Schuldenlast wächst

Atos rutscht tief ins Minus

01.08.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Weniger Umsatz, mehr Schulden und tiefrote Zahlen – die Halbjahresbilanz für Atos sieht nicht gut aus, derweil der Anbieter an seiner Restrukturierung feilt.
Atos meldet wenig ermutigende Zahlen für das erste Halbjahr 2024. Für das Management geht es jetzt darum, die Restrukturierung und das Schutzschirmverfahren zu einem guten Ende zu bringen - sonst gehen bald die Lichter aus bei Atos.
Atos meldet wenig ermutigende Zahlen für das erste Halbjahr 2024. Für das Management geht es jetzt darum, die Restrukturierung und das Schutzschirmverfahren zu einem guten Ende zu bringen - sonst gehen bald die Lichter aus bei Atos.
Foto: Atos

Atos, das momentan um die Restrukturierung seines Geschäftsbetriebs ringt, hat Zahlen für das erste Halbjahr 2024 vorgelegt. Demzufolge verzeichnete der angeschlagene französische IT-Dienstleister in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres einen operativen Verlust in Höhe von 1,7 Milliarden Euro. 2023 stand an gleicher Stelle noch ein Minus von 434 Millionen Euro. Unter dem Strich belief sich das Defizit auf gut 1,91 Milliarden Euro, im ersten Halbjahr 2023 waren Verluste in Höhe von 969 Millionen Euro aufgelaufen.

Die Atos-Verantwortlichen machten in erster Linie schwächere Geschäfte sowie hohe Abschreibungen und Wertberichtigungen für die roten Zahlen verantwortlich. Dieser Sonderposten habe im ersten Halbjahr knapp 1,6 Milliarden Euro betragen. Der Umsatz des Service-Providers betrug zwischen Januar und Juni dieses Jahres 4,96 Milliarden Euro. Das bedeutet ein Minus von 2,7 Prozent im Vergleich zu den angepassten 5,1 Milliarden Euro aus dem Vorjahr.

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Die Eviden-Sparte, in der Atos seine zukunftsträchtigen Geschäftsbereiche gebündelt hat, verlor dabei stärker als die Tech Foundations mit dem Legacy-Business. So ging der Umsatz von Eviden im Jahresvergleich um 4,2 Prozent von 2,49 auf 2,39 Milliarden Euro zurück. Die Einnahmen von Tech Foundations rutschten um 1,4 Prozent von 2,61 auf 2,58 Milliarden Euro ab. Ursprünglich hatte Atos vorgehabt, sich nach dem Vorbild von IBM aufzuspalten und die Tech Foundations zu verkaufen. Doch dieser Plan zerschlug sich Anfang 2024 endgültig und der Dienstleister geriet in der Folge mehr und mehr in finanzielle Schieflage.

Schutzschirmverfahren als Rettungsanker

Atos kämpft derzeit um seine geschäftliche Zukunft. Aktuell läuft ein Schutzschirmverfahren, über das Mitte Oktober ein Handelsgericht im französischen Nanterre entscheiden soll. Etwas Luft verschaffte sich der Dienstleister kürzlich mit einer Zwischenfinanzierung in Höhe von 1,67 Milliarden Euro von Seiten der Banken und Anleihegläubigern. Die Schuldenlast, die auf Atos drückt, wird indes immer größer. Waren es Mitte 2023 noch 2,32 Milliarden Euro, sind es mittlerweile 4,22 Milliarden Euro, wie die Verantwortlichen mitteilten.

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Jean Pierre Mustier, CEO und Chairman von Atos, der erst Ende Juli das CEO-Amt von Paul Saleh übernommen hatte - dieser hatte schon nach einem halben Jahr auf dem Chefsessel das Handtuch geschmissen, hofft indes auf bessere Zeiten. "Die Eröffnung eines beschleunigten Schutzschirmverfahrens durch das Handelsgericht ist ein wichtiger Schritt im Prozess der finanziellen Restrukturierung von Atos. Wir haben jetzt eine Vereinbarung mit unseren Finanzgläubigern getroffen, die ausreichend Liquidität für den Betrieb des Unternehmens bereitstellt und eine solide Grundlage für die Zukunft des Unternehmens schafft."

Kauft Frankreich Atos' BDS-Sparte?

Mustier verwies darauf, das Atos seine Prognosen hinsichtlich der Geschäftsziele erreicht habe, "trotz der schwachen Marktbedingungen in einigen unserer wichtigsten Regionen". Derzeit laufen offenbar intensive Verhandlungen mit dem französischen Staat. Dabei geht es vor allem um die Zukunft sicherheitsrelevanter Bereiche von Atos wie die Sparte Bull SA und das Big Data & Cybersecurity (BDS) Geschäft. Marktbeobachter mutmaßen, dass in der Vergangenheit auch Bedenken der französischen Politik für das Scheitern von Verkaufsverhandlungen gewesen sein könnten.

Aktuell liegt dem Atos-Management ein Kaufangebot des französischen Staates für die BDS-Division vor. Geboten sind 700 Millionen Euro. Das liegt ganz am unteren Ende der Preisspanne. Vor wenigen Monaten hatte Atos den Wert von BDS auf 700 Millionen bis eine Milliarde Euro taxiert. Gemeinsam mit Schlichterin Maître Hélène Bourbouloux diskutiere das Atos-Management derzeit die Offerte, hieß es von Seiten des Unternehmens. Man könne allerdings keinerlei Zusicherung abgeben, dass diese Gespräche erfolgreich verliefen und man zu einem Abschluss komme, dämpfte Atos die Erwartungen.