Der Umgang mit Software in Unternehmen hat sich geändert. Heutzutage kennen sich auch "normale" Mitarbeiter mit Computern leidlich aus. Zudem erwarten die Unternehmensspitzen von neuen IT-Lösungen, dass sie einen nennenswerten Beitrag zum Unternehmenserfolg liefern und die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen.
Für die Arbeit von IT-Projektmanagern bedeutet das: Sie müssen sich umstellen. Technische Expertise ist zwar nach wie vor wichtig für den Erfolg ihrer Arbeit. Viel mehr als bisher aber müssen sich die Projektleiter mit neuen Tugenden schmücken: Sie müssen in Zeiten, wo jeder Euro dreimal umgedreht wird, ihre Arbeit stärker als bisher am Geschäftserfolg ihres Kunden ausrichten. Damit machen sie künftig weniger in IT (Informationstechnologie) als in BT (Business Technology).
Und sie müssen ihre Rolle als Macher über Bord schmeißen und sich als Moderator stärker den Soft-Skills in Teams zuwenden, die sich weitgehend selbst organisieren können. "Mehr reden, weniger schreiben" fasst Mary Gerush die veränderte Aufgabenstellung für den "Next-Generation Project Manager" für Forrester Research zusammen. Es werde zunehmend wichtiger, so Gerush, dass der IT-Projektleiter Teams aufbauen und zusammenhalten könne und zu einer effizienten Zusammenarbeit bringe.
- 1. Unklare Arbeitslast
Bryan Fagman vom Anbieter Micro Focus sagt, dass viele Projekte an einem nicht klar umrissenen Arbeitsaufwand scheitern. Schleichen sich hier Unschärfen ein, leidet das ganze Projekt. Im schlimmsten Fall bleibt undefiniert, wann es überhaupt abgeschlossen ist. Fagman mahnt deshalb an, Ziele im Dialog mit den Kunden klar zu benennen. - 2. Undefinierte Erwartungen
Alle Beteiligten müssen von Beginn an wissen, welche Anforderungen ein Projekt stellt und welche Erwartungen zu erfüllen sind – sonst droht ein Fiasko. Tim Garcia, CEO des Providers Apptricity, nennt zwei entscheidende Dinge, die alle Team-Mitglieder vorab wissen sollten: was getan wird und wie man weiß, wann das Projekt abgeschlossen ist. „Ohne eine dokumentierte Vereinbarung, die Antworten auf diese beiden Fragen liefert, ist ein Projekt von Anfang an in Gefahr“, sagt Garcia. - 3. Fehlende Management-Unterstützung
Die Unterstützung aus der Firmenspitze sollte unbedingt gesichert sein. Befindet man sich dahingehend mit der Chef-Etage nicht in Einklang, mindert das die Erfolgsaussichten beträchtlich, meint Brad Clark vom Provider Daptiv. - 4. Methodik nach Schema F
Im Projekt-Management wird gemeinhin mit standardisierten Schlüsselaufgaben und Leistungen gearbeitet. Darin lauert nach Einschätzung von Robert Longley, Consultant beim Beratungshaus Intuaction, aber auch eine Gefahr. Die Standard-Ansätze seien meist auf Projekte einer bestimmten Größe ausgerichtet. Sie passen möglicherweise nicht mehr, wenn man sich an größere Projekte als in der Vergangenheit wagt. - 5. Überlastete Mitarbeiter
„Team-Mitglieder sind keine Maschinen“, sagt Dan Schoenbaum, CEO der Projekt-Management-Firma Teambox. Projekte können auch daran scheitern, dass Mitarbeiter mit Arbeit überfrachtet werden. Vermeiden lässt sich das, indem man sich vorab ein klares Bild über die Stärken der Team-Mitglieder macht und auf eine sinnvolle Verteilung der Aufgaben achtet. - 6. Ungeteiltes Herrschaftswissen
Projekte leben davon, dass Informationen nicht monopolisiert, sondern miteinander geteilt werden. Das geschieht oft dann nicht, wenn Ergebnisse erst nach langer Anlaufzeit geliefert werden müssen. Tim Garcia von Apptricity rät deshalb dazu, Projekt in kurze Phasen einzuteilen. An deren Ende sollte es jeweils Resultate geben, mit denen das ganze Team weiterarbeiten kann. - 7. Unklare Entscheidungsfindung
