AWS

Amazon Web Services im Porträt

26.09.2017
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

AWS-Kunden: Vom Startup bis zum Großkonzern

Vom Image, vorzugsweise Startup-Unternehmen zu bedienen, die sich kein eigenes Rechenzentrum leisten können, hat sich AWS längst befreit. Das gilt auch für Deutschland. Zwar zählen junge Unternehmen wie Zalando und der Musikservice Soundcloud zu den Kunden. Allerdings finden sich auf der Kundenliste auch arrivierte Firmen wie der Streaming-Dienst Netflix, Adobe, Bayer, Philips, die Software AG, Siemens, dessen Konkurrent GE sowie der Online-Versender Zalando.

Diese Basis von renommierten Kunden dürfte AWS als Türöffner nutzen, um weitere Unternehmen für seine Cloud-Services zu gewinnen. Auf dem AWS Summit 2015 in Berlin forcierte das Unternehmen außerdem den Einsatz der Amazon-Cloud in Behörden und öffentlichen Einrichtungen. In Deutschland setzen unter anderem die Universität Heidelberg und das Städel Museum in Frankfurt AWS-Services ein. Auch die Berliner Philharmoniker zählen zu den Kunden von Amazon. Das Orchester hat seinen Bestand an Videos in die AWS-Cloud verlagert. Von dort aus werden Mitschnitte der Konzerte in HD-Qualität Interessenten zur Verfügung gestellt.

Nachholbedarf in Sachen Partnerlandschaft

Nachholbedarf hat AWS nach wie vor im Bereich Partnernetzwerk. So stellt ISG in seinem Cloud Navigator 2017 fest: "Das Partner- und Channel-System ist noch im Aufbau und muss weiter vorangetrieben werden." Dieser Punkt spielt gerade in Deutschland eine große Rolle, dessen Wirtschaft vor allem von mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Diese benötigen Hilfestellung, wenn sie "Workloads" in eine Cloud-Umgebung verlagern möchten oder eine Hybrid-Cloud-Umgebung aufbauen wollen.

AWS verfügt derzeit über eine überschaubare, aber erlesene Anzahl von Partnerschaften. Auf der Liste der Consulting-Partner finden sich Unternehmen wie Arvato, Acentix, die Beck et al. Services GmbH, Claranet, die Direktgruppe und ITM. Noch ausbaufähig ist jedoch die Kooperation mit Systemhäusern. Immerhin zählen Unternehmen wie die Cloud AG zur Riege der AWS-Partner, mittlerweile auch einige Schwergewichte wie etwa Cancom.

Dies mag damit zusammenhängen, dass ein Gutteil der AWS-Dienste im Rahmen eines "Self-Service-Modells" bereitsteht und von Nutzern eigenständig implementiert wird. Hinzu kommt, dass die Einbindung von Cloud-Services in eine IT-Infrastruktur tiefgreifende Änderungen nach sich ziehen kann, vom Umbau der IT-Umgebung bis hin zur Anpassung von Geschäftsprozessen. Dies erfordert ein profundes Wissen, nicht nur beim Anwender, sondern auch beim Berater und dem Systemhaus. Über dieses Know-how dürften selbst viele Systemhäuser noch nicht verfügen. Allerdings ändert sich das derzeit. So ist beispielsweise Bechtle dabei, seine Palette von Public-Cloud-Diensten zu erweitern. Das Systemhaus bietet, ebenso wie Cancom, Cloud-Dienste von Microsoft und AWS an und unterstützt Unternehmen dabei, ihre IT-Infrastruktur an diese Cloud-Plattformen anzukoppeln.

