Verkauf von Tech Foundations gescheitert

Atos gehen die Perspektiven aus

28.02.2024
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Der Verkauf der Tech Foundations von Atos an EPEI ist geplatzt. Der hochverschuldete IT-Dienstleister braucht dringend Geld, um sein Geschäft zu stabilisieren.
Nach dem gescheiterten Verkauf der Sparte Tech Foundations ist fraglich, wie lange die Lichter bei Atos noch brennen.
Nach dem gescheiterten Verkauf der Sparte Tech Foundations ist fraglich, wie lange die Lichter bei Atos noch brennen.
Foto: Atos

In den exklusiven Verhandlungen mit EP Equity Investment ("EPEI") über einen möglichen Verkauf von Tech Foundations habe man keine für beide Seiten zufriedenstellende Einigung erzielt, teilte Atos in einem knappen Statement Ende Februar mit. "Die Gespräche und die Verkaufsvereinbarung wurden daher in gegenseitigem Einvernehmen beendet, ohne dass eine der beiden Seiten eine Entschädigung erhält, und die Parteien sind vorbehaltlich der Aufrechterhaltung der Vertraulichkeitsvereinbarungen von allen künftigen gegenseitigen Verpflichtungen befreit."

Atos will Tech Foundations und Eviden weiterhin als getrennte Unternehmen führen. Allerdings zieht das Unternehmen auch weiterhin strategische Optionen in Betracht - sprich den Verkauf von Teilen des Geschäfts.

Lesen Sie alles über die Hintergründe der Probleme bei Atos:

Atos kämpft aktuell mit massiven Schwierigkeiten. Eigentlich wollte sich der französische Dienstleister nach dem Vorbild von IBM aufspalten. Eine Sparte sollte das klassische Geschäft mit den weniger profitablen Geschäftsbereichen wie Rechenzentren und Hosting, Digital Workplace, Unified Communications und Collaboration (UCC) sowie das Outsourcing von Geschäftsprozessen weiter betreiben. Der andere Bereich hätte modernere Aktivitäten wie digitale Transformation, intelligente digitale Plattformen, Cloud-Technologie, Cybersicherheit, High-Performance Computing und KI übernommen.

Atos-Strategie - teile und verkaufe

Im Sommer 2023 änderte sich die Strategie. Die Verantwortlichen entschieden sich, das klassische Geschäft, intern auch als Tech Foundations bezeichnet, an EP Equity Investment (EPEI) zu verkaufen. Dabei handelt es sich um eine in Luxemburg ansässige Firma, die vom tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky kontrolliert wird. EPEI sollte demzufolge 100 Millionen Euro bezahlen und 1,9 Milliarden Euro Schulden von Atos übernehmen. Insgesamt würde sich die Höhe des Deals damit auf etwa zwei Milliarden Euro belaufen.

EPEI sollte auch den Markennamen Atos übernehmen. Die verbleibende Muttergesellschaft wollte den Namen Eviden annehmen, eine Variante der Marke Evidian, die bisher für die IT-Sicherheitsprodukte bei Atos verwendet wurde.

Doch die Gespräche über den Verkauf der Atos-Teile gerieten zum Jahreswechsel ins Stocken. Der französische Staat habe Bedenken angemeldet, ein Unternehmen, das Verteidigungsaufträge abwickelt, an einen ausländischen Investor zu veräußern, berichtete die Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Beide Parteien würden die Bedingungen des Deals neu verhandeln, hieß es zuletzt.

Auf Atos lasten Milliarden Schulden

Offensichtlich waren die Gespräche erfolglos, wie sich jetzt herausgestellt hat. Woran die Verhandlungen letztlich scheiterten, wollten die Verantwortlichen von Atos nicht verraten. Auf dem Dienstleister lasten Schulden in Höhe von knapp 4,7 Milliarden Euro. Der Konzern kündigte an, mit den Banken über eine Refinanzierung und Umschuldung reden zu wollen. Zuletzt wollte die Atos-Führung auch nicht ausschließen, gesetzliche Schutzmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, sollte sich die finanzielle Notlage weiter verschärfen.

Entlastung könnte der Verkauf des Geschäftsbereichs Big Data & Security (BDS) an Airbus bringen, über den seit einigen Monaten verhandelt wird. Im Gespräch ist offenbar ein Preis zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Euro. Wie weit die entsprechenden Verhandlungen fortgeschritten sind, ist nicht bekannt.

Druck auf Atos-CEO Saleh wächst

Der Druck auf Atos-CEO Paul Saleh, der sein Amt erst Mitte Januar 2024 angetreten und den unglücklich agierenden Yves Bernaert abgelöst hatte, dürfte jedoch weiter steigen. Hinter den Kulissen krachte es zuletzt heftig. Bernaert sprach zu seinem Abschied offen über Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Vorstand über "die Art und Weise, wie die Strategie angepasst und umgesetzt werden soll". Salehs Vorgänger hatte den Posten auch erst Anfang Oktober 2023 angetreten und konnte sich gerade einmal drei Monate halten.

Atos-CEO Paul Saleh braucht schnell eine Lösung für die finanziellen Probleme des Dienstleisters.
Atos-CEO Paul Saleh braucht schnell eine Lösung für die finanziellen Probleme des Dienstleisters.
Foto: Atos

Viel Zeit dürfte dem vom CFO zum CEO beförderten Saleh nicht mehr bleiben, Atos in ruhigeres Fahrwasser zu steuern. Mit dem Eingeständnis der gescheiterten Verkaufsgespräche, gab Atos auch vorläufige Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 bekannt. Die Einnahmen stagnierten im Vergleich zum Vorjahr bei knapp 10,7 Milliarden Euro. Während die Tech Foundations 1,7 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro verloren, legte die Eviden-Sparte um 2,9 Prozent auf knapp 5,1 Milliarden Euro zu.

Eigentlich wollte Atos schon Ende Februar detaillierte Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr vorlegen. Doch angesichts der Turbulenzen blieb es zunächst bei der Bekanntgabe einiger weniger Kennzahlen. Der offizielle Termin für die Vorlage der Bilanz wurde auf den 20. März 2024 verschoben.