Die Geschichte des 3D-Drucks reicht schon über 30 Jahre zurück. In der industriellen Produktion spricht man lieber von Additive Manufacturing oder Fertigung (AM/AF) und wird diese seit über 20 Jahren schon weithin genutzt. Gleiches trifft in zunehmendem Maße auch auf Medizin- und Zahntechnik zu, für die metallverarbeitende Oberliga der 3D-Druckerbranche heute neben Luft- und Raumfahrt eine der wichtigsten Anwendungen.
So gehört die BEGO Gruppe, 1890 von Wilhelm Herbst, dem Erfinder der Rotationsmethode für Plombiergold, als Bremer Goldschlägerei gegründet, zu den führenden Auftragsfertigern für Dentallabore mit weltweit rund 450 Mitarbeitern und einem Umsatz von 80 Millionen Euro im Vorjahr. Das Unternehmen hat ein eigenes selektives Laserschmelzverfahren für die vollautomatische Herstellung von Zahnersatz entwickelt und ist über Tochterfirmen auch Lieferant für Dentaltechnik und Implantate.
Von Consulting- bis Rundum-Services
Viele Betriebe anderer Branchen, aus dem Handwerk zum Beispiel oder große Kfz-Werkstätten, zeigen auch zunehmend Interesse am 3D-Druck, müssen sich aber oft erstmal beraten lassen. Die Hersteller der 3D-Drucker und -Scanner tun dies schon aus Eigeninteresse natürlich auch. Aber es gibt eine Reihe von Firmen, die entweder die ganze Palette von Dienstleistungen rund um die Additive Fertigung anbieten oder sich wie Core Consulting aus München hauptsächlich auf Beratung, Konzeption und das Erstellen von 3D-CAD-Modellen konzentrieren oder nur auf Letzteres.
Die Trindo Digitalmanufaktur, ebenfalls aus München, geht da schon weiter und verspricht den Rundumservice von der Konzeptionierung und Konstruktion bis hin zur Serienfertigung. Der eigentliche industrielle 3D-Druck wird dann allerdings von großen Dienstleistungs-Partnerunternehmen wie der FIT AG, Creabis und FKM vorgenommen, erklärt Trindo-Geschäftsführer Bennet Klein. Alphaform aus Feldkirchen nahe der bayerischen Landeshauptstadt musste gerade Insolvenz beantragen.
Ähnlich wie Trindo aufgestellt ist auch die unter anderem auf Sondermaschinenbau spezialisierte HIC Innotec GmbH aus Bretten bei Karlsruhe, die mit einer Weiterentwicklung der Polygrafie- oder PolyJet-Technologie Prototypen aus einem Gipskeramikgemisch mit bis zu 160.000 Farben anbietet. Geschäftsführer Stefan Hinzmann weiß, ohne dieses zu nennen, von einem Partnerunternehmen, das über 100 Jahre Erfahrungen in der Metallverarbeitung hat und für den 3D-Druck aus einer Vielzahl von Metallen und Legierungen schöpfen kann, die selbst viele Hersteller nicht kennen.