AWS und Accenture: Hilfe aus der Consulting-Branche

Außerdem setzt AWS auf Consulting-Unternehmen wie Accenture. Im Herbst 2015 gründeten AWS und Accenture die Accenture AWS Business Group. Das Gemeinschaftsunternehmen hat drei Kernaufgaben:

· Unterstützung von Unternehmen bei der Transformation von Applikationen und IT-Umgebungen mit dem Ziel, Cloud-Dienste von AWS nutzbringend einzusetzen,

· die Ergänzung von Accentures Big-Data-und Analytics-Plattform Insights um entsprechende Cloud-Services von Amazon,

· die Entwicklung neuer Cloud-Dienste in vielversprechenden Marktsegmenten wie dem Internet der Dinge (Internet of Things) und bei IT-Sicherheitsservices.

Die Accenture AWS Business Group spricht zumindest derzeit in erster Linie Großunternehmen an. Zu den Schwerpunkten des Angebots zählen Services für das Internet der Dinge (IoT), die Portierung von Anwendungen auf AWS sowie Big-Data- und Analytics-Dienste auf Basis der Amazon-Cloud.

AWS-Zukunft: SaaS-Angebote erweitern den Cloud-Stack

Der Markt der Cloud-Dienste in den Bereichen Infrastructure as a Service und Platform as a Service ist noch lange nicht ausgeschöpft. Dennoch ist AWS dabei, weitere Bereiche des "Cloud Stack" zu erschließen, sprich das SaaS-Segment. Dort sind Anbieter wie Microsoft, Oracle, SAP und Salesforce.com stärker vertreten als AWS. Doch dies ändert sich. Ein Beispiel ist Amazon WorkMail, ein E-Mail- und Kalender-Service, der ähnliche Funktionen aufweist wie Microsofts Cloud-Versionen von Exchange und Office (Office 365). Es ist offenkundig, dass Amazon Web Services damit eine Alternative zu Microsoft bieten möchte.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Amazon Web Services in neue Bereiche vorstößt, ist Amazon Workspaces. Dieser Dienst stellt komplette IT-Arbeitsplätze über die Cloud bereit. Mithilfe des Amazon Workspaces Application Manager (WAM) haben Nutzer die Möglichkeit, einen Workspace mit Applikationen zu bestücken. Das können Anwendungen aus dem Amazon Marketplace sein, aber auch eigene Programmpakete. Mit diesem Service bietet AWS eine Alternative zu technisch aufwändigen VDI-Implementierungen (Virtual Desktop Infrastructure). Nach Angaben von ISG hat AWS durchaus das Zeug dazu, sich in diesem Marktsegment zum Marktführer zu entwickeln.

Hand in Hand mit VMware

Zu den interessantesten Lösungen, die AWS 2017 zusammen mit VMware vorstellte, zählt VMware Cloud on AWS. Der Dienst ist seit Ende August in den USA verfügbar; 2018 kommen weitere AWS-Zonen hinzu, auch Deutschland.

VMware Cloud on AWS ermöglicht es Unternehmen, ihre VMware-Umgebung "as a Service" aus der Amazon-Cloud zu beziehen. Das gilt für gesamten Data-Center-Stack, also vSphere, NSX (Netzwerkvirtualisierung), vSAN (Storage-Virtualisierung) und die dazu passenden Management-Tools wie vCenter Management. Hinzu kommt vMotion. Mit dieser Software lassen sich Virtual Machines zwischen dem Unternehmensrechenzentrum und der Cloud hin und her schieben.

Mit VMware Cloud on AWS können Unternehmen eine komplette VMware-Rechenzentrumsumgebung aus der Amazon-Cloud beziehen.
Mit VMware Cloud on AWS können Unternehmen eine komplette VMware-Rechenzentrumsumgebung aus der Amazon-Cloud beziehen.
Foto: VMware / AWS

Mit VMware Cloud on AWS steht Nutzern somit eine ähnliche Lösung wie Azure Stack von Microsoft bereit. Mit beiden können Unternehmen eine hybride Cloud-Umgebung einrichten. "Kunden können problemlos Anwendungen zwischen ihren lokalen Umgebungen und AWS verschieben, ohne dass sie neue Hardware erwerben oder den IT-Betrieb ändern müssen", wirbt denn auch Pat Gelsinger, der CEO von VMware.