Jeff Bezos macht Milliarden

Amazon profitiert von Coronakrise

16.04.2020
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Die Geschäfte bei Amazon brummen. Gründer und Chef Jeff Bezos ist seit Jahresbeginn um 24 Milliarden Dollar reicher geworden. Doch in der Belegschaft gärt es.

Die globale Coronakrise kann dem reichs­ten Menschen der Welt wenig anhaben. Im Gegenteil: Das Vermögen von Amazon-Gründer und -Chef Jeff Bezos wächst rasant. Laut dem Bloomberg Billionaires Index ist der 56-jährige Manager seit Jahresbeginn um 24 Milliarden Dollar reicher geworden. Sein Gesamtvermögen wird auf 138,5 Milliarden Dollar taxiert. Grund für den Geldsegen ist in erster Linie der steigende Kurs der Amazon-Aktie. Der Wert des Papiers kletterte allein von Mitte März bis Mitte April um mehr als ein Viertel und erreichte mit über 2280 Dollar je Aktie ein neues Allzeithoch. Bezos hält rund zwölf Prozent der Anteile am weltgrößten Online-Versandhändler.

Amazon-Gründer Jeff Bezos hat trotz Coronakrise derzeit gut Lachen. Sein Vermögen ist seit Jahresbeginn um 24 Milliarden Dollar gewachsen.
Amazon-Gründer Jeff Bezos hat trotz Coronakrise derzeit gut Lachen. Sein Vermögen ist seit Jahresbeginn um 24 Milliarden Dollar gewachsen.
Foto: lev radin - shutterstock.com

Der Lieferdienst ist aktuell sehr gefragt, da in vielen Ländern der Geschäftsbetrieb bis auf den Lebensmittelhandel, Apotheken und einzelne als systemkritisch eingestufte Branchen praktisch stillgelegt ist. Der US-amerikanische Online-Händler tat sich in den vergangenen Wochen schwer, mit dem Ansturm der Kunden zurechtzukommen. Amazon priorisert die Lieferung von Waren des täglichen Gebrauchs, weshalb andere Produkte erst einmal in den ­Lagern blieben.

Um der explodierenden Nachfrage gerecht zu werden, sucht der Konzern händeringend Mitarbeiter. Vor rund einem Monat hatte Amazon bereits angekündigt, in den USA 100.000 neue Mitarbeiter einstellen zu wollen. Die Bezos-Company sprach vor allem Menschen an, die kurzfristig in anderen Bereichen wie der Touris­tikbranchen beziehungsweise der Gastronomie ihren Job verloren hatten. Die Zahl der Arbeits­losen in den USA war im März binnen weniger Tage um Millionen in die Höhe geschnellt. Mitte April legte Amazon noch einmal nach und kündigte an, zusätzlich weitere 75.000 neue Mitarbeiter zu suchen.

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Doch gerade, was den Umgang mit den eigenen Beschäftigten angeht, musste Amazon zuletzt Kritik einstecken: Der Konzern schütze seine Mitarbeiter nicht ausreichend, so der Vorwurf. Für Schlagzeilen sorgten auch Entlassungen in New York. Emily Cunningham, die als User Experience Designerin bei Amazon arbeitete, hatte die Arbeitsbedingungen in den Warenlagern öffentlich kritisiert. Mitarbeiter seien dort nicht ausreichend vor dem Coronavirus geschützt. Das Amazon-Management warf Cunningham vor, interne Vorgaben verletzt zu haben, und setzte sie schließlich auf die Straße, berichtete die „Washington Post“ – pikante Nebennote: die Zeitung gehört Amazon-Chef Bezos.

Amazon setzt Kritiker auf die Straße

Zuvor hatte ein anderer Mitarbeiter in einem Fulfillment Center in Staten Island den Gesund­heitsschutz angeprangert und einen Protestmarsch organisiert, nachdem ein Mitarbeiter positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden war. Auch diesem Rädeslführer kündigte Amazon mit der Begründung, interne Richtlinien missachtet zu haben.

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Die New Yorker Generalstaats­anwältin Letitia James bezeichnete dieses Vorgehen als "unmoralisch und unmenschlich". Bürgermeister Bill de Blasio ordnete eine Untersuchung an. Amazon behauptet unterdessen, der Mitarbeiter habe mit seiner Aktion andere gefährdet. Außerdem habe man in der Niederlassung hinlänglich Maßnahmen getroffen, um die Gesundheit der beschäftigten Mitarbeiter zu schützen. Darüber hinaus gebe es dort nun zusätzliche Leistungen wie eine Lohnfortzahlung bei krankheitsbedingten Abwesenheiten.

Amazon-Betrieb in Frankreich steht still

Derweil eskaliert die Situation in Europa. Ein Gericht im französischen Nanterre ordnete an, dass sich Amazon auf die Auslieferung wichtiger Produkte wie Medizin- und Hygiene-Artikel zu beschränken habe. Die Begründung: Der Online-Händler habe seine Verpflichtungen zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Angestellten in seinen Logistikzentren nicht ausreichend erfüllt. Amazon müsse nun in allen Lagern eine Risikobewertung durchführen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.

Die Amazon-Verantwortlichen zogen indes die Reißleine und setzten den Betrieb in den französischen Logistikzentren komplett aus. Wie lange der Stillstand dauern soll, ist nicht bekannt. "Diese Woche werden wir die Mitarbeiter unserer Verteilzentren bitten, zuhause zu bleiben", hieß es. Über das Urteil der französischen Richter äußerte sich das Management erstaunt. Man habe bereits viel in die Sicherheit der eigenen Belegschaft investiert, rechtfertigte sich Amazon. Das Urteil selbst will der Konzern anfechten und in Berufung gehen.