Cloud-Technologien entwickeln sich in viele verschiedene Richtungen. Fast immer geht es um einen schnellen, skalierbaren Zugang zu Computing-Ressourcen und IT-Services . Doch mit zunehmendem Reifegrad gehen Unternehmen in Transformationsprojekten überlegter vor und nehmen den Business-Nutzen stärker in den Blick, beobachtet Cenk Ozdemir, Cloud and Digital Leader bei der Beratungsfirma PwC. "Unternehmen konzentrieren sich darauf, den schwer fassbaren Return on Investment (RoI) der Cloud zu erreichen, den bisher nur eine Minderheit erzielen konnte."
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Enterprise-Cloud-Trends, die sich auf die Rendite des eingesetzten Kapitals auswirken.
Trend 1: KI und ML stehen im Mittelpunkt
Alle großen Cloud-Anbieter offerieren heute Funktionen und Services für künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML), von denen viele für den Einsatz mit ihren zentralen Cloud-Angeboten konzipiert sind, berichtet Scott W. Stevenson, Partner bei der Anwaltskanzlei Culhane Meadows. Und obwohl niemand die Entwicklung verpassen möchte, gebe es zu Zeit noch viele Bedenken hinsichtlich Zuverlässigkeit, Sicherheit und Voreingenommenheit von KI-Systemen, insbesondere auf Kundenseite.
"Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass der KI-Einsatz insgesamt schnell voranschreiten wird, aber größere Unternehmen, vor allem in stark regulierten Branchen, werden sich eher zurückhalten", sagt Stevenson. Dennoch erwartet er nicht, dass Firmen auf der Stelle treten werden. "Es könnte sein, dass sie die Lektionen, die sie bei der Migration in die Cloud gelernt haben, für die Einführung von KI/ML-Technologien nutzen."
Laut Michael Ruttledge, CIO der Citizens Financial Group, werden technologieorientierte Unternehmen mit Fokus auf Innovation und digitale Transformation am ehesten KI/ML-Technologien in der Cloud einsetzen. "Darüber hinaus werden datengetriebene Unternehmen in der Lage sein, die besten KI/ML-Services verschiedener Anbieter zu nutzen, um die Entscheidungsfindung zu verbessern, Prozesse zu automatisieren und Kundenerlebnisse zu personalisieren", prognostiziert er. Die Umstellung seines Unternehmens auf Cloud und KI/ML-Techniken habe zu mehr Stabilität, Nachhaltigkeit und einer schnelleren Marktreife von Produkten geführt: "KI/ML-Funktionen verbessern unsere Fähigkeit, schlank zu bleiben und Einblicke in unsere internen und externen Kundenservices zu gewinnen."
Trend 2: Industry Clouds fördern Innovation
Industry Clouds sind eigentlich modulare Bausätze, die Cloud-Services, Anwendungen und andere wichtige Tools enthalten und für Anwendungsfälle in bestimmten Branchen entwickelt wurden. Sie ermöglichen eine größere Flexibilität bei der Ressourcenzuweisung und helfen Anwendern, strategische Entscheidungen darüber zu treffen, wo sie sich differenzieren können, erklärt Brian Campbell, Principal bei Deloitte Consulting. "Dieses Ökosystem entwickelt sich rasant weiter und erfordert eine konsequente Überwachung dessen, was möglich ist und was funktioniert."
Durch die Partnerschaft mit Cloud-Anbietern, die branchenspezifische Geschäftsanforderungen adressieren, können Unternehmen sowohl das Wachstum als auch ihre Effizienz und die Kundenerfahrung zu verbessern. "Das führt zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Business- und Technologieverantwortlichen hinsichtlich der Frage, worauf sie die knappen Ressourcen konzentrieren sollen", so Campbell.
Die erste Cloud-Welle wurde von Unternehmen in einer Branche getrieben, die ihren Mitbewerbern voraus sein wollten. Deren Erfolg löste eine weitere Welle von Nachfolgern aus, die einen breiteren Markt erfasste. Campbell: "Industrie-Clouds ebnen das Spielfeld ein. Anwender aus dem Mittelstand haben jetzt Zugang zu fortschrittlichen Funktionen, die sie nicht selbst entwickeln müssen. So können sie besser mit ihren globalen Konkurrenten mithalten."
Trend 3: Modernisierung von Kernanwendungen für die Cloud
Die meisten großen Unternehmen haben mit ihrer digitalen Transformation und dem Cloud-Einsatz nach schnellen Erfolgen gesucht. Sie verlagerten zunächst kleinere, weniger kritische Workloads in die Cloud, packten Legacy-Anwendungen in Container und verfolgten bei der Entwicklung neuer Anwendungen eine Cloud-first-Strategie, berichtet Eric Drobisewski, Senior Enterprise Architect bei Liberty Mutual Insurance.