Im Verlauf eines Projektes sind Änderungen der ursprünglichen Roadmap oft unvermeidbar. Es sollte beim Change Management aber klar dokumentiert werden, wer wann was geändert hat und wie die neue Marschrichtung aussieht. - 8. Fehlende Software
Exel-Spreadsheets nötigen Projekt-Manager zu manuellen Korrekturen und führen oft zu Problemen bei der Status-Aktualisierung. Insofern ist es befreiend, mit Project Management Software zu arbeiten, die für automatische Updates sorgt und von lästigen manuellen Berichten entlastet. Dazu rät Brian Ahearne, CEO des Anbieters Evolphin Software. - 9. Gefahr des Ausuferns
Change Requests sind alltäglich im Projekt-Leben, aber sie haben leider oft einen unerfreulichen Nebeneffekt: den Hang, Fristen und Budget-Rahmen immer weiter auszudehnen und auf Dauer zu Demotivation und Frust auf allen Seiten zu führen. Um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, sind neben klaren Zielvorgaben auch tägliches Monitoring und ein definierter Prozess für gewünschte Veränderungen sinnvoll. Das empfiehlt in jedem Fall Sandeep Anand, der beim Software-Entwicklungshaus Nagarro für Project Governance verantwortlich ist. - 10. Nicht "Nein" sagen können
Im Sinne des Unternehmens sei es manchmal nötig, Anfragen abzulehnen, sagt Markus Remark vom Provider TOA Technologies. Gut sei es deshalb zu wissen, wie man "nein" sagt. Am besten habe man für solche Fälle auch gleich eine konstruktive alternative Lösung parat. - 11. Mangelnder Zusammenhalt
Projektarbeit ist Team-Arbeit. In der Praxis gerieren sich manche Projekt-Teams aber wie in Eifersüchteleien gefangene Sportmannschaften ohne Erfolg, beobachtet Berater Gordon Veniard. Der Fokus auf das eigentliche Ziel gehe verloren. Stattdessen beschuldigen sich Grüppchen gegenseitig, für Probleme und schlechte Leistungen verantwortlich zu sein. Um das zu verhindern, ist Führung durch den Projekt-Manager gefragt. Und der sollte es verstehen, sein Team mitzunehmen und in Entscheidungen einzubinden. Ohne Kommunikation sei das Desaster programmiert, so Hilary Atkinson vom Provider Force 3. - 12. Vergessener Arbeitsalltag
Hilary Atkinson hat nach noch einen weiteren Kommunikationstipp parat: Projekt-Manager sollten nicht vergessen, ihre alltäglichen Aufgaben zu erledigen. Wer als Verantwortlicher keine Meeting-Termine verkündet, Status-Berichte vergisst und E-Mails unbeantwortet lässt, riskiert unnötige Verzögerungen. - 13. Zu häufige Meetings
Meetings, in denen der Status Quo besprochen wird, können nerven – vor allem dann, wenn sie zu oft stattfinden oder zu lange dauern. Wichtige Informationen lassen sich durch Collaboration Tools häufig besser an die Team-Mitglieder bringen, meint Liz Pearce, CEO des Providers LiquidPlanner. Ihr Tipps: Meeting auf die Entscheidungsfindung beschränken. In ihrem Unternehmen gebe es lediglich zweimal in der Woche ein Treffen, um neue Aufgaben zu verteilen und Prioritäten zu definieren. - 14. Gut genug ist nicht immer gut
Sergio Loewenberg vom IT-Beratungshaus Neoris macht Nachlässigkeiten in der Qualitätssicherung als Problem aus. Es sei günstiger, Fehler zu vermeiden anstatt Geld und Zeit ins Ausmerzen ihrer negativen Folgen stecken zu müssen. Wer auf hohe Qualitäts-Standards achte, vermeide späteres Nacharbeiten und die Gefahr eines schlechten Rufes. - 15. Nicht aus Fehlern lernen
Liz Pearce mahnt außerdem an, mit Hilfe entsprechender Tools eine mehrstündige Analyse nach Ende des Projektes durchzuführen. Nur Teams, die sich des ständigen Lernens verschreiben, seien dazu in der Lage, die Fehler der Vergangenheit in der Zukunft zu vermeiden. - 15 Fehler beim Projektmanagement
Es gibt unzählige Wege, ein IT-Projekt an die Wand zu fahren. Unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat 15 davon gesammelt – und verrät dankenswerterweise auch, wie man die Probleme beheben kann. Diese Tipps sind in der Bilderstrecke zu finden.
