Viele Arbeitgeber verlieren trotz des oft beklagten Fachkräftemangels Bewerberinnen und Bewerber, weil sie auf konventionelle Bewerbungsregeln beharren. Demnach verzichteten mehr als ein Drittel der Befragten einer aktuellen Untersuchung der Königsteiner Gruppe unter knapp über 1.000 Kandidaten schon einmal auf eine Bewerbung, weil ein Arbeitgeber in seinen Stellenanzeigen ein Anschreiben verlangte.
Eine weitere Hürde auf dem Weg zu neuen Mitarbeitenden ist das Bewerbungsfoto - immerhin bei mehr als einem Viertel der Bewerber. So verzichteten bereits 28 Prozent der Befragten auf eine Bewerbung, weil in Stellenanzeigen um ein Foto gebeten wurde. Hintergrund: In vielen Ländern ist das Bewerbungsfoto längst aus dem Anforderungskatalog für Bewerbungsmappen verbannt. In Deutschland ist es dagegen oft noch Usus, auch wenn die Kandidaten nicht verpflichtet sind, ein solches in ihre Unterlagen zu aufzunehmen.
"Auch wenn einige große Arbeitgeber das Anschreiben aus ihrem Bewerbungsprozess entfernt haben, gehört es vor allem im Mittelstand noch immer zum festen Repertoire", weiß Nils Wagener, Geschäftsführer der Königsteiner Gruppe. Das sei vor allem deshalb fragwürdig, weil es so gut wie nie zum Zusammenfinden zwischen Unternehmen und Bewerber beiträgt. Arbeitgeber, die derartige Bremsen abbauen, passen sich den Rahmenbedingungen des Fachkräftemangels an und dürften das an höheren Bewerbungseingängen merken, ist Wagener überzeugt.
Fehlende persönliche Kontaktdaten als Bewerbungskiller
Neben konventionellen Bewerbungsanforderungen wie dem Anschreiben oder einem Foto vergessen viele Arbeitgeber offenbar auch elementare Kontaktinformationen in ihren Stellenanzeigen. 27 Prozent der befragten Kandidaten verzichteten bereits deshalb auf eine Bewerbung, weil in den Ausschreibungen kein persönlicher Ansprechpartner genannt wurde.
Bei jungen Bewerbern zwischen 18 und 29 Jahren sind es vor allem digitale Bewerbungsmöglichkeiten, die in Online-Stellenanzeigen gesucht und oft eben nicht gefunden werden. So verzichteten 37 Prozent der befragten Berufsanfänger bereits auf den Versand ihrer Unterlagen, weil in einer Stellenanzeige ein direkter Link für eine Online-Bewerbung fehlte. Insgesamt war das für 32 Prozent aller Befragten ein Grund zum Verzicht.
Arbeitgeberleistungen genauso wichtig wie das Anforderungsprofil
"Eine Folge der demografischen Entwicklung ist, dass immer mehr Arbeitgeber um immer weniger Bewerber konkurrieren. Umso wichtiger ist es, dass suchende Unternehmen ihre Stellenanzeigen an den Wünschen der Bewerber orientieren", gibt Wagener zu bedenken. Denn sie sind es, die die Wahl haben und deshalb Ansprüche an die Mitarbeitersuche der Unternehmen, beginnend bei deren Stellenanzeigen, stellen.
- Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch ...
... muss man nicht wahrheitsgemäß beantworten. - Frage nach Vorstrafen
Die Frage ist unzulässig, außer die Vorstrafe ist von direkter Bedeutung für die Tätigkeit. - Frage nach dem Glauben
Auch hier darf man lügen. Ausnahme: Man bewirbt sich bei einem kirchlichen Arbeitgeber. - Frage nach Aids-Erkrankung
Fragen nach einer Aids-Infektion müssen dann beantwortet werden, wenn die Tätigkeit andere Menschen gefährden kann. Die Frage nach einer Aids-Erkrankung muss wahrheitsgemäß beantwortet werden. - Frage nach Parteizugehörigkeit
Auch hier muss nur geantwortet werden, wenn der Arbeitgeber ein Tendenzbetrieb ist, etwa eine Partei. - Frage nach Familienplanung
Auch die Frage nach der persönlichen Familienplanung ist unzulässig. - Frage nach Gewerkschaftszugehörigkeit
Hier gilt das gleiche wie bei der Konfession und der Parteizugehörigkeit. Wer sich nicht bei einem Tendenzbetrieb bewirbt, darf lügen. - Frage nach Lohnpfändungen und Vermögensverhältnissen
Diese Fragen sind unzulässig. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Bewerber sich auf eine Position mit umfangreichem Geldverkehr bewirbt. - Souverän antworten
Auf unzulässige Fragen lieber nicht "Das dürfen Sie nicht!" sagen. Besser gelassen und souverän reagieren, bei der Wahrheit muss man nicht bleiben. - Frage nach Schwangerschaft
So ist zum Beispiel die Frage nach einer Schwangerschaft unzulässig. Eine Ausnahme wäre es nur dann, wenn die Tätigkeit das Ungeborene schädigen könnte.
Interessant auch: Für 87 Prozent der Kandidaten sind Stellenanzeigen nach wie vor die primäre Quelle ihrer Jobsuche. Entsprechend intensiv befassen sie sich mit den Inhalten der Ausschreibungen. So geben 84 Prozent der Befragten an, dass sie beispielsweise das Anforderungsprofil aufmerksam durchlesen.
Stellenanzeigen bleiben wichtig
Zudem aber eben auch im Fokus der Bewerberaufmerksamkeit: die Arbeitgeberleistungen. 81 der Kandidaten studieren sie aufmerksam, wenn sie sich mit einer Stellenanzeige auseinandersetzen. Vollauf zufrieden sind sie derweil allerdings nicht mit den Inhalten, die die Arbeitgeber hinterlassen. So sind nur 21 Prozent vollauf mit der Beschreibung der Arbeitgeber-Benefits zufrieden zu sein. Die Anforderungsprofile finden nur bei 26 Prozent der Befragten ungeteilte Zustimmung.
Für die Studie "Stellenanzeigen 2023" befragt das Marktforschungsinstitut bilendi im Auftrag der Königsteiner Gruppe 1.026 Beschäftigte, die sich in den letzten 12 Monaten mindestens einmal bei einem Arbeitgeber beworben haben. Der Befragungszeitraum lag im Mai 2023. 51 Prozent der Befragten waren weiblich, 49 Prozent männlich. Das Durchschnittsalter betrug 39,8 Jahre. Den kompletten Studienband können Interessierte kostenfrei hier downloaden.
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