Jedes Jahr befragen die Berliner Marktforscher des Trendence Instituts 55.000 Studenten und Absolventen zu zu ihren Vorstellungen von Arbeit und Karriere. Und jedes Jahr rechnen vor allem die Informatiker mit einem höheren Einstiegsgehalt. Die 6.500 befragten IT-Studenten nennen aktuell ein Jahresbruttogehalt von 48.700 Euro als Wunscheinkommen zum Berufsstart, 800 Euro mehr als im Vorjahr. Ähnlich hohe Erwartungen bringen nur noch Ingenieure mit.
Die Einkommensvorstellungen der Informatiker und Ingenieure sind auch deshalb stattlich, weil sie seit Jahren zu den begehrtesten Fachkräften gehören. Nach wie vor verlassen zu wenige Informatiker mit Abschluss die Hochschulen, da die Abbrecherquote in diesen Studiengängen konstant hoch ist. Ein Informatikstudium schließen nur 60 Prozent der Studienanfänger ab. Infolgedessen ist der Pool geeigneter Nachwuchskräfte grundsätzlich klein.
Jeder vierte Informatiker hat vor Abschluss des Studiums eine Jobzusage
Natürlich wissen die Absolventen um ihren Wert. Viele finden nicht nur ohne große Anstrengung einen Job, sie haben sogar die freie Wahl zwischen mehreren lukrativen Angeboten. Trendence-Geschäftsführer Robindro Ullah bestätigt diesen Trend anhand des hauseigenen "Absolventenbarometers": "Seit 2016 steigt die Zahl der IT-Studenten, die vor Abschluss des Studiums bereits einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben, deutlich an. Bis 2015 war es jeder siebte Informatiker, heute hat jeder vierte Informatiker die Zusage für einen Job."
Arbeitgeber sollten demnach schon in den ersten Semestern oder sogar in der Schulzeit Kontakte zu Talenten aufbauen und pflegen. Allerdings ist das noch kein Erfolgsgarant. Verbindlichkeit und Loyalität sind Werte, die unter Berufseinsteigern keinen so hohen Stellenwert mehr haben. Mancher Kandidat hält es nicht mehr für nötig, vereinbarte Vorstellungsgespräche abzusagen, sobald er ein anderes Angebot in der Tasche hat.
IT-Berater verdienen am besten
Ein Abgleich mit den tatsächlich bezahlten Einstiegsgehältern zeigt jedoch, dass die IT-Absolventen nur in einigen wenigen Bereichen ihre Vorstellungen werden realisieren können. So kam Gehalt.de nach der Analyse von über 13.000 Gehaltsdaten zu dem Ergebnis, dass Bachelorabsolventen in ihren ersten drei Berufsjahren im Schnitt 43.000 Euro im Jahr verdienen, mit einem Master-Abschluss sind es 3.000 Euro im Jahr mehr.
Nur eine Position in der IT-Beratung, IT-Analyse oder IT-Konzeption verspricht in den ersten Jahren bereits ein Jahresgehalt von knapp 50.000 Euro. Dicht dahinter folgen die Vertriebsingenieure mit einem jährlichen Bruttojahreseinkommen von 48.900 Euro. In kreativen Bereichen bleiben Talente auch nach mehreren Jahren Berufserfahrung von solchen Summen weit entfernt: Webdesigner kommen im Schnitt auf 37.000 Euro im Jahr. ( Hier gehts zum großen Gehaltsvergleich)
Keine Kompromisse, wenn's um Geld geht
"Ein faires Gehalt" bleibt für 97 Prozent der befragten IT-Studenten der wichtigste Punkt bei der Arbeitgeberwahl. 47 Prozent der Informatiker würden auch ein attraktives Arbeitsangebot ablehnen, wenn das Gehalt zu niedrig bemessen ist. Nur Mobbing ist ein größeres No-Go. Unbezahlte Überstunden sind für ein Viertel der Befragten nicht akzeptabel. Dazu passt, dass die Bereitschaft, auch mehr als 40 Stunden in der Woche zu arbeiten, unter den IT-Studenten und IT-Absolventen von Jahr zu Jahr sinkt.
Die sogenannte Generation Z, sprich: die nach 1995 Geborenen, will Berufs- und Privatleben klar getrennt wissen, hat der Saarbrücker Wirtschaftswissenschaftler Professor Christian Scholz schon vor Jahren festgestellt. "Funktionierte Work-Life-Blending für die Generation Y noch bestens, versagt es bei der Generation Z. Ganz wichtig ist nun ein klarer Dienstschluss, spätestens um 17 Uhr soll die Freizeit beginnen. Die Generation Z will ihr Privatleben." Im Absolventenbarometer von Trendence würden sich immerhin 52 Prozent der ITler für die Freizeit entscheiden, wenn sie zwischen Geld und Freizeit wählen müssten.