Für ihren Bericht über die Anforderungen an das Projektmanagement (PM) der nächsten Generation hat Gerush für Forrester mit Industriemanagern und IT-Experten aus Großunternehmen ebenso gesprochen wie mit den PM-Professionals aus eigenem Hause.
Aber keine Sorge: Auch die Projektleiter der Zukunft brauchen Wissen über Technologie und ihre Implikationen aufs Business - wenn auch nicht nur. Den Projektmanager, der Projekte aller Art unabhängig von Gegenstand und Inhalt durchführt, wird es auch für Forrester nicht geben.
Im Gegenteil: Je mehr technisches Verständnis er mitbringt, desto besser fühlen sich befragte Mitarbeiter bei dem Projektmanager mit ihren Sorgen und Nöten aufgehoben. Und auch wenn er nicht alles verstehen muss, was Entwickler Tag für Tag treiben: Seine technische Expertise befähigt ihn einzuschreiten, wenn er merkt, dass die Teamarbeit nicht funktionieren sollten.
Die Projektmanager der kommenden Generation brauchen nach wie vor ein profundes Fundament in der Handhabung von PM-Werkzeugen. Das seien auch in Zukunft die "Brot & Butter"-Fähigkeiten, so Gerush: Initialisierung von Projekten, Projektplanung, -ausführung und -abschluss. Sie müssen sich mit Risiko-Management genauso auskennen wie mit Change Management und dem Managen von Human Resources.
Ausbildung und Erfahrung von Projektleitern ist als Erfolgskriterium also weiterhin wichtig, aber auch nicht so: Es gibt, schreibt Mary Gerush in ihrem Report, eben auch Mitarbeiter, die ohne viel Vorwissen reüssieren, weil sie eben die kommunikativen und integrativen Fähigkeiten haben, die den Projektmanager der Zukunft auszeichnen. Zusammengefasst: Projektmanager brauchen einen technischen Background, aber vor allem benötigen sie Soft-Skills, um in den Zeiten sich wandelnder Anforderungen bestehen zu können.
Beitrag zum Unternehmenserfolg ist entscheidend
"Die Top-Projektmanager von morgen machen nicht einfach Projekte, sie erzeugen Werte", skizziert Gerush die Hinwendung der IT zum Business. Ihre Aufgabe ist es weniger, Projekte am laufen zu halten - angesichts einer durchschnittlichen Erfolgsrate von gerade einmal 32 Prozent ist aber auch das schon eine Herausforderung. Sie können vielmehr ihre Teams zu besseren Resultaten motivieren, weil sie die Bedürfnisse der Kunden kennen und den Wert, den ihre Arbeit für das Unternehmen hat. Ganz nebenbei verbessern sie damit auch das Verhältnis von IT und Business.