Die 50Hertz Transmission GmbH mit Sitz in Berlin betreibt das Höchstspannungsnetz im Norden (im Raum Hamburg) und Osten Deutschlands mit einer Gesamtlänge von knapp 10.000 Kilometern Leitungen. Damit versorgt 50Hertz rund 30 Prozent der Fläche Deutschlands und rund 18 Millionen Menschen mit Strom - und zwar 24 Stunden lang, ohne Unterbrechung.
Als Übertragungsnetzbetreiber ist 50Hertz für die Sicherheit des elektrischen Gesamtsystems in seinem Netzgebiet verantwortlich sowie für einen diskriminierungsfreien Netzzugang. Das Unternehmen schafft damit die Voraussetzungen für einen funktionierenden Energiemarkt.
Die Energiewende ist für 50Hertz eine der größten Herausforderungen. Denn in der Regelzone des Übertragungsnetzbetreibers wird überproportional viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt - rund 49 Prozent des im Netzgebiet verbrauchten Stromes stammte im Jahr 2015 schon aus erneuerbaren Quellen - rund 40 Prozent der im Netzgebiet installierten Leistung resultiert aus Windenergie.
Der Zubau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) findet heute zum allergrößten Teil nicht mehr dort statt, wo der dort produzierte Strom auch verbraucht wird, sondern in dezentralen Anlagen auf dem Land. Im Bereich Windenergie etwa befinden sich viele Wind-Standorte in ländlichen Gebieten Nord- und Ostdeutschlands. Schon heute wird in diesen Regionen mehr Strom erzeugt, als dort verbraucht werden kann. Der Überschuss wird in die Verbrauchszentren in Süd- und Westdeutschland transportiert, wo entsprechender Bedarf besteht. Den Strom aus den entlegeneren Gegenden in die Industriezentren zu transportieren, diese Aufgabe übernimmt das Übertragungsnetz - und das ist digital gesteuert.
Neues RZ mitten in Berlin
Nicht nur weil die bisher auf verschiedene Standorte verteilte 50Hertz-Unternehmenszentrale aus allen Nähten zu platzen drohte, sondern auch weil die dezentrale, erneuerbare Energieversorgung sowie die fortscheitende digitale Transformation ein deutlich erhöhtes Datenaufkommen mit sich bringen, baut der Übertragungsnetzbetreiber im Europaviertel in Berlin derzeit einen neuen Standort auf. Damit steht der Großteil der insgesamt rund 900 Mitarbeiter im Jahr 2016 vor einem Umzug, auch die IT-Infrastruktur wird grundlegend auf den neuesten Stand gebracht.
Der Neubau des Standorts und des Data Centers ist ein businesskritischer Meilenstein in der Geschichte des Unternehmens, der aktuelles Know-How gleich auf mehreren ICT-Fachgebieten erfordert.
Deshalb setzt der Übertragungsnetzbetreiber seit Beginn des Projekts im Jahr 2012 auf die Unterstützung durch externe Experten des TÜV Rheinland, die sich sowohl im IT- und TK-Bereich als auch bei der IT-Sicherheit auskennen und die Gesamtkoordination des Ganzen übernommen haben. Sie sichern beispielweise die Qualität während der RZ-Bauphasen und erstellen Konzepte, die gewährleisten sollen, dass die wichtigen Bereiche des Neubaus im Falle eines regionalen Stromausfalles auch autark betrieben werden können.
Ausfall- und Betriebssicherheit
Die Energiewirtschaft gehört zu den Branchen, die der digitale Wandel in den vergangenen Jahren vor besondere Herausforderungen gestellt hat und die deshalb besonders anfällig sind gegenüber den Risiken der digitalen Transformation. So setzt auch 50Hertz auf ein "intelligentes Stromnetz", mit dem sich die Verteilung der Energieströme optimal steuern lässt.
"Alles, was früher mechanisch im Umspannwerk geschaltet wurde, ist heute IT und die wird aus der Ferne gesteuert. Damit ergeben sich allerdings neue Angriffsszenarien und potenzielle Einfallstore für Angreifer, denen man begegnen muss", erklärt 50Hertz-CIO Dominik Spannheimer. Der 46-Jährige verantwortet neben dem Neubau des Rechenzentrums alle IT-Aktivitäten der Organisation, einschließlich der Nachrichtentechnik sowie der Echtzeit-Systeme.
Die IT-Schaltzentralen bei 50Hertz müssen nicht nur performant, sondern gegenüber Cyber-Angriffen ebenso resilient sein wie gegenüber physikalischen Störungen jeglicher Art. Zudem ist der Betreiber kritischer Infrastrukturen gesetzlich verpflichtet, Echtzeitsysteme wie Netzleitsysteme und die Steuerung der Umspannwerke mit einer nahezu 100-prozentigen Ausfallsicherheit zu betreiben.
"Physikalische Sicherheit und Verfügbarkeit der IT sind für Übertragungsnetzbetreiber heute von existentieller Bedeutung, denn die IT-gestützten Geschäftsprozesse müssen als Realtime-Anwendung laufen", so Spannheimer. "Die große Kunst im Rahmen der Energiewende ist, analoge Stromnetze digital zu steuern." Dabei seien sowohl die Härtung der Systeme gegenüber dem Internet als auch die Vorbereitung für den Einsatz intelligenter Stromzähler (Smart Meter) und der Ausbau der intelligenten Netzsteuerung (Smart Grids) enorm wichtig, erklärt der CIO. Denn eine Unterbrechung der Prozesse - sei es durch einen Cyber-Angriff oder einen physikalischen Sabotage-Akt - hätte angesichts des hohen Vernetzungsgrades von 50Hertz im Inland und mit dem europäischen Ausland gravierende Auswirkungen.