Mister Spex: Die Scrum-Einführung hat sich bezahlt gemacht
Thilo Hardt, IT-Chef von Spex, einem Online-Shop für Markenbrillen, erläutert, was er sich von Scrum verspricht.
CW: Welche Strategien setzen Sie ein, um das Arbeiten in den zwangsläufig immer mehr verteilten und dezentral organisierten Teams erfolgreich zu bewältigen?
HARDT: Aufgrund des schnellen Wachstums in den ersten Jahren war die Priorisierung bei der Softwareentwicklung unerlässlich. Bei der agilen Projekt-Management-Methode Scrum ist genau dies die Grundlage. Also stellten wir auf diese Methode um. Software lässt sich so in kurzen Intervallen liefern, wodurch sich die Planbarkeit und die Erwartungen deutlich verbessern.
CW: Welche Kosten-Nutzen-Bilanz bietet die agile Softwareentwicklung denn grundsätzlich?
HARDT: Nach einer relativ aufwändigen Einführungsphase, bei der wir mit einer externen Beratung zusammengearbeitet haben, hat sich die Einführung der Methode schnell bezahlt gemacht. Wir planen jetzt zuverlässig sechs bis zwölf Monate im Voraus, wohingegen es vorher nur für wenige Wochen verlässlich möglich war.
CW: Wie profitieren Mitarbeiter, Partner und Kunden vom projektorientierten Arbeiten jenseits der klassischen Hierarchien?
HARDT: Die Mitarbeiter profitieren von einer selbst bestimmten Arbeitsweise mit Eigenverantwortung und ohne klassische hierarchische Strukturen. Die Entwickler arbeiten nicht auf ein finales Resultat am Ende eines langen Entwicklungszeitraums hin, sondern stellen in kurzen Abständen Resultate vor, was sowohl für den Entwickler als auch für den Auftraggeber zufriedenstellend ist.
- Fünf Gründe für den agilen Ansatz
Neue Methoden der Softwareentwicklung begeistern die Mitarbeiter und die Kunden. Da stellt sich die Frage, woher es kommt, dass "Agilität" derartig beliebt ist? Alexander Ockl nennt Fünf Gründe: - Weniger Prozess - dafür mehr Mensch
Offenbar haben wir gelegentlich das Prozessrad zu weit gedreht. Mit Know-how in den Prozessen wollten wir gute Software wie am Fließband im "billigen Ausland" herstellen lassen. Probleme lassen sich mit noch ausgefeilteren Prozessen und Rollen beseitigen, so dachten wir. Aber inzwischen wissen wir, dass wir am so genannten Fließband meist individuell arbeiten. Und talentierte Mitarbeiter haben auch im Ausland inzwischen ihren Preis. - Persönliche Motivation statt Existenzangst
In der agilen Welt zählt der Mensch wieder etwas. Statt verteilt zu sitzen, schauen sich agile Teams wieder in die Augen. Effektive, direkte Kommunikation ersetzt endlose, anonyme Telefonkonferenzen und überlaufende E-Mail-Postkörbe. Größerer Gestaltungsspielraum und überschaubare Rollen geben Mitarbeitern das Gefühl, endlich wieder etwas bewegen zu können. Das setzt Kräfte frei. Und motiviert, anstatt zu frustrieren. - Entfaltete Stärken statt Fesseln
Endlich wieder kreativ sein und nicht starre Prozesse befolgen müssen! Kein Wunder also, dass gerade Entwickler und Analysten diesen Ansatz lieben. Im agilen Umfeld sind sich alle bewusst, wie wichtig ein gut zusammengestelltes Team ist. Das übersehen wir in der "alten IT-Welt" häufig - zwischen den vielen Prozessdetails und virtuellen Teams. Unsere Kunden freuen sich auch, denn schließlich steht wieder die Lösung ihrer Probleme im Vordergrund. - Gemeinsam entwickelte Arbeitsweise
Neue Prozesse bedeuten in unserem herkömmlichen Alltag häufig neue Rollen. So entstehen Teamveränderungen und Umstrukturierungen. Die vorgegebene Arbeitsweise passt aber vielfach nicht zum Team. Agile Methoden wie Scrum zeigen, dass es auch anders geht. Den "Toyota-Weg" als Vorbild, organisieren sich schlanke Teams innerhalb eines groben Rahmens am besten selbst.Es lohnt es sich, ein funktionierendes Team - wie im Fußball - nicht zu stark zu verändern. Gemeinsam entwickelt, richtet sich die Arbeitsweise nach den Möglichkeiten der Mitarbeiter. - Eine nachvollziehbare Teamleistung
Schreit unser Umfeld nach Agilität, so sollten wir nicht dagegen reden, sondern genau hinschauen. Agilität und gute Prozesse wollen das Gleiche. Müssen wir dennoch verteilt arbeiten, so sollten wir unbedingt auf die menschliche Komponente achten. Frei nach Felix Magath bei der Vorstellung des Spielers Raul sollte es "unsere Verpflichtung sein", die Mitarbeiter "so in Szene zu setzen", dass Sie "ihre Fähigkeiten voll ausspielen können". Andernfalls schließt auch Raul keine Tore, sondern wird zu einem mittelmäßigen und schließlich frustrierten Mitspieler.