Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die deutsche Wirtschaft kurz vor der CeBIT zum Handeln in Sachen Digitalisierung aufgefordert: "Wer heute gute Maschinen, wer heute gute Autos herstellen kann, aber nicht in ausreichender Weise den Zugang zum Kunden bekommt, der wird morgen nicht mehr der Produzent oder der Hauptteil der Wertschöpfung sein", mahnte die Kanzlerin in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft im Netz wenige Tage vor Eröffnung der weltgrößten IT-Messe in Hannover.
- Diese Branchen wurden befragt
Zehn vertikale Märkte wurden untersucht. - Strategische Bedeutung
Dass die Digitalisierung zu einem wichtigen Thema wird, wissen die meisten Unternehmen inzwischen. - Investitionen werden eingeplant
Erstaunlich viele Betriebe legen kein Geld für die digitale Transformation zur Seite. - Strategische Steuerung
Entweder die Geschäftsführungen werden tätig oder es gibt Initiativen in den Fachbereichen. - Nachholbedarf beim Change Management
Das Change Management beschränkt sich meist auf einzelne Organisationsbereiche. - Papierdokumente noch im Einsatz
Fast 30 Prozent der Befragten wickeln ihre Geschäfts- und Produktionsprozesse zu mehr als 50 Prozent auf Papier ab. - Medienbrüche bleiben ein Thema
immerhin sagt fast ein Drittel, die Zeit der Medienbrüche sei vorbei. - Mobile Business im Kommen
Mobile Arbeitsprozesse sind in zwei von drei Unternehmen ein Thema. - Das Social Web bleibt Randthema
Im Kommunikationsmix der Unternehmen spielt das Social Web eine Rolle. Sonst weniger. - Digitale Geschäftsmodelle werden wichtiger
Knapp 23 Prozent geben Vollgas in Sachen digitale Geschäftsmodelle. - ITK-Branche mit Vorsprung
Die ITK-Branche ist bei der digitalen Transformation viel weiter fortgeschritten als etwa die Logistiker.
Merkel sprach von einem Wettlauf zwischen denen, die die Software-Applikationen anbieten, den großen Internetunternehmen und denen, die heute die World-Champions in der Herstellung bestimmter konkreter Produkte seien, in der Medizintechnik oder im Maschinenbau oder in anderen Industriebereichen. "Und deshalb müssen wir uns sputen und müssen die Voraussetzungen schaffen." Merkel sieht die Herausforderungen, die auf die deutsche Wirtschaft zurollen, nicht ganz so pessimistisch. "Dass man sagt, wir sind zu spät gekommen, das würde ich nicht sagen. Aber die Zeit drängt."
Defizite in der Datenauswertung
Die Bundeskanzlerin betonte, wie wichtig es sei, dass das Thema Big Data weit oben auf der Tagesordnung stehe, "denn das sind die Rohstoffe des 21. Jahrhunderts: die Daten." Merkel warnte im gleichen Atemzug allerdings auch, dass es an dieser Stelle duchaus auch noch Defizite gebe. Hierzulande tue man sich an manchen Stellen noch schwerer als andere Länder, diese Daten auszuwerten. "Deutschland muss hier aufholen." Sie verwies an dieser Stelle auf die Digitale Agenda, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht habe, sowie zahlreiche Förderprogramme.
- Big Data 2015
Zur Praxis von Big Data hat der US-Marktforscher Gartner 437 Teilnehmer seines eigenen Panels ("Gartner Research Circle") befragt. Die Ergebnisse dokumentiert das Papier "Practical challenges mount as Big Data moves to mainstream". - Adaption
Hatten 2012 noch 58 Prozent der Teilnehmer von bereits getätigten oder geplanten Investitionen gesprochen, sind es jetzt 76 Prozent. Gartner bezeichnet das als "Adaptionswelle". - Initiatoren
Gartner wollte auch wissen, wer Big Data-Initiativen anstößt. Hier zeigt sich eine deutliche Verschiebung zuungunsten der IT-Entscheider. - Ziele
In den vergangenen Jahren hat sich herauskristallisiert, welche Ziele die Unternehmen mit Big Data verbinden. An oberster Stelle steht die Kundenerfahrung (Customer Experience). Das war auch 2013 der Spitzenreiter, allerdings mit 55 Prozent der Nennungen. - Messung des ROI
24 Prozent derer, die bereits in Big Data-Lösungen investieren, messen den ROI (Return on Investment) nicht. Die anderen orientieren sich entweder an finanziellen Kennzahlen, an der Steigerung der Effizienz oder besserer Entscheidungsfindung.
Die Vorwürfe zahlreicher Experten, deutsche Unternehmen würden in Sachen Automatisierung hinterherhinken und zu wenig Innovationsbereitschaft zeigen, will die Kanzlerin nicht gelten lassen. "Das, was uns die Expertenkommission sagt, mag für Teile des Mittelstandes stimmen, für andere Teile stimmt es nicht", sagte Merkel. "Ich glaube, dadurch, dass wir in Deutschland eine sehr starke industrielle Basis haben, können wir unser Know-how jetzt auch immer noch mit der Digitalen Agenda, also mit der Datenverarbeitung gut zusammenbringen." Der Prozess habe auch sehr an Dynamik gewonnen.
Regierung will Cyberstrategie überarbeiten
Gleichzeitig rief die Kanzlerin die Wirtschaft auf, die Datensicherheit im Blick zu haben. "Wir müssen alle für Datensicherheit sorgen; die Regierung muss das tun, aber die Unternehmen selbst müssen auch wachsam sein. Deshalb brauchen wir hier auch das Thema Datensicherheit in der Wirtschaft in ganz besonderer Weise." Dies sei aber auch ein internationales Thema, sagte Merkel: "Es reicht nicht, nur in Deutschland zu arbeiten. Wir werden als Regierung zwar unsere Cyberstrategie überarbeiten, aber wir müssen auch europäisch vernetzt sein."