In der öffentlichen Wahrnehmung scheint die Pandemie die digitale Transformation wie ein Katalysator zu beschleunigen. Die Realität in den meisten Unternehmen sieht jedoch anders aus, hier lag der Fokus vor allem auf akuten Schmerzpunkten. Während die Strukturen für Remote Work gezwungenermaßen oft über Nacht aufgesetzt wurden, sind viele digitale Großprojekte ausgebremst worden oder ganz zum Erliegen gekommen. Nach einer Studie der staatlichen Förderbank KfW hat allein der deutsche Mittelstand seine Investitionen im vergangenen Jahr um fast 40 Milliarden Euro zurückgefahren. 2020 hat die Pandemie viele Investitionspläne der deutschen Unternehmen platzen lassen. Nur 47 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben im ersten Jahr der Pandemie noch in die Digitalisierung investiert. Insgesamt wurde zuletzt in der Finanzkrise 2008/2009 so wenig investiert wie im Augenblick.
Wer Erfahrungen hat, wie lange Großprojekte schon in der Vorphase dauern, dem ist klar: Die großen Tanker kommen so schnell nicht wieder in Fahrt. Ein ,Back to normal´ kann es nach zwei Jahren Pandemie auch für CIOs nicht geben. Für CIOs, die ihre Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft steuern wollen, muss jetzt ein Paradigmenwechsel in der Projektplanung folgen: hin zu "Dreimonats"- statt "Dreijahres"-Plänen. Kleinere Projekte in kürzerer Taktung ermöglichen es, rasche Ergebnisse beim Wandel zu einer neuen Digitalkultur zu erzielen, an dem sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv beteiligen.
Dreijahres-Pläne sind Geschichte
Schließlich ist die digitale Transformation kein Selbstzweck. Unternehmen wollen anhand von KPIs Ergebnisse sehen und auch Mitarbeitende brauchen kurzfristig Erfolge. Genau das lassen über mehrere Jahre angelegte Großprojekte vermissen. Bei klassischen Projektmanagement-Methoden werden Anforderungen für die Zukunft formuliert und anschließend umgesetzt. Der vollständige Nutzen ist erst am Ende des Projektes sichtbar. Erstens dauert es sehr lange, bis der Mehrwert für das Management und die Mitarbeitenden ersichtlich wird – und zweitens können sich die Anforderungen während der Laufzeit ändern. Was sicher kommt, sind die Kosten, fraglich der messbare Nutzen.
Je komplexer die Projekte, desto größer ist zudem die Herausforderung, klare Zuständigkeiten und Entscheidungswege in der Projektplanung zu definieren und Mitarbeitende in den Change-Prozess einzubinden und zu motivieren. Doch nur, wenn es gelingt, die Mitarbeitenden zu einer treibenden Kraft zu machen und ihr Feedback agil in die Projekte aufzunehmen, lassen sich Doppelstrukturen und nachträgliche Korrekturen vermeiden und Ressourcen effizient nutzen. Was motiviert mehr, als nach drei Monaten eine "Ergebnisparty" zu feiern: die IT mit dem Geschäftsbereich und Technologiepartner.
Viele Unternehmen versuchen zunehmend, große Projekte neu zu strukturieren, um mit den frei gewordenen Ressourcen in Programme zu investieren, die kurzfristig einen messbaren Erfolg für Kunden, Mitarbeiter und Geschäftspartner erzeugen – ähnlich einem gut balancierten und diversifizierten Investment-Portfolio. Die Pandemie hat das noch beflügelt. CIOs teilen heute zunehmend Projekte in eigenständige Projektabschnitte, an deren Ende ein Ergebnis sichtbar wird. Ein Backlog enthält alle Anforderungen, die im Zeitverlauf jederzeit mit einem Business/Value Case und einem Commitment aller versehen sind - im Prinzip ein Business Plan oder Business Canvas für jedes Projekt. Das ermöglicht jederzeit eine unternehmerische Priorisierung.
