Bis Ende des Jahrzehnts wird es weltweit rund 150 Millionen mehr Beschäftigte als heute geben, die 55 Jahre und älter sind. Dies gilt vor allem in Ländern mit hohem Einkommen. So wird sich in den G7-Staaten die Arbeitnehmerschaft ab 55 aufwärts auf rund ein Viertel der Erwerbstätigen belaufen. Das sind rund zehn Prozentpunkte mehr als 2011.
Noch aber bleibt das Potenzial der älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Unternehmen oft ungenutzt. Das hat die Studie "Better with Age: The Rising Importance of Older Workers" der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company ergeben, die auf regelmäßigen Befragungen von rund 40.000 Beschäftigten aller Altersklassen in 19 Ländern basiert.
Zahl der älteren Mitarbeiter steigt stark
Auch in Deutschland nimmt die Zahl der älteren Beschäftigten seit Jahren zu. Bis 2031 werden laut Bain-Studie hierzulande rund 27 Prozent aller Mitarbeitenden auf die Generation 55plus entfallen. 2001 hatten gerade mal zwölf Prozent der Erwerbstätigen dieser Altersgruppe angehört, 2011 waren es schon 18 Prozent und 2021 knapp25 Prozent.
In den anderen G7-Staaten wird sich die Zahl der älteren Beschäftigten noch drastischer erhöhen. Japan ist dabei das extremste Beispiel. Dort werden bis 2031 voraussichtlich fast 40 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 55 Jahre und älter sein. In Italien dürften es 32 Prozent, in den USA 25 Prozent und in Großbritannien 23 Prozent sein.
Es muss länger gearbeitet werden
"Ursächlich für diesen weltweiten Trend sind gleich mehrere Faktoren", erklärt Bain-Deutschlandchef Walter Sinn. "Zum einen steigt die Lebenserwartung, zum anderen treten durch niedrige Geburtenraten weniger junge Menschen in den Arbeitsprozess ein. Zudem nimmt das durchschnittliche Eintrittsalter in den Beruf aufgrund des höheren Ausbildungsgrads zu." Nicht zuletzt deshalb erwarten weltweit immer mehr Erwerbstätige, länger arbeiten zu müssen. In den USA etwa glauben laut Meinungsforschungsinstitut Gallup inzwischen 41 Prozent der Beschäftigten, dass sie über das 65. Lebensjahr hinaus ihrem Job nachgehen werden. Vor 30 Jahren waren es lediglich zwölf Prozent gewesen.
Angesichts des demografischen Wandels hat Deutschland bereits 2006 die "Rente mit 67" eingeführt. Immer mehr Länder schlagen einen ähnlichen Weg ein. So hat Frankreich zum Beispiel das gesetzliche Renteneintrittsalter kürzlich von 62 auf 64 Jahre erhöht. In Großbritannien wiederum erfolgte 2017 eine Erhöhung auf 66 Jahre, von bis dahin 60 Jahren bei Frauen beziehungsweise 65 Jahren bei Männern.
Unausweichlicher Paradigmenwechsel
Unternehmen rund um den Globus stehen nun vor der Aufgabe, diesem Trend gerecht zu werden und für sich zu nutzen. "Noch werden allerdings nur selten Programme angeboten, mithilfe derer die älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die hauseigenen Talentsysteme integriert werden", stellt Imeyen Ebong, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Organisation in der EMEA-Region, fest. "Topmanagement und HR-Verantwortliche müssen schnellstmöglich einen Kurswechsel vornehmen."
Habe der Schwerpunkt bislang darauf gelegen, Talente zu finden und zu binden sowie geeignete Maßnahmen gegen den Fach- und Führungskräftemangel in jüngeren Altersklassen zu treffen, müsste nun verstärkt die ältere Belegschaft in den Fokus rücken und ihr Potenzial mehr wertgeschätzt werden. "Wie sich Unternehmen gegenüber ihren Beschäftigten ab 55 aufwärts positionieren und was sie ihnen bieten, wird in Zukunft wesentlich für ihre Wettbewerbsfähigkeit sein", so Ebong.
Was Arbeitgeber tun können
Entsprechend sind Unternehmen weltweit gefordert, sich nachhaltig mit ihrer älteren Belegschaft auseinanderzusetzen. Im Einzelnen heißt das:
Motivationslage verstehen. Ältere Beschäftigte setzen andere Prioritäten. Spielt in jüngeren Jahren die Vergütung eine wichtige Rolle, so stehen beispielsweise in Deutschland für die ab 62-Jährigen vor allem eine interessante Tätigkeit, Flexibilität und selbstständiges Arbeiten im Vordergrund. Darüber hinaus sind ältere Mitarbeitende loyaler. Laut der jüngsten Bain-Studie fühlen sich in Deutschland 77 Prozent der 55- bis 61-Jährigen und 88 Prozent der ab 62-Jährigen mit ihrem Unternehmen verbunden. Damit erzielen sie die höchsten Loyalitätswerte aller Altersgruppen.
