Finanztipps auf Social Media

Worauf müssen Influencer achten?

31.12.2021
Von   IDG ExpertenNetzwerk und
Sebastian Loutoumai ist Rechtsanwalt und Fachanwalt bei Löffel Abrar Rechtsanwälte. Er berät Unternehmen insbesondere in allen Fragen zum Online-Marketing und Recht, Werberecht, Influencer Marketing sowie Marken- und Wettbewerbsrecht.
Dr. Matondo Cobe ist Rechtsanwalt bei Poellath + Partner in Frankfurt am Main. Er berät seine Mandanten zu allen Fragen rund um den Vertrieb von Finanzinstrumenten.
Immer öfter werden auch in sozialen Medien Empfehlungen für Anlagestrategien oder einzelne Finanzprodukte abgegeben. Diesen rechtlichen Rahmen müssen Influencer dabei beachten.
Influencer müssen ihre eigenen Interessen oder bestehende Interessenkonflikte hinsichtlich empfohlener Finanzinstrumente offenlegen.
Influencer müssen ihre eigenen Interessen oder bestehende Interessenkonflikte hinsichtlich empfohlener Finanzinstrumente offenlegen.
Foto: antoniodiaz - shutterstock.com

Zahlreiche Influencer geben regelmäßig Anlageempfehlungen ab. Je größer die Reichweite eines Influencers, desto größer ist auch dessen Einfluss auf den Finanzmarkt. Das Beispiel GameStop hat gezeigt, wie Influencer durch ihre Empfehlungen den Markt maßgeblich beeinflussen können. Das Bundesministerium der Finanzen hat in einem FAQ darüber aufgeklärt, welche steuerrechtlichen Aspekte beim Influencer Marketing zu beachten sind. Schon früh hatte "Die Medienanstalten" einen gemeinsamen Leitfaden zum Thema der richtigen Kennzeichnung von Werbung veröffentlicht. Der nachfolgende Beitrag soll einen ersten Überblick über die regulatorischen Anforderungen bei der Abgabe von öffentlichen Anlageempfehlungen in sozialen Medien verschaffen.

Aufsichtsrechtlicher Rahmen

Aufgrund der Risiken für Anleger sieht das Kreditwesengesetz für zahlreiche Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäfte eine Erlaubnispflicht vor. Eine erlaubnispflichtige Tätigkeit darf danach erst aufgenommen werden, wenn diese zuvor bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), angezeigt und von dieser genehmigt wurde.

Besteht eine Erlaubnispflicht?

Die reine Empfehlung von Anlagemöglichkeiten durch Influencer fällt regelmäßig nicht in den Kanon der erlaubnispflichtigen Tätigkeiten. Weder handelt es sich hierbei um eine Anlagevermittlung im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 KWG, da es bei der reinen Empfehlung an der erforderlichen Vermittlung zwischen dem Erwerber und dem Veräußerer eines Finanzprodukts fehlt. Auch handelt es sich regelmäßig nicht um eine Anlageberatung im Sinne von § 1 Abs. 1a S. 2 Nr. 1a KWG.

Für eine Anlageberatung ist erforderlich, dass der Berater eine individuelle Empfehlung für ein bestimmtes Finanzprodukt auf der Basis einer Prüfung der persönlichen Verhältnisse des Anlegers abgibt. Hieran fehlt es allerdings dann, wenn ein Influencer losgelöst von den individuellen Verhältnissen der eigenen Follower bestimmte Finanzprodukte empfiehlt. Darüber hinaus liegt eine Anlageberatung ausdrücklich dann nicht vor, wenn die Empfehlung ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird. Der Influencer richtet sich mit seinem Kanal allerdings an eine unbestimmte Vielzahl von Followern und damit gerade an die Öffentlichkeit. Diese Öffentlichkeit verlässt der Influencer erst dann, wenn er im Nachgang zu einem öffentlichen Beitrag mit einzelnen Followern Beratungsgespräche vereinbart, in denen er konkrete Empfehlungen ausspricht, die auch die finanziellen Möglichkeiten des Einzelnen berücksichtigen. Die öffentliche Empfehlung von bestimmten Finanzprodukten stellt zunächst aber keine erlaubnispflichtige Anlageberatung dar.