- Die 7 schlimmsten KPI-Sünden
Kennzahlensysteme sind beim ITSM erfolgskritisch. Doch KPIs sind nicht aus dem Business abgeleitet und werden zudem falsch definiert und interpretiert. - 1. KPIs werden nicht aus dem konkreten Business-Bezug abgeleitet:
Da die IT-Prozesse sich nach den Business-Anforderungen richten, müssen auch die ITSM-Kennzahlen geschäftsbezogen sein. Eine solche geschäftliche KPI-Orientierung ist in IT-Organisationen selten. Stattdessen sind ITSM-Kennzahlenkonzepte oft selbstbezogen und dienen der eigenen Qualitätslegitimation. - 2. KPI-Systeme ufern aus:
Die Entwicklung und der Einsatz von Kennzahlensystemen gewinnen oft eine Eigendynamik, aus der eine selbstverliebte Beschäftigung mit dem Hang zu immer mehr KPIs entsteht. Die Erfassung, Verarbeitung und Analyse von Messgrößen ist sehr aufwendig, der Nutzen für das Business jedoch gering. CIOs sollten sich daher auf eine begrenzte Anzahl gut beherrschbarer KPIs beschränken. - 3. KPIs werden nicht zielorientiert und praxisbezogen festgelegt:
Manchmal übertreiben Firmen es bei der Analyse von Leistungswerten der IT-Prozesse mit der Transparenz, denn schlechte KPIs sorgen für Kritik und einen hohen Rechtfertigungsdruck. Zwar werden Kennzahlensysteme für das ITSM eingeführt, doch aufgrund der fehlenden Akzeptanz kaum ernsthaft genutzt. Wichtig ist, dass Kennzahlen mit allen Beteiligten fair und zielorientiert festgelegt und vereinbart werden. - 4. KPI-Veränderungen werden nicht geprüft:
Die Leistungswerte in der IT-Organisation verändern sich dynamisch durch den Einsatz neuer Technologien, durch Reorganisation, aufgrund steigender Anforderungen aus dem Fachbereichen oder wegen technischer Probleme. CIOs führen KPI-Analysen in der betrieblichen Praxis häufig nur ungenau und wenig systematisch durch, was zu falschen Schlussfolgerungen führt. - 5. Kennzahlenzusammenhänge werden nicht transparent dargestellt:
CIOs können die Gesamtsituation nicht richtig bewerten, weil einzelne Leistungs- und Qualitätswerte isoliert betrachtet werden statt in Wechselwirkung mit anderen KPIs. Dadurch ist die Aussagekraft im Hinblick auf eine effiziente ITSM-Leistungssteuerung begrenzt. - 6. KPI-Abweichungen werden nicht nachverfolgt:
IT-Abteilungen gehen Inkonsistenzen oder Widersprüchen bei Leistungsdaten zu IT-Prozessen, die aufgrund unzureichender Definitionen entstehen können, oft nur halbherzig nach. Oder sie ignorieren diese gleich ganz.. Das birgt erhebliche Risiken, insbesondere wenn es sich um KPIs zu geschäftskritischen Prozessen handelt. - 7. Bei KPI-Analysen fehlen praktische Maßnahmenkataloge:
Meist werden Mitarbeiter mit den KPI-Analysen zum ITSM allein gelassen. Es fehlen weiterführende Handlungsempfehlungen, die die Auswertungen ergänzen, und Verbesserungsmaßnahmen aufzeigen.
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4 Thesen für den Erfolg digitaler Projekte
Das Umfeld und die Bedingungen für Digitalisierungsprojekte verändern sich schneller als früher – nicht nur, aber auch durch die Pandemie:
Beispiel 1: Das vergangene Jahr war von Rohstoffknappheit und gestörten Lieferketten geprägt. In der IT muss abgebildet werden, welche Auswirkungen Lieferverzögerungen auf die Kundenzufriedenheit haben werden und wie der Kundenservice diese Problematik auffangen kann. Kann das Management etwa in einem interaktiven Tableau-Dashboard Verzögerungen unmittelbar ablesen, sind effiziente Entscheidungen möglich, um Produktionsausfälle so gering wie möglich zu halten.
