Recycling kommt nur schleppend in Gang

Alte Smartphones sind eine Goldgrube

28.06.2023
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
In nicht mehr genutzten Mobiltelefonen schlummern wahre Schätze. Die wollen Mobilfunkanbieter nun heben. Bis ein funktionierendes Recycling-System steht, dürften allerdings noch Jahre vergehen.
Handy-Müll? In diesen Geräten liegen weltweit viele Tonnen Gold und andere Edelmetalle im Wert von etlichen Milliarden Dollar.
Handy-Müll? In diesen Geräten liegen weltweit viele Tonnen Gold und andere Edelmetalle im Wert von etlichen Milliarden Dollar.
Foto: vladdon - shutterstock.com

Nach einer Schätzung der GSM Association, einer Industrievereinigung der Mobilfunkanbieter, liegen weltweit rund fünf Milliarden Mobiltelefone ungenutzt herum. Die damit verbundene Ressourcenverschwendung ist gigantisch. Der Wert der in diesen Geräten schlummernden Rohstoffe wie Gold, Silber, Kupfer, Palladium, seltene Erden und andere Materialien schätzen Experten auf rund acht Milliarden Dollar. Allein das Cobalt, das aus den Handys recycelt werden könnte, würde für die Batterien von etwa zehn Millionen Elektro-Autos ausreichen.

Doch genau daran hapert es. Bislang fehlen funktionierende Recycling-Systeme. Die meisten Altgeräte landen nach wie vor auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen. Das wollen 12 Mobilfunkanbieter unter der Führung von Tele2 und Orange ändern. Ihr Ziel: Elektromüll vermeiden, die Lebensdauer mobiler Endgeräte verlängern und mehr recycelte Materialien in neuen Smartphones verwenden.

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Die konkret formulierten Ziele klingen allerdings wenig ambitioniert. Erst bis 2030 soll der Anteil eingesammelter Alt-Handys gerade einmal einen Anteil von 20 Prozent an den verkauften Neugeräten erreichen. Diese über Rücknahmesysteme gesammelten Mobilgeräte sollen dann repariert, wiederverwendet oder an kontrollierte Recycling-Unternehmen übergeben werden, hieß es in einer Mitteilung der GSMA.

Smartphones werden nicht mehr so schnell ausgemustert

Immerhin scheint bei vielen Konsumenten mittlerweile ein Umdenken stattzufinden. Smartphones werden länger genutzt und nicht mehr so schnell ausgetauscht. Lag die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Handys 2014 noch bei 24 Monaten, waren es 2021 schon 34 Monate. Tatsächlich könnten viele Geräte aus einer technischen Perspektive allerdings noch deutlich länger verwendet werden - Experten sprechen von vier bis sieben Jahren.

Dazu kommt, dass der Gebrauchtmarkt boomt. Das liegt unter anderem auch daran, dass viele Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der grassierenden Inflation sparen müssen. Untersuchungen haben gezeigt, dass bereits über zehn Prozent der weltweit verkauften Smartphones gebrauchte Geräte sind. Tendenz steigend: Bis 2030 soll der weltweite Second-Hand-Markt für Mobiltelefone ein Volumen von rund 140 Milliarden Dollar erreichen. Zum Vergleich: 2022 waren es rund 50 Milliarden Dollar.