Rund 250.000 Besucher drängten sich im letzten Jahr in den Messehallen der IFA, um hautnah miterleben zu können, wie neue Produkte und Trends aus der Elektronik-Branche präsentiert wurden. Doch dieses Jahr ergibt sich ein ganz anderes Bild. Seit der Gründung 1924 war es noch nie so leer in den heiligen Hallen der Tech-Branche. Zu jedem der Veranstaltungsteile sind maximal 750 Personen pro Tag zugelassen. Erreicht werden dürften aber selbst diese Zahlen in den meisten Fällen nicht.
Um dennoch möglichst viele Leute zu erreichen, wurde ein virtuelles Angebot entwickelt, das es in dieser Form so noch nicht gab: Zu den separaten Live-Events vor Ort, die sich auf die Kernfunktionen der IFA für Fachbesucher, Händler und Aussteller konzentrieren, wurde der "IFA Xtended Space" kreiert. Laut Jens Heithecker, Direktor der IFA, handelt es sich bei der "IFA 2020 Special Edition" deshalb um eine "Hybridveranstaltung". Ob diese Art der Veranstaltung eine langfristige Lösung sein kann, darf jedoch bezweifelt werden.
IFA on Demand
Über den IFA Xtended Space kann jeder, der Zeit und Interesse hat, kostenlos an Streaming- und On-Demand-Angeboten teilnehmen. "Wir spüren ein außerordentliches Interesse aus dem In- und Ausland", sagt Heithecker über das virtuelle IFA-Angebot. Fakt ist jedoch, dass nicht nur die Besucherzahlen um ein Vielfaches niedriger sein werden im Vergleich zu den Vorjahren, sondern dass auch weniger Anbieter die IFA als Bühne nutzen.
Normalerweise gilt die IFA selbst für Branchenriesen wie Samsung als unverzichtbar, um sich und seine neusten Lösungen zu präsentieren. Dieses Jahr sucht man viele namhafte Hersteller wie Samsung, die Deutsche Telekom, Philips und Sony allerdings vergeblich. Bei Samsung entschied man sich sogar für eine eigene virtuelle Vorstellung, auf denen die aktuellen Neuheiten präsentiert wurden - parallel zur IFA.
"Nicht alles lässt sich in die virtuelle Welt verlegen"
"Die IFA gehört mit der CES in Las Vegas zu den wichtigsten Veranstaltungen für uns und unsere Mitglieder", sagt Ulrich Grote, Vorsitzender der ULE Alliance. "Dennoch haben sich mehrere unserer Mitglieder dagegen entschieden, 2020 bei der IFA dabei zu sein", berichtet Grote. Eine wichtige Rolle spiele dabei der Schutz der eigenen Mitarbeiter. Aber auch das diesjährige Format sei bei aller Innovation nicht für jedes Unternehmen das richtige. "Ob Homeoffice oder Smart Home: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung ist. Beziehungen - und das gilt auch für Geschäftsbeziehungen - bauen allerdings auf Vertrauen auf, das sich am besten im persönlichen Kontakt aufbauen lässt", weiß Ulrich Grote.
Während der Wissensaustausch etwa über die neusten Lösungen fürs Smart Home leicht in virtuelle Welten verlegt werden könne, gelte dies nur bedingt für andere Aspekte einer Messe. "Ich denke, dass der Großteil aller Aussteller und Besucher froh sein dürfte, wenn die IFA sowie andere Messen bald wieder so verlaufen, wie wir es aus der Vergangenheit kennen", sagt Grote. Und wenn sie ehrlich sind, dürften das die Macher der IFA ähnlich sehen und sich wünschen, dass sie spätestens im nächsten Jahr aus der Zukunft zurück sind und auf alte Konzepte zurückgreifen können. (mb)