Pflicht zur Transparenz und Objektivität

Auch wenn die an die Öffentlichkeit gerichtete Anlageempfehlung erlaubnisfrei ist, bedeutet dies nicht, dass der Influencer in seinem Tun gänzlich frei ist. Erst im Oktober 2021 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) eine Stellungnahme zu Anlageempfehlungen in sozialen Medien veröffentlicht. Die ESMA hat erkannt, dass sich Anleger - in der Regel solche ohne Erfahrung - über Anlagemöglichkeiten zunehmend in den sozialen Medien informieren. Dabei richtet sich diese Stellungnahme weniger an potenzielle Anleger, sondern an Influencer und andere Personen, die auf eigenen YouTube-Kanälen oder auf Instagram über mögliche Finanzprodukte informieren und konkrete Empfehlungen abgeben. In ihrer Stellungnahme weist die ESMA darauf hin, dass solche Anlageempfehlungen der sogenannten Marktmissbrauchsverordnung unterfallen und sich hieraus gewisse Pflichten ergeben.

Was ist eine Anlageempfehlung?

Der Begriff der Anlageempfehlung wird in Art. 3 Abs. 1 Nr. 35 der MarktmissbrauchsVO definiert. "Anlageempfehlungen" bezeichnet danach Informationen mit expliziten oder impliziten Empfehlungen oder Vorschlägen zu Anlagestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten, die für Verbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit vorgesehen sind, einschließlich einer Beurteilung des aktuellen oder künftigen Wertes oder Kurses solcher Instrumente.

Da die Marktmissbrauchsverordnung nur auf Finanzinstrumente im Sinne der MiFiD II anwendbar ist, lohnt es sich, auch den Begriff des Finanzinstruments näher zu betrachten. Eine abschließende Aufzählung der Finanzinstrumente findet sich in Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 MiFiD II in Verbindung mit Anhang I, Abschnitt C.
Es besteht noch Uneinigkeit, ob Kryptotoken, also Bitcoins & Co., aber auch NFTs (Non-Fungible Tokens), als Finanzinstrument im Sinne der MiFiD II anzusehen sind. Das ist deswegen von praktischer Bedeutung, weil gerade in den sozialen Medien von Influencern Kryptotoken als Anlagemöglichkeiten beworben werden. Die BaFin ist der Ansicht, dass Kryptotoken als Finanzinstrumente im Sinne der MiFiD II angesehen werden können, sofern sie übertragbar, an Finanzmärkten handelbar und wertpapierähnliche Rechte in ihnen verkörpert sind. Wer sich nicht sicher ist, ob die von ihm empfohlene Anlagemöglichkeit ein Finanzinstrument im Sinne der MiFiD II darstellt, sollte sich hierzu entweder entsprechend beraten lassen oder von der Anwendbarkeit der MarktmissbrauchsVO ausgehen und die strengeren Anforderungen an Anlageempfehlungen beachten. Das Übererfüllen von Pflichten ist regelmäßig weniger risikobehaftet.

Pflichten der Influencer laut Marktmissbrauchsverordnung

Findet die Marktmissbrauchsverordnung auf die Anlageempfehlungen eines Influencers Anwendung, ist er nach Art. 20 MarktmissbrauchsVO für die Einhaltung bestimmter Pflichten verantwortlich:

  • Die bereitgestellten Informationen zu einem Finanzinstrument müssen objektiv dargestellt werden.

  • Der Influencer muss seine eigenen Interessen oder bestehende Interessenkonflikte hinsichtlich der empfohlenen Finanzinstrumente offenlegen.

  • Zur Schaffung größtmöglicher Transparenz sind Influencer, die öffentliche Anlageempfehlungen abgeben, verpflichtet, ihren Namen und ihre Berufsbezeichnung anzugeben. Dabei trifft diese Pflicht alle Personen, die bei der Erstellung der Empfehlung mitgewirkt haben. Also nicht nur den Influencer selbst, sondern auch die Redaktion oder andere Mitarbeiter, die bei der Erstellung der Anlageempfehlung mitgewirkt haben.

  • Der Influencer muss nach Art. 2 der Delegierten Verordnung zur Marktmissbrauchsverordnung auch angeben, ob er diese Empfehlung aufgrund eines Vertrages für einen Dritten abgegeben hat. Dabei ist es unerheblich, ob es sich dabei um einen Arbeits- oder um einen sonstigen Dienstvertrag handelt. Erfolgt also die Anlageempfehlung auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung, muss dieser Umstand gegenüber den Followern offengelegt werden.