Beispiel 2: Entscheider sahen und sehen sich immer wieder veränderten Corona-Regeln ausgesetzt. Mit diesem Tempo muss die IT mithalten, besonders in Unternehmen mit engem Kundenkontakt. Um schneller und effektiver zu agieren, kommt es entscheidend darauf an, dass die IT über eine Lösung verfügt, mit der Marketing und Vertrieb bei neuen Regelungen und Erleichterungen Kunden schnell mobilisieren können.
Um diese externen Herausforderungen zu bewältigen, aber vor allem auch intern die Teams und Fachabteilungen für digitale Projekte zu begeistern, kommt es in der IT auf einen entscheidenden Paradigmenwechsel an.
Schnelligkeit und Resultat sind das neue Traumpaar: Eine erfolgreiche digitale Transformation produziert mehr Energie, als sie verbraucht. Deshalb ist die Umsetzungsgeschwindigkeit neuer Projekte auch in der IT wichtiger denn je. Niemand hat mehr die Zeit oder auch nur die Geduld, auf die Umsetzung von 3-Jahres-Plänen zu warten. Stattdessen brauchen Unternehmen 90-Tages-Projekte, die schnell zu sichtbaren Ergebnissen führen. Lange Roadmaps sollten hierzu konsequent in kleine Abschnitte aufgeteilt werden, die jeweils einen spürbaren Business Impact haben. Kurzfristige, messbare Erfolge bringen nicht nur das Unternehmen nach vorne; sie wirken auch wie ein Katalysator auf das Team! Motivation, Kreativität und Engagement steigen – ein wichtiger Faktor, um digitale Transformation zum Erfolg zu führen.
Das Lego-Prinzip hat Hochkonjunktur: Unternehmen müssen das Rad nicht neu erfinden, sie haben aber auch keine Zeit, darauf zu warten, dass Software- und Lösungsanbieter neue Releases für genau die Anforderungen liefern, die gerade jetzt aktuell sind. Hier können Analytics- und Integrations-Umgebungen, die nach dem Lego-Prinzip Bausteine und Baupläne liefern, unterstützen. Platform-based Architectures, die in Kombination mit Low Code-Anwendungen jene Flexibilität und jenes Tempo ermöglichen, die heute unverzichtbar sind. Im Sinne schneller Erfolge, sollten Unternehmen das beste aus beiden Welten verbinden. Nach dem Start mit einer Cloud-Plattform im Standard, können sie ihre Energie in die Entwicklung von Features für spezifische Anforderungen investieren.
Es lebe das Insourcing: Unternehmen sollten stärker auf den Aufbau eigener IT-Kompetenzen setzen, um die Herausforderungen in Sachen Umsetzungstempo und -fähigkeit erfüllen zu können. Gefragt sind insbesondere kleine, flexible IT-Teams, die in erster Linie Skills in Sachen Analytics und Datenintegration brauchen. Das Know-how in Sachen Technologie und Daten muss über die IT-Abteilung hinaus weiter in das Unternehmen getragen werden. Vertrieb, Marketing, Service, aber auch Bereiche wie HR, Einkauf und Supply Chain - überall bieten sich Chancen, mehr aus dem vorhandenen Datenpool herauszuholen. Das erfordert ein Zusammenspiel von IT und Fachabteilungen, welches nur gelingen kann, wenn Data Skills auf allen Seiten vorhanden sind.
Abschied von der 100 Prozent-Doktrin: Zeit für absolute Perfektion gab es auch früher nie wirklich, und auch die Notwendigkeit bestand in den seltensten Fällen. 2022 ist die Zeit der 100 Prozent-Doktrin jedoch endgültig abgelaufen. Transformation kann nur funktionieren, wenn sie spürbare Ergebnisse liefert, die Teams und Kunden begeistern. Gefragt sind also schnelle Erfolge, die alle Beteiligten motivieren, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Auch wenn sie nur 90 Prozent der ursprünglichen Anforderungen erfüllen.
Eine erfolgreiche Digitalisierung bedeutet, schnell auf sich verändernde Umfelder zu reagieren, alle im Unternehmen auf die Reise mitzunehmen und Erfolge spürbar und messbar zu machen. So steuert die IT das Unternehmen sicher in die Zukunft und erzeugt die wichtigste Währung für jede erfolgreiche Projektplanung–Begeisterung. (bw)