Web

Content-Management-Systeme

Wo WordPress fehl am Platz ist

Kommentar  18.05.2020
Von 
Nico Rehmann ist seit 1997 in der Digitalbranche tätig und Experte für digitale Kommunikation. Als Berater hilft er Unternehmen bei der digitalen Transformation. Er ist CEO und Partner der Digitalagentur asioso GmbH. Zudem ist er Gründer des Content Management Instituts.
Das Content Management System WordPress ist ein gefragtes Tool für die Erstellung von Webseiten, eignet sich jedoch nicht für jeden Anwendungsfall. Wir verraten Ihnen, in welchem Fall Sie auf WordPress verzichten sollten.

Wenn es um die Erstellung einer Webseite geht, ist WordPress eine gefragte Basis. Über 30 Prozent aller Webseiten im Internet wurden mit WordPress erstellt, woran sich der Mehrwert und die Beliebtheit des Content Management Systems erkennen lassen. Bei den CMS-basierten Websites liegt der Marktanteil sogar bei 60 Prozent. Jeden Tag entstehen rund 500 weitere Seiten auf der Grundlage von WordPress, die sowohl kleinen Startups als auch größeren Unternehmen die unabhängige Präsentation der eigenen Produkte und Leistungen ermöglichen. Dennoch ist das weltweit beliebteste System nicht für alle Anwendungsfälle zu empfehlen. Wir beschreiben in diesem Artikel warum und wann das der Fall ist und zeigen die Grenzen von WordPress auf.

WordPress bietet ein Content Management System von gigantischem Umfang für die eigene Webseite. Dennoch eignet sich das CMS nicht für jeden Zweck.
WordPress bietet ein Content Management System von gigantischem Umfang für die eigene Webseite. Dennoch eignet sich das CMS nicht für jeden Zweck.
Foto: sleep24Photo - shutterstock.com

Bei WordPress lassen sich eigenständig erstellte Erweiterungen problemlos mit anderen Nutzern teilen. So hat sich über die Jahre hinweg eine Sammlung von zehntausenden Plugins angehäuft, die dem Ersteller von neuen Seiten zur Verfügung stehen. Entsprechend vielfältig sind auch die Funktionen, die in Verbindung mit WordPress für die eigene Webseite geboten werden. Für die Erstellung einer guten Seite kommt es jedoch nicht auf die Masse der Plugins an, sondern auf eine Auswahl anhand der eigenen Ziele und Erwartungen. So lässt sich eine Überforderung des Content Managemet Systems vermeiden - stattdessen wird das CMS durch die Installation neuer Funktionen positiv erweitern.

Plugins wie Yoast SEO bieten beispielsweise eine zusätzliche Absicherung, wenn es um die Optimierung neuer Projekte geht. Neben den allgemeinen Plugins für die suchmaschinenoptimierte Ausrichtung von Inhalten bietet das Netzwerk rund um WordPress auch für Datenschutz und Sicherheit geeignete Plugins. Zur ordnungsgemäßen Einbindung von Cookies gibt es ebenfalls zahlreiche Optionen, die die Erstellung einer abmahnsicheren Seite vereinfachen. Viele weitere Plugins werden im Bereich der Performance sowie zur Verbesserung der automatischen Abläufe geboten.

Die Grenzen von WordPress

Auch wenn die Versuchung bei einer derart großen Menge an Plugins groß sein mag, kommt es bei der Kombination mancher Anwendungen zu Komplikationen. Umso mehr das ursprüngliche Content Management System durch zusätzliche Funktionen ergänzt wird, desto schwieriger ist es für den bzw. die Nutzer, das System unter Kontrolle behalten. Mit jedem weiteren Plugin steigt der Anspruch an die Verarbeitung im CMS, was ab einer bestimmten Anzahl zu gravierenden Systemeinschränkungen führen kann. Je mehr unterschiedliche Funktionen in das System eingebunden werden, desto wahrscheinlicher sind Fehler einzelner Plugins und der Funktionalitätsverlust der Seite.

So bleibt es in der Theorie zwar möglich, unbegrenzt Plugins zu nutzen, gleichwohl muss jedoch darauf geachtet werden, dass diese auch miteinander funktionieren. Umso mehr Erweiterungen zusätzlich installiert werden, desto schwieriger und aufwändiger fällt diese Prüfung aus. Kommt es dann aufgrund eines neuen Updates oder durch Veränderungen am Code zu einer Anpassung der bereitgestellten Funktionen, ist die Quelle des Fehlers nur schwer identifizierbar. Aus diesem Grund sollten die gewünschten Plugins möglichst vor der Nutzung und bei regelmäßiger Anwendung auch nach Updates manuell geprüft werden, um Fehler zu vermeiden.

