Mit Datenanalysen zu besseren Geschäften

Analytics und Predictive Analytics im Mittelstand

08.11.2016
Von 


Jochen Wießler verfügt über langjährige Management-Erfahrung im direkten und indirekten Vertrieb von Softwarelösungen sowie im Bereich Technologie- und Produkt-Marketing.

Aktuell ist er Regional President DACH & Eastern Europe bei Unit4. Wießler war schon von 2017 bis 2020 bei Unit4 als Global Head of Professional Services Industries und Managing Director DACH für den deutschsprachigen Raum zuständig. Nach einem Wechsel zu Oracle als Vice President ERP, SCM und EPM kehrte er 2021 zu Unit4 zurück, um die Erfolgsgeschichte fortzusetzen und den Mehrwert für die Kunden in der Region weiter zu steigern. Seine vorherigen Stationen im ERP-Segment waren ab 2007 bei Microsoft Deutschland im Bereich Dynamics ERP and Dynamics CRM und ab 2012 bei SAP Deutschland als Head of General Business (Midmarket & Partner) für Small & Medium Enterprises (SME) und das Partner Ecossystem.
Wenn Entscheidungen anstehen, verlassen sich viele Manager immer noch auf die berühmte Glaskugel oder ihr Bauchgefühl. Doch in einer zunehmend datenorientierten, „digitalen“ Geschäftswelt reicht das nicht. Gefordert sind valide Analysen und Prognosen. Mittelständische Unternehmen können von Tools profitieren, die auf Basis von Datenanalysen Handlungsempfehlungen geben.

So mancher Vertriebsexperte, Geschäftsführer und Marketing-Fachmann vertraut immer noch auf sein "Gefühl", wenn es um Entscheidungen geht. Das gilt vor allem für Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen, die sich noch nicht intensiv mit Themen wie Big Data und Predictive Analytics beschäftigt haben. Der Blick in die "Glaskugel" mag in Zeiten ausgereicht haben, in denen Unternehmen noch nicht im selben Maße vernetzt waren wie heute. Heute beeinflussen jedoch viele Faktoren den Geschäftserfolg eines Mittelständlers.

Das belegt eine aktuelle Studie von KfW Research. Demnach hängt mehr als die Hälfte des Umsatzes von mittelständischen Fertigungsunternehmen in Deutschland mit bis zu 500 Mitarbeitern von Exporten in andere Länder ab. Gleichzeitig importieren etwa zwei Drittel der Mittelständler Rohstoffe, Waren und Services aus dem Ausland. Das heißt, die Wertschöpfungskette wird immer komplexer.

Wer vor diesem Hintergrund neue Marktsegmente erschließen und die Lieferkette optimieren will, benötigt mehr als "Bauchgefühl": aussagekräftige Berichte, verlässliche Informationen über Trends und valide Handlungsempfehlungen. Das Rohmaterial dafür ist vorhanden: Daten aller Art, etwa Marktanalysen, Rückmeldungen von Kunden über Social-Media-Kanäle oder Informationen aus der Fertigung, der Vertriebsabteilung und dem Kunden-Support.

Künftig kommen weitere Datenquellen hinzu, Stichwort Internet der Dinge (Internet of Things, IoT): Kraftfahrzeuge übermitteln Daten an Werkstätten und Autoversicherungen, die wiederum ihren Kunden passgenaue Serviceleistungen und Versicherungstarife anbieten können. Beleuchtungssysteme, Maschinen und Bürogeräte erfassen den Stromverbrauch und geben die Daten an ein Smart-Metering-System weiter. Der Nutzer sieht so auf einen Blick, welche "Stromfresser" in seinem Unternehmen vorhanden sind und welche Stromtarife für ihn am günstigsten sind.