Die frühe Konzentration auf schnelle Erfolge habe jedoch dazu geführt, dass viele wichtige Geschäftsanwendungen und die zugehörigen Daten in den Rechenzentren der Unternehmen festsitzen und erst noch migriert werden müssen. "Oft sind diese Arbeitslasten eng an kostspielige Hardware- und Softwareplattformen gekoppelt, die zu einer Zeit entwickelt wurden, als nur eine vertikal integrierte Architektur verfügbar war", erklärt Drobisewski.
Der Enterprise Architect warnt jedoch davor, dass parallele Ökosysteme mit Anwendungen und Daten, die über Rechenzentren, private Clouds und virtualisierte Infrastrukturen verteilt sind, sowohl komplex als auch kostspielig sind. Er rät: "Vereinfachung durch Modernisierung senkt die Kosten, beseitigt die Komplexität und ermöglicht horizontale Skalierung und Elastizität, um dynamisch auf neue Geschäftsanforderungen reagieren zu können."
Trend 4: Unternehmen ernten die reifen Früchte der Cloud
Nach Jahren der aggressiven Einführung ist die Cloud nun fest im IT- und Business-Mainstream verankert. "Cloud-Reife ist nicht etwas, das ein Unternehmen über Nacht erlangt, aber wenn man es ernst nimmt, wird es zu einem deutlichen Wettbewerbsvorteil", sagt Drew Firment, Vice President of Enterprise Strategies und Chief Cloud Strategist beim Online-Kurs- und Zertifizierungsunternehmen Pluralsight.
Er ist der Meinung, dass die Cloud-Reife typischerweise mit der Einrichtung eines Cloud Center of Excellence (CCoE) beginnt, um eine klare Strategie festzulegen und Erfahrungen zu sammeln, bevor andere Lieferanten hinzugefügt werden. "Sobald ein Unternehmen eine Cloud-Umgebung beherrscht und über einen gewissen Reifegrad verfügt, kann es beginnen, andere Cloud-Anbieter für bestimmte Workloads heranzuziehen", erklärt er.
Firment zufolge könnte beispielsweise eine Kundendienstanwendung auf Amazon Web Services gebaut werden, während Services für künstliche Intelligenz von der Google Cloud Platform stammen. "Ziel ist es, die Stärken der einzelnen Cloud-Anbieter so zu kombinieren, dass spezifischen Geschäfts- oder Kundenanforderungen besser unterstützt werden."
Trend 5: Der Aufstieg von FinOps und Kostenoptimierung
Cloud FinOps bieten Unternehmen einen Governance- und Strategierahmen für die Verwaltung und Optimierung ihrer Cloud-Ausgaben. "Mit einer ganzheitlichen FinOps-Strategie kann ein Unternehmen die Transparenz der Cloud-Kosten verbessern, redundante Dienste reduzieren und künftige Cloud-Ausgaben prognostizieren", sagt Douglas Vargo, Vice President, Emerging Technologies Practice Lead beim IT- und Business-Services-Unternehmen CGI. "Durch mehr Transparenz bezüglich der Cloud-Kosten können Unternehmen ihre Ausgaben auf Innovationsinitiativen konzentrieren und den Business Value ihrer Cloud-Investitionen erhöhen." Organisationen, die FinOps-Governance und -Strategien effektiv einsetzen, können laut Vargo ihre Cloud-Kosten um bis zu 30 Prozent senken und diese Einsparungen in Innovationen reinvestieren.
Trend 6: Hyperscaler stellen sich auf langsameres Wachstum ein
Die drei großen Hyperscaler Amazon Web Services, Microsoft Azure und Google Cloud sind in den vergangenen Jahren schnell gewachsen, erklärt Bernie Hoecker, Enterprise Cloud Transformation Leader beim Beratungsunternehmen ISG. Inzwischen hätten viele Unternehmen ihre digitale Transformation beschleunigt, um den neuen Anforderungen von Remote Work gerecht zu werden und den Kunden ein besseres digitales Erlebnis zu bieten.
"Nicht selten haben Firmen jedoch zu viel in IT- und Cloud-Funktionen investiert", beobachtet der Experte, "und sie konzentrieren sich jetzt darauf, die getätigten Investitionen zu optimieren, anstatt neue Arbeitslasten in die Cloud zu verlagern." Doch nicht nur Cloud-Nutzer hätten gelegentlich zu viel investiert. "Auch die drei großen Hyperscaler sind dabei, sich zu verkleinern. In der Pandemie haben sie zu viele Mitarbeiter eingestellt und sind nun gezwungen, sich mit einem aufgeblähten Personalbestand auseinanderzusetzen."
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation cio.com