende und sehr moderne Produktion, auch mit ERP, MES aufbauen. Investitionen in diese Systeme sind also nicht schon in wenigen Jahren verloren. Es bleibt noch die Frage zu klären oder der hier implizit skizzierte Ansatz auch zu 100 Prozent einer Smart Factory entspricht. In der Praxis sind zukunftsfähige und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen gefragt. Ob diese nun etwas mehr oder weniger 'smart' sind, ist eher von untergeordneter Bedeutung.