Die Anlageempfehlung muss auch inhaltlichen Vorgaben entsprechen, damit Follower ihre Anlagemöglichkeiten objektiv bewerten können. Influencer müssen danach folgende Punkte bei ihren Anlageempfehlungen beachten:

  • Tatsachen müssen in der Empfehlung deutlich von Auslegungen, Schätzungen, Stellungnahmen oder anderen nicht sachbezogenen Informationen unterschieden werden.

  • Alle Informationsquellen müssen klar und nachvollziehbar für die Empfänger angegeben werden.

  • Alle Informationsquellen müssen zuverlässig sein. Falls Zweifel an der Informationsquelle bestehen, müssen diese Zweifel offengelegt werden.

  • Alle Prognosen und Vorhersagen müssen als solche offengelegt werden. Die bei der Erstellung der Empfehlung wesentlichen Annahmen müssen erläutert werden.

  • Das Datum und der Zeitpunkt, an dem die Erstellung der Empfehlung beendet wurde, müssen eindeutig angeben werden.

Bei Videos auf YouTube ist es ausreichend, wenn der Influencer deutlich darauf hinweist, an welcher Stelle (z.B. durch Hyperlink) die Informationen zu der Anlageempfehlung abgerufen werden können. Art. 3 Abs. 3 der Delegierten Verordnung sieht zudem vor, dass Influencer, die Anlageempfehlungen abgeben, diese Empfehlung jederzeit gegenüber der BaFin auf Anfrage auch begründen müssen. Ein Verstoß gegen die Pflichten aus Art. 20 MarktmissbrauchsVO stellt nach § 120 Abs. 15 Nr. 23 des Gesetzes über den Werbpapierhandel (WpHG) eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 500.000,00 Euro geahndet werden kann.

Anzeigepflicht gegenüber der BaFin

Nach § 86 Abs. 1 S. 1 WpHG sind Influencer, die beabsichtigen, öffentliche Anlageempfehlungen abzugeben, dazu verpflichtet, dies vor Beginn der Tätigkeit anzuzeigen. Die Anzeige muss bei natürlichen Personen den Namen, Geburtsort, Geburtsdatum, Wohn- und Geschäftsanschrift und die telefonische und elektronischen Kontaktdaten enthalten.

Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung

Neben den finanzmarktrechtlichen Vorgaben sind Influencer, die öffentlich Anlageempfehlungen abgeben, auch zur Einhaltung der medien- und wettbewerbsrechtlichen Regelungen verpflichtet. Das betrifft insbesondere die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung. Erfolgt also die Anlageempfehlung aufgrund einer Kooperationsvereinbarung mit einem Dritten und erhält der Influencer hierfür eine Gegenleistung, ist er zur Kennzeichnung des werblichen Charakters verpflichtet. Wettbewerbsrechtlich folgt dies aus § 5a Abs. 6 UWG. Bei einem eigenen Kanal auf YouTube handelt es sich regelmäßig auch um ein rundfunkähnliches Telemedium gemäß §§ 74, 2 Nr. 13 MStV. Als solches unterfällt es den Werbegrundsätzen und Kennzeichnungspflichten aus § 8 MStV.

Nach § 8 Abs. 3 MStV muss Werbung als solche leicht erkennbar und vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein. Handelt es sich um eine Dauerwerbesendung, hat die Kennzeichnung des werblichen Charakters nach § 8 Abs. 5 MStV zu erfolgen. Danach muss der Werbecharakter zu Beginn als Dauerwerbung angekündigt und während des gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Daraus folgt, dass zu Beginn eines Beitrages, der als Dauerwerbung einzustufen ist, deutlich lesbar der Werbecharakter angekündigt werden muss, zum Beispiel durch "Werbevideo" oder "Werbung". Diese Einblendung muss dann während der gesamten Dauer des Videos beibehalten bleiben.

Ausblick

Influencer, die auf YouTube oder anderen sozialen Medien öffentlich Anlageempfehlungen abgeben, müssen dabei sowohl die finanzmarktrechtlichen, als auch die allgemeinen werberechtlichen Vorgaben beachten. Im Vordergrund steht dabei Transparenz und Objektivität. Potenzielle Anleger dürfen nur auf der Basis objektiver und nachvollziehbarer Informationen über Anlagemöglichkeiten informiert werden. Anleger sollen zudem sofort erkennen können, ob der Influencer ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertrieb bestimmter Finanzprodukte hat. Wer sich als Influencer an die regulatorischen Vorgaben hält, weckt nicht nur bei seinen Followern das nötige Vertrauen für (riskante) Anlagemöglichkeiten, er muss auch kein aufsichtsbehördliches Einschreiten befürchten. (bw)