Für systematische Weiterbildung sorgen. Gerade ältere Erwerbstätige benötigen oft gezielte Schulungen, um mit der modernen Arbeitswelt Schritt halten zu können. In der aktuellen Bain-Studie geben weltweit rund 20 Prozent der Beschäftigten zwischen 55 und 64 Jahren an, bessere Tech-Kenntnisse haben zu müssen. Für diese und andere Anforderungen sollten Unternehmen spezielle Trainingsprogramme entwickeln.
Stärken erkennen und Freiraum schaffen. Die 55plus-Generation verfügt über ein hohes Maß an beruflicher und persönlicher Kompetenz. Angesichts dessen sollten Unternehmen darauf achten, dass ihre älteren Beschäftigten mit den richtigen Aufgaben betraut sind und die Möglichkeit haben, Jüngere in ihrer beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Gelingt es, die über viele Jahre erworbenen Fähigkeiten zu nutzen, wirkt sich dies auch positiv auf die Kultur am Arbeitsplatz aus.
Unternehmen müssen rasch handeln
An einer längeren Lebensarbeitszeit wird kein Weg vorbeiführen. Vor diesem Hintergrund müssen alle Unternehmen jetzt rasch handeln. "Gebot der Stunde ist, die 55plus-Generation vollumfänglich in den Arbeitsprozess zu integrieren und ihre Kompetenz, ihr Know-how und ihre Erfahrung anzuerkennen", betont Bain-Deutschlandchef Sinn.
- 6 Tipps: So ziehen Teams Synergien aus dem "Generationenkonflikt"
Gen Z und Babybommer gelten nicht nur aufgrund des Altersunterschieds sowie der unterschiedlichen Jobansichten als konträr. Doch diese Polariät birgt keineswegs nur Konfliktstoff, sondern kann auch in eine erfolgreiche Zusammenarbeit umgemünzt werden. Welche Änsätze den Beschäftigten beider Generationen dabei helfen, erfahren Sie hier. - 1. Offene Kommunikation
Es ist wichtig, eine offene und respektvolle Kommunikation aufzubauen. Gen Z und Babyboomer sollten bereit sein, ihre Standpunkte auszutauschen, zuzuhören und voneinander zu lernen. Regelmäßige Meetings oder Diskussionen können helfen, Missverständnisse zu klären und ein besseres Verständnis füreinander zu entwickeln. - 2. Wertschätzung der Vielfalt
Beide Generationen sollten die Vielfalt der Perspektiven und Fähigkeiten schätzen, die sie in die Zusammenarbeit einbringen. Babyboomer können von den technischen Kenntnissen und dem frischen Denken der Gen Z profitieren, während die Gen Z von der Erfahrung und dem Wissen der Babyboomer lernen kann. - 3. Flexibilität bei Arbeitsstilen
Gen Z ist oft mit digitalen Tools und Technologien aufgewachsen und bevorzugt möglicherweise flexible Arbeitszeiten und Remote Work. Babyboomer sind in der Regel eher an traditionelle Arbeitsweisen und feste Arbeitszeiten gewöhnt. Es ist wichtig, Kompromisse einzugehen und flexible Arbeitsmodelle zu finden, die beiden Generationen gerecht werden. - 4. Mentoring und Reverse Mentoring
Babyboomer können ihre Erfahrungen und Fachkenntnisse an die Gen Z weitergeben, während Gen Z ihr technologisches Wissen und ihre frischen Perspektiven mit den Babyboomern teilen kann. Mentoring-Programme oder gegenseitige Mentoring-Beziehungen können den Wissenstransfer erleichtern und das Verständnis zwischen den Generationen stärken. - 5. Gemeinsame Ziele setzen
Gen Z und Babyboomer sollten gemeinsame Ziele und Ergebnisse definieren, auf die sie hinarbeiten können. Durch die Festlegung einer klaren Vision und das Identifizieren gemeinsamer Interessen können sie ihre Zusammenarbeit besser ausrichten und erfolgreiche Ergebnisse erzielen. - 6. Respekt und Empathie
Respekt und Empathie sind grundlegende Elemente einer erfolgreichen Zusammenarbeit. Es ist wichtig, die Unterschiede anzuerkennen und respektvoll miteinander umzugehen. Jede Generation hat ihre eigenen Stärken und Schwächen, und durch das Verständnis und die Wertschätzung dieser Unterschiede kann eine harmonische Zusammenarbeit erreicht werden.