- Modell von Löschtanker für Saudi-Arabien
Um Saudi-Arabien für das Großtanklöschfahrzeug CBS zu gewinnen, hat der österreichische Feuerwehrfahrzeughersteller Rosenbauer Rapidobject beauftragt, zwei Modelle zu entwickeln. - CAD-Daten von Rosenbauer
So kamen die CAD-Daten vom Löschfahrzeughersteller Rosenbauer bei Rapidobject an. - So entsteht der Wassertank
Mit Boolschen Operationen lässt sich im CAD-System über Hinzufügen, Weglassen und Verknüpfen aus Grundflächen jede beliebige Form modellieren. Hier wird gerade der Wassertank des Löschfahrzeugs entworfen. - 500 Höhenmessergehäuse über Nacht
Der Flugzeuginstrumentenbauer Kelly Manufacturing kann mit Hilfe der FDM-basierten Fortus-Maschine die Zeit für die Produktion der Höhenmesser deutlich verringern. Über Nacht werden 500 dieser Ringkerngehäuse aus hochtemperaturbeständigem Ultem ausgedruckt. - Unterkiefer aus dem 3D-Druck
3D Systems hat nach eigenen Aussagen den ersten Unterkiefer im 3D-Druck hervorgebracht. - MakerBot Robohand
MakerBot ist aus dem Open-Hardware-Projekt RepRap hervorgegangen und wurde 2013 an Stratasys verkauft. Das Bild zeigt eine Handprothese des US-Herstellers. - Bionischer Flugzeugbau
Früher wurden Brackets genannte Verbindungselemente, wie sie im Airbus A350 XBW zum Einsatz kommen, aus Aluminium gefräst. Nun werden die Elemente aus Titan und wesentlich „luftiger“ im Laserschmelzverfahren ausgedruckt. - Arbeitsschritte für Titan-Flugzeugbauteil
Das Titan-Verbindungselement wurde mit einem CAD-System zunächst entworfen und die Geometrie für die generative Fertigung ausgelegt, um es dann für den Druck per LaserCUSING von Concept Laser auszurichten und Stützgeometrien hinzuzufügen. - Schmuck vom 3D-Druck
Italien hat sich schon zur Hochburg für Schmuck vom 3D-Druck entwickelt. Das Bild zeigt ein Ensemble von Pietro Nardi aus einem SLA-Drucker von DWS. - Acetabulum von Arcam
Medizin und Medizintechnik ist eine neben Luft- und Raumfahrt eine der Top-Anwendungen für 3D-Drucker. Das Bild zeigt eine Hüftgelenkspfanne (Acetabulum), wie sie Arcam AB mit einer EBM-Maschine ausgedruckt hat. EBM steht für Elektronenstrahlschmelzen und kann auch Metall „drucken“. - Siemens NX im Einsatz
Siemens PLM gehört mit Siemens NX zu den führenden Herstellern von 3D-CAD- oder CAE-Software. Hier ist das Modell einer Flaschenabfüllanlage zu sehen, das mit dem System erstellt wurde. - Polylinien mit NX Realize Shape
Siemens PLMs NX Realize Shape basiert auf Subdivision Modeling und erlaubt das Erstellen von freien Flächen ... - Boolsche Operationen mit netfabb
Komplexe geometrische Figuren werden im CAD-Programm wie dem von der FIT-Tochter netfabb aus geometrischen Grundkörpern wie Würfel, Quadern, Kugeln und Zylindern gebildet. - "Löcher im Käse"
Hier im Bild werden von der netfabb-Software Löcher im 3D-CAD-Modell angezeigt. Denn für die Ausgabe und den Druck muss dieses „geschlossen“ sein. Andere Fehler können sich selbst kreuzende Linien sein. - Violine aus dem 3D-Laserdrucker
EOS fertigt zwar hauptsächlich für die Industrie, hat mit dieser Geige aus dem 3D-Laserdrucker aber auch medienwirksam viel Aufmerksamkeit erregt. - Schädelimplantat aus Titanlegierung
Der Eschenloher Dienstleister Alphaform hat diese künstliche Cranial-Platte im SLM- oder Laserschmelzverfahren aus der Titanlegierung Ti6AI4V gefertigt und für den medizinischen Einsatz veredelt. Solchen Platten müssen für jeden Patienten individuell angefertigt werden. - Prototyp einer Zentrifuge
Für die Braunschweigische Maschinenbauanstalt AG hat der Leipziger 3D-Druckdienstleister Rapidobject im Lasersintern- oder SLS-Verfahren diesen Prototyp einer Zentrifuge ausgedruckt.
Deutschlandweit 600 bis 800 3D-Druckdienstleister
Stefan Ritt, Marketingchef beim norddeutschen Hersteller SLM Solutions, zufolge gibt es deutschlandweit rund 600 bis 800 Dienstleistungsunternehmen, im Bereich der Metallverarbeitung jedoch sehr viel weniger. Beim 3D-Laserdruck mit den Selektiven Laserschmelz- und Lasersinter-Verfahren (kurz SLM und SLS genannt), sind deutsche Unternehmen wie SLM Solutions aus Lübeck, EOS und Concept Laser global führend. Das Segment der metallverarbeitenden AM-Technologien, das 2012 laut einem Wohlers-Report nur etwa neun Prozent des auf zwei Milliarden Dollar geschätzten Gesamtmarktes für 3D-Druck ausmachte, soll besonders stark wachsen. Aber wie Ritt einräumt, stehe man damit gemessen an den weltweiten Umsätzen in der Metallverarbeitung noch relativ am Anfang.