Updatefehler und systemische Überforderung

Die bereits thematisierten Wechselwirkungen zwischen einzelnen Plugins müssen nicht zwingend von Beginn an spürbar sein. In der Theorie kann es auch bei nachträglichen Installationen weiterer Plugins oder bei automatischen Updates zu Problemen kommen, wenn etwa eine bereits bestehende Funktion durch einen anderen Mechanismus überschrieben wird. Sollte es zu einer derartigen Fehlfunktion kommen, macht sich dies in der Regel auf zwei unterschiedliche Arten bemerkbar. Entweder das neue Plugin stört die Auslieferung der Website durch Fehler oder es verlangsamt die gesamte Seite und führt zu einer deutlichen Abnahme der Customer Experience.

Auch wenn beide Aspekte unschön sind, ist vor allem zweiteres ein großes Problem für das erfolgreiche Ranking. Der Einfluss der Ladegeschwindigkeit und dem damit verbundenen Komfort für den Nutzer ist bei WordPress sehr hoch, weshalb sich vermeidbare Abschwächungen im Bereich der Qualität schnell bei der Sichtbarkeit der Seite bemerkbar machen. Um Fehler bei Updates oder neuen Installationen zu vermeiden, sollten die Themes und Plugins in regelmäßigen Abständen geprüft werden. In Verbindung mit Speed Tests und Nutzererfahrungen lässt sich schnell herausfinden, wie sich die Aktivierung neuer Plugins auf die Seite auswirkt und ob potenzielle Probleme auftreten können.

Neben der Plugin-Problematik kommt es auch in weiteren Bereichen zu qualitativen Hindernissen, wenn es um größere Webprojekte geht. Ein Beispiel ist die Ablage von Medien, die bei WordPress nicht optimal gelingt und je nach Anzahl der zu integrierenden Bilder, Videos und Dokumente schnell zusätzlichen Aufwand verursacht. Die Strukturierung und die Auffindbarkeit von Medien führt bei WordPress bei größeren Datenmengen schnell zu Unübersichtlichkeit.

Zunehmende Probleme mit Hacking und Unsicherheit

Leider zeigt sich in den vergangenen Jahren und Monaten immer häufiger, dass die vollständige Sicherheit für Seiten mit WordPress nicht gegeben ist. Aufgrund der hohen Dichte aus Nutzern und den damit verknüpften Webseiten ist WordPress ein sehr beliebtes Ziel für Hacker, weshalb die Betreiber der Seite möglichst proaktiv auf die Sicherheit und Aktualität der vorhandenen Einstellungen achten sollten. Der Vorteil ist hierbei jedoch, dass sich die Seiten jederzeit bezüglich der Sicherheit sowie auf den Zugriff durch Dritte prüfen lassen, um den Komfort zu erweitern.

Die anfälligste Quelle für Hacks und systemische Eingriffe sind alte und nicht aktualisierte Plugins. Durch diese entstehen auf jeder Seite Sicherheitslücken, über welche Hacker an Daten kommen können, die Redaktionsrechte im System erhalten oder im schlimmsten Fall sogar Zugriff auf den gesamten Server erlangen. Aus diesem Grund spielt die Aktualitätsprüfung der eigenen Seite eine wichtige Rolle, um den Einsatz veralteter Plugins zu vermeiden und die Anfälligkeit für Hacks und weitere Einschränkungen zu reduzieren. Bei einfachen Websites ist die Sicherheit normalerweise einfach zu gewährleisten. Die Betreiber komplexer Webseiten tun sich aber häufig schwer damit, ihre Plugins zu aktualisieren, da die schiere Anzahl ein Update deutlich erschwert.

Einschränkung bei Struktur und Mehrfachverwendung

Anhand des enormen Aufwands zeigt sich, dass mit zunehmender Projektgröße auch die Anzahl der zu bewältigenden Aufgaben deutlich ansteigt. Auch wenn das System grundsätzlich skalierbar bleibt, sind viele Funktionen ab einer bestimmten Größe sehr unübersichtlich und erschweren die administrative Nutzung der Seite. Corporate Websites haben häufig tiefere Strukturen, die bei WordPress schnell unübersichtlich werden.

Ein weiteres Problem der Nutzung für Großprojekte ist die Mehrfachverwendung von Inhalten. Da WordPress grundsätzlich auf wenig komplexe Websites ausgerichtet ist, ist die Mehrfachverwendung von Inhalten nur eingeschränkt möglich. Zwar gibt es zur Lösung eines derartigen Problems Plugins, diese sind jedoch ein weiterer Risikofaktor, wenn es um die sichere und vollständige Anwendung des eigenen Systems geht, wie schon ausführlich dargestellt wurde. Auch die Anforderung, eine Website in verschiedene Mandanten aufteilen zu können ist ohne weiteres schlicht nicht möglich. Eine Mandant könnte z.B. die französische Ausprägung der Website sein mit eigenen Berechtigungen. International agierende Unternehmen benötigen die Möglichkeit eines feingranularen und flexiblen Rollen- und Rechtekonzepts.

Die Unterstützung von mehreren Sprachen ist ebenfalls eine wichtige Anforderung. Dabei geht es nicