Im neuen Jahr stehen IT-Sicherheit, Effizienz und Nachhaltigkeit im Blickpunkt der I&O-Teams. Gartner hat folgende sechs Trends identifiziert:
Trend 1: SASE - Sicherheit im Firmennetz
Hinter SASE verbirgt sich ein von Gartner selbst entwickeltes Framework, nach dem Benutzer und Geräte in einem Unternehmen standortübergreifend mit Anwendungen und Diensten verbunden werden können - und das besonders sicher. Unter anderem geht es darum, Weitverkehrsnetze (WANs) mit umfangreichen Netzwerksicherheits-Funktionen auszustatten. Es gilt, alle Zugriffsanforderungen im Unternehmen mit maximalen Security-Vorkehrungen zu unterfüttern.
SASE führt die Liste der sechs Trends an, die sich im neuen Jahr auf die Infrastruktur- und Betriebsaktivitäten von Unternehmen auswirken sollen. Gartner hat dazu auf der Londoner "IT Infrastructure, Operations & Cloud Strategies Conference" eine Studie präsentiert. SASE werde in einigen Betrieben schon heute implementiert, der Trend werde 2023 weiter Fahrt aufnehmen. Die Analysten prophezeien, dass sich die weltweiten Ausgaben für SASE 2023 auf 9,2 Milliarden US-Dollar belaufen werden, was einem Anstieg von 39 Prozent gegenüber 2022 entsprechen würde.
"Hybrid Work und der unaufhaltsame Trend zu Cloud Computing haben die Einführung von SASE beschleunigt", beobachtet Jeffrey Hewitt, Research Vice President bei Gartner. Das Framework ermögliche es Unternehmen, ihre Anwender sicher auf Applikationen zugreifen zu lassen, und es sorge für ein effizienteres Management. "I&O-Teams, die SASE implementieren, sollten Lösungen eines einzigen Anbieters und damit einem integrierten Ansatz den Vorzug geben", rät der Analyst.
Alles aus einer Hand bedeute, dass der Anbieter sämtliche SASE-Komponenten wie SD-WAN, Secure Web Gateway (SWG), Cloud Access Security Broker (CASB), Netzwerk-Firewall und Zero Trust Network Access (ZTNA) bereitstellen könne und dafür eine Cloud-Architektur verwende. Ziel sei es, die Unzulänglichkeiten herkömmlicher Methoden zur Sicherung des Zugriffs auf Unternehmensressourcen zu beheben.
Laut Gartner haben die Einführung von Cloud und Edge Computing sowie der Remote-Work-Trend die Zugriffsanforderungen substanziell verändert. In den meisten Organisationen befänden sich heute mehr Benutzer, Geräte, Anwendungen, Dienste und Daten außerhalb des Unternehmens als innerhalb. "Versuche, Perimeter-basierende Ansätze zur Sicherung des Zugangs von überall und zu jeder Zeit zu verwenden, haben in den Betrieben zu einem Flickenteppich von Anbietern, Richtlinien, Konsolen etc. geführt. Das hat die Komplexität für Sicherheitsadministratoren und Benutzer erhöht", bilanziert Gartner in der Studie.
Ganz oben auf der Trend-Liste steht neben SASE ein zweites Netzwerkthema: Wireless-Technologien. Hier sehen die Analysten - ähnlich wie bei SASE - starke technische Veränderungen, die I&O-Teams in ihren Planungen berücksichtigen müssten.
Trend 2: Wireless-Technologie - Vielfalt hält Einzug
Im Wireless-Umfeld sollten I&O-Teams sich auf den parallelen Einsatz gleich mehrerer Drahtlostechnologien einrichten und über neue Nutzungsszenarien nachdenken, die über reine Konnektivität hinausgehen. Überschneidungen zwischen Technologien wie Wi-Fi, 5G, Bluetooth und Hochfrequenzoptionen schaffen laut Hewitt Innovationsspielräume. "Netzwerke können zu strategischen Innovationsplattformen werden", so der Gartner-Analyst, es sei möglich, eine "skalierbare Rendite für Wireless-Investitionen" zu erwirtschaften. Dabei sei allerdings eine hohe Komplexität im Spiel: Aufgaben wie die Integration von Wireless-Technologien oder das Implementieren von drahtlosem Tracking seien kein Kinderspiel.
Gartner hatte Wireless auch schon auf seiner Jahresveranstaltung IT-Symposium/Xpo 2022 zu den zehn wichtigsten strategischen Technologietrends für 2023 gezählt (siehe: Diese IT-Markttrends müssen Sie kennen). Dabei stellten die Analysten fest, dass nicht eine einzelne drahtlose Technologie dominieren werde. Unternehmen müssten eine ganze Reihe von Umgebungen mit unterschiedlichen Lösungen unterstützen, darunter Wi-Fi für Büros, neue Dienste für mobile Endgeräte, Protokolle mit geringem Stromverbrauch und auch Funkverbindungen. Bis 2025 würden 60 Prozent der großen Unternehmen fünf oder mehr drahtlose Technologien parallel nutzen, hieß es.
4G, 5G, LTE, Wi-Fi 5, 6 und 7 - all diese Technologien würden neue Daten erzeugen, die Unternehmen für fortgeschrittene Analysen nutzen könnten, hieß es in Barcelona. Systeme mit geringem Stromverbrauch würden ihre Energie direkt aus dem Netzwerk ziehen, so die Marktauguren weiter.
Trend 3: Branchenspezifische Cloud-Plattformen
Schon seit einiger Zeit glauben Analysten wie Gartner, aber auch andere Marktbeobachter, dass sich branchenspezifische Cloud-Plattformen etablieren werden. I&O-Teams stünden deshalb vor der Aufgabe, verschiedene Umgebungen zu integrieren, um unternehmensspezifisch zusammengesetzte Lösungen zu schaffen, so Hewitt. Solche vertikalen Clouds sollen eine Kombination aus Software, Platform und Infrastructure as a Service (SaaS, PaaS, IaaS) bereitstellen.
Der Vorteil besteht laut Hewitt darin, dass Unternehmen besonders schnell vorgefertigte funktionale Building-Blocks einführen könnten, um ihre digitale Transformation voranzutreiben und sich vom Wettbewerb abzusetzen. Gartner prognostiziert, dass bis 2027 mehr als 50 Prozent der Betriebe solche branchennahen Cloud-Plattformen nutzen werden, um ihre Geschäftsinitiativen zu beschleunigen.
Trend 4: Plattform-Engineering
Bei Gartners nächstem Trend, dem Plattform-Engineering, geht es darum, dass spezialisierte Plattformteams in großen Betrieben Anwendungen und Tools einfach und integriert über eine zentrale Plattform bereitstellen werden. Entwickler, Data Scientists und auch die vielen Endanwender in den Produktteams sollen davon profitieren und schneller Mehrwerte erzeugen können. Wesentliche Elemente sind Self-Services und die automatisierte Bereitstellung von Infrastruktur.
Laut Gartner-Analyst Paul Delory ist Platform Engineering eine Reaktion auf die zunehmende Komplexität moderner Softwarearchitekturen. Es gehe darum, die Reibungsverluste bei der Arbeit mithilfe einer Betriebsplattform zu reduzieren, die zwischen Anwender beziehungsweise Entwickler und die unterstützenden Dienste geschaltet sei. Technisch ist dazu die Integration von verschiedenen Management-Tools und Infrastrukturtechnologien notwendig, darunter etwa Application Resource Management (ARM), Application-Performance Monitoring, Digital-Experience Monitoring oder Digital-Platform Conductor Tools. Gartner erwartet, dass bis 2026 immerhin 80 Prozent der Firmen mit einer eigenen Softwareentwicklung Plattformteams aufstellen werden.
Die Plattform wird also von einem dezidierten Team aufgebaut und gepflegt. Sie stellt Tools und Funktionen bereit und macht die Schnittstelle zur dahinterliegenden Infrastruktur weniger komplex. Solche technischen Plattformen sehen je nach Unternehmen unterschiedlich aus, sie entsprechen den Bedürfnissen der Nutzer. Wichtig ist, dass die Plattformteams sie beherrschen, die richtigen Prioritäten setzen und eine Lösung auf die Beine stellen, die ihrer Zielgruppe wirklich nutzt.
Oft sind interne Entwicklerportale der Ausgangspunkt für solche Plattformen. Sie bieten erst einmal ein Paket von Tools, Funktionen und Prozessen, das den Entwicklungsteams dient. In enger Absprache mit den Developern wird das Plattformteam dann über einen weiteren Ausbau entscheiden. Das Ziel ist eine reibungslose Self-Service-Erfahrung, die allen hilft, Software einfach herzustellen beziehungsweise zu nutzen.
Laut Gartner hat das Aufkommen einer neuen Generation von Tools das Plattform-Engineering zu einem "der heißesten Gesprächsthemen innerhalb der DevOps-Community" werden lassen. Die Werkzeuge zielen überwiegend darauf ab, den Aufbau und die Wartung solcher Plattformen zu vereinfachen.
Trend 5: Upskilling
In dem Maße, wie das Interesse an Themen wie Plattform-Engineering, Wireless-Technologien, SASE oder Cloud Computing zunimmt, steigt der Bedarf an qualifizierten I&O-Teams. Doch der Talentpool für die nachgefragten Fähigkeiten ist begrenzt. Und die sich immer schneller ändernden Technologieumgebungen drohen die IT-Talentlücke weiter zu vergrößern. Laut einer Gartner-Umfrage vom letzten Jahr nennen 64 Prozent der I&O-Führungskräfte fehlende Skills und Ressourcen als eine ihrer größten Herausforderungen.
Auch innerhalb der Unternehmen tobt der Wettbewerb um Talente, da einige Betriebe I&O-Positionen nicht nur in der IT, sondern auch in den Geschäftseinheiten ansiedeln. Analyst Hewitt rät den Führungskräften, sich intensivere Gedanken über die Zusammenstellung und das Qualifikationsspektrum ihrer Teams zu machen: "Ziehen Sie dabei auch Tools zur Identifizierung künftig notwendiger Skills sowie neue Schulungsansätze in Betracht!" Es gelte, die Fähigkeiten vorhandener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu verbessern und das Risiko zu verringern, dass sie zu anderen Geschäftsbereichen oder Wettbewerbern abwanderten, so Hewitt.
Trend 6: Nachhaltige Technologien
Das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen gerät immer mehr in den Blickpunkt von Vorständen, auch wenn das Streben nach Gewinn und Umsatz ganz oben auf der Prioritätenliste der CEOs steht. Auf mittlere Sicht werden Führungskräfte mehr in Lösungen investieren, die auf die ESG-Ziele (Environment, Social, Governance) ihres Unternehmens einzahlen.
I&O-Teams müssen entsprechende Technologien bereitstellen, damit die Betriebe ihre ESG-Ziele erreichen können. "Unter Nachhaltigkeit verstehen wir auch, dass die Unternehmen ihre bereits vorhandenen Infrastrukturen besser auslasten," sagt Hewitt. Rechenzentren und Cloud-Infrastrukturen effizienter zu nutzen, sei der richtige Weg, ein anderer bestehe darin, die IT-Kreislaufwirtschaft für Geräte anzukurbeln.