Arbeit muss Spaß machen und sinnvoll sein
Ungeachtet ihrer hohen Erwartungen an Vergütung und Freizeit, messen die meisten jungen Informatiker beruflichen Erfolg an anderen Kriterien. Sie erwarten Spaß im Job und erheben den Anspruch, mit ihrer Arbeit etwas Sinnvolles zu schaffen. Nahezu alle Befragten stellen sich attraktive Arbeitsaufgaben vor, die ihnen auch die Chance bieten, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Ein guter Führungsstil im Unternehmen ist ihnen genauso wichtig wie die Wertschätzung der Mitarbeiter. Letzter Punkt ist für weibliche Informatiker noch relevanter bei der Entscheidung für einen Arbeitgeber als für ihre männlichen Kollegen. Weiterbildungsmöglichkeiten muss der Wunscharbeitgeber ebenso anbieten wie gute Karriereperspektiven. Kollegialität und eine gute Work-Life-Balance sind weitere Punkte auf der Liste der Ansprüche, die ein ideales Arbeitsumfeld zu erfüllen hat.
Informatiker sind liberaler als andere
Die Marktforscher von Trendence haben in diesem Jahr auch untersucht, welche Eigenschaften und Einstellungen die Bewerber von heute auszeichnen. Sie sollten sich zum Beispiel entscheiden, ob sie sich eher als liberal oder als konservativ einschätzen. Es zeigt sich, dass Informatiker im Vergleich etwa zu Wirtschaftswissenschaftlern, Ingenieuren oder Naturwissenschaftlern viel liberaler denken. Sie sind die Freigeister unter den Studenten.
Drei von vier Informatikstudenten bezeichnen sich als freiheitlich orientiert, ihnen ist Wandel deutlich sympathischer als Beständigkeit (59 Prozent). Sollen sich junge IT-Studenten zwischen den Werten Sicherheit und Freiheit entscheiden, fällt das Ergebnis etwa unentschieden aus (51 versus 49 Prozent). Ihre Kommilitonen aus anderen Fächern tendieren eindeutig zur Sicherheit.
Die Traumarbeitgeber der Informatiker
- Wo der IT-Nachwuchs am liebsten arbeiten will
Über 6500 Informatikstudenten und IT-Absolventen haben die Marktforscher des Trendence Instituts zu ihren Wunscharbeitgebern befragt. - 1. Platz: Google
Seit elf Jahren ist Google der beliebteste Arbeitgeber. - 2. Platz: Microsoft
Microsoft-Personalchef Markus Köhler kann sich freuen: Platz zwei in diesem Jahr. - 3. Platz: Apple
Die Beliebtheit von iPhone und Co färbt auf die Attraktivität als Arbeitgeber ab. - 4. Platz: SAP
Als erstes deutsches Unternehmen kann sich Softwarehersteller SAP auf Platz 4 behaupten. - 5. Platz: BMW
BMW hat wie andere deutsche Autobauer im Zuge des Dieselskandals in den Augen des IT-Nachwuchs etwas an Beliebtheit verloren. - 6. Platz: Daimler
Daimler ist der einzige Autobauer, der in der Gunst der Informatiker steigt. Auch dank ideenreicher Recruiting-Maßnahmen wie weltweiten Hackathons. - 7. Platz: Amazon
Amazon gehört für Informatiker schon lange zu den Top-Ten-Arbeitgebern. - 8. Audi
Auch Audi verlor im Vergleich zum Vorjahr einen Platz im Ranking. - 9. Blizzard
Spielehersteler wie Blizzard rangieren bei Informatikern ganz oben, auch wenn sie nicht so viele Jobs zu vergeben haben. - 10. Bosch
Der Stuttgarter Weltkonzern braucht künftig tausende von Informatikern. - 11. Siemens
Bis 2007 führte Siemens das Absolventenbarometer an, diese Zeiten sind aber vorbei. - 12. IBM
IBM war einst unter den Top-5-Arbeitgebern für Informatiker. - 13. Porsche
Porsche belegt wie im Vorjahr Platz 13. - 14. BND
Der Bundesnachrichtendienst ist auf vielen Recruiting-Messen präsent und hat sich im Ranking verbessert. - 15. Fraunhofer
Forschung in den Fraunhofer-Instituten ist für viele Informatiker attraktiv. - 17. Nvidia
Jensen Huang ist CEO und Gründer des Grafikkarten- und AI-Spezialisten Nvidia. - 18. Airbus
Airbus beschäftigt allein in Deutschland an 27 Standorten mehr als 46.000 Mitarbeiter und damit knapp die Hälfte aller Beschäftigten in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie. - 19. Volkswagen
In der IT sucht VW vorrangig Software-Entwickler sowie UX Designer, Data Scientists, Software- und Cloud-Architekten sowie Cyber-Security- und Machine-Learning-Experten. - 20. DLR
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt vereint vielfältige Berufsbilder: Von der Atmosphärenforschung bis zur Luft- und Raumfahrtmedizin, von Adaptronik, Mechatronik und Robotik bis zur Planetenforschung, von der Antriebstechnik bis zur Materialphysik im Weltraum. - 21. Capgemini
Capgemini belegte im Vorjahr noch Platz 37 und gilt dieses Jahr als einer der größten Aufsteiger in der Gunst des IT-Nachwuchses.