Angesichts der hohen Investitionskosten seien AM-Dienstleistungsunternehmen wie die FIT AG wichtige Kunden. Diese würden heute schon etwa zur Hälfte zum Umsatz beitragen und den Markt beflügeln. FIT aus Lupburg in der Oberpfalz hat im Juli 2015 gerade die Investition von 20 Millionen Euro für die weltweit erste Fabrik bekanntgegeben, die vollständig für die industrielle Serienfertigung auf Basis der additiven Verfahren geplant ist und will somit zu General Electrics (GE) aufschließen. Zu den 30 Hochleistungsmaschinen, die dafür angeschafft wurden oder werden, gehören neun Laserschmelzanlagen, darunter acht SML 500HL, die Top-Modelle der Lübecker.
Gründe für Insourcing
Für OEMs (Industrieunternehmen) gebe es im Wesentlichen zwei Gründe für das Insourcing, sagt Ritt: Zum einen sollen vertrauliche Daten oder Firmengeheimnisse nicht nach außen gelangen. Zum anderen hegten viele Unternehmen den Wunsch, bei der jeweiligen Technologie immer auf dem neuesten Stand sein und zu wissen, wie die Maschinen arbeiten. Schließlich zähle das schnelle Time to Market.
Mit den von Ritt genannten Innovationszyklen von drei bis fünf Jahren sind die technologischen Fortschritte immens. Im Umkehrschluss kann man daraus aber erst recht einen Grund ableiten, Auftragsfertiger zu beschäftigen, wenn man bedenkt, dass die SLS- und SLM-Maschinen zwischen 200.000 und zwei Millionen Euro kosten sollen. Dass externe Dienstleister mit ihrem Knowhow und Wissen der Abläufe Dinge beschleunigen können, die im Unternehmen selbst zwischen den verschiedenen Abteilungen vielleicht ins Stocken geraten, habe man dem Manager von SLS Solutions zufolge nicht erfahren.
Weltmarktführer Stratasys sagt, viele Unternehmen hätten noch nicht verstanden, dass 3D Printing sehr schnell voranschreite und die hochqualitative 3D-Drucker wie die seinen keineswegs mehr so teuer seien. Allerdings hat Stratasys nur Geräte mit FDM- und PolyJet-Technologie für Kunststoffe im Programm und keine für die Metallverarbeitung. Wie dem auch sei, der Company zufolge gibt es sechs Gründe für Insourcing: günstigere Preise, ein schnelleres Time-to-market, Wettbewerbsvorteile, weniger Produktionsfehler, mehr Verlässlichkeit und eine verbesserte Genauigkeit und Qualität.
"Demokratisierung des 3D-Drucks"
Für Endkunden fangen die Gerätepreise heute bei unter 400 Euro an. Vom Elektronik-Dienstleister RS-Components war sogar zu erfahren, dass die Materialkosten für den RepRap-Bausatz schon bei unter 200 Euro angelangt seien. Adrian Bowyer hat mit dem 2006 angestoßenen Open-Source- und Open-Hardware-Projektes eines sich selbst replizierenden FDM-Druckers unter dem Namen RepRap(Replication Rapid Prototyper) laut RS-Components viel zur "Demokratisierung des 3D-Drucks" beigetragen.
Unzählige Heimbastler haben eigene Ideen entwickelt und nicht wenige darüber auch ein Geschäftsmodell für 3D-Services, angefangen vom Consulting über die Datenerfassung, das Erstellen von 3D-CAD-Modellen bis hin zum 3D-Druck. Die Community der Enthusiasten war bald so stark am Wachsen, dass sich selbst die etablierten Player für sie zu interessieren begannen. War 3D-CAD-Software früher noch sehr teuer, haben namhafte Hersteller wie Autodesk oder die FIT-Tochter netfabb ihre Lösungen in abgespeckter Form plötzlich kostenlos angeboten, wohl auch mit dem Hintergedanken, dass sich dadurch etwas tut im Markt.