Reports: Was in der Vergangenheit passiert ist

Bislang ist es gängige Praxis, wirtschaftliche Kennzahlen, Produktionsdaten und Absatzzahlen "nur" in Berichten zusammenzufassen. Das heißt nicht, dass Reports unwichtig sind. Nur sollten sich die Nutzer über deren begrenzte Aussagekraft im Klaren sein. Der Grund: Ein Bericht ist gewissermaßen ein Blick in die Vergangenheit. Er zeigt auf, was passiert ist.

Manager und Fachleute wollen heute jedoch wissen, warum bestimmte Ereignisse auftreten. Etwa weshalb Maschine A häufiger gewartet werden muss als Maschine B, oder warum eine Kundengruppe plötzlich keinen Gefallen mehr an einem bestimmten Produkt findet. Eine solche Ursachenforschung setzt eine tiefergehende Analyse von Daten voraus. Ein Ansatz sind deskriptive Analysen. Sie basieren auf der Auswertung historischer Informationen und stellen den Bezug zwischen unterschiedlichen Informationen her, geben Aufschluss über Zusammenhänge und machen wiederkehrende Muster transparent. Mithilfe dieser Erkenntnisse können Unternehmen Geschäftsprozesse optimieren und Fehlerquellen identifizieren.

Blick in die Zukunft: Predictive und Prescriptive Analytics

So weit, so gut. Doch heute müssen sich Unternehmen möglichst schnell auf neue Trends einstellen - oder im Idealfall neue Entwicklungen voraussehen. Muss also doch eine Glaskugel her? Nicht wenn Techniken wie Predictive Analytics und Predictive Business Intelligence eingesetzt werden. Diese Ansätze nutzen historische Daten, Ergebnisse deskriptiver Analysen sowie Informationen über Trends und erstellen daraus Prognosen. Nutzer erhalten somit eine Antwort auf die Frage, was künftig passieren könnte.

Laut einer Untersuchung des Beratungshauses KPMG und des Digitalverbands Bitkom nutzt derzeit ein Drittel der deutschen Unternehmen Predictive-Analysis-Werkzeuge. Die Mehrzahl setzt noch auf deskriptive Analysen. Rund 12 Prozent der Befragten verwenden bereits die nächste Stufe der Analysetechnik: Prescriptive Analytics. Sie basiert auf hoch komplexen Analysen, die Handlungsempfehlungen für Entscheider als Ergebnis haben. Die Grundlage solcher präskriptiver Untersuchungsverfahren bilden Simulationsmodelle, die auf Daten aus internen und externen Quellen beruhen. Die Resultate geben Unternehmen Hinweise, welche Handlungsalternativen ihnen zur Verfügung stehen und wie deren Erfolgsaussichten einzuschätzen sind.

Maschinen sprechen lassen

Doch wie lassen sich fortgeschrittene Analyseverfahren in der Praxis nutzen? Ein Beispiel ist der Bereich "Predictive Maintenance". Das Ziel ist, die Wartung von Maschinen zu vereinfachen, Ausfallzeiten zu minimieren und die Service-Intervalle zu optimieren. Somit ist die vorausschauende Wartung vor allem für mittelständische Unternehmen ein hoch interessantes Thema. Denn in Deutschland ist ein Großteil der Fertigungsunternehmen dieser Gruppe zuzurechnen.

Daten von Sensoren, die an den Bearbeitungszentren platziert sind, werden mit weiteren Informationen kombiniert. Das sind beispielsweise Daten über die bearbeiteten Werkstücke, den Verschleißgrad der verwendeten Werkzeuge und weitere Parameter. Auf diese Weise lässt sich proaktiv ermitteln, wann ein Servicetermin ansteht und welche Ersatzteile dabei benötigt werden.

Unternehmen können dadurch den Einsatz von Wartungs-Teams besser planen. Außerdem lässt sich der Bestand an Ersatzteilen, die im Lager vorgehalten werden, auf ein Minimum reduzieren. Hersteller von Maschinen wiederum haben die Möglichkeit, die erfassten Maschinendaten auszuwerten und ihre Produkte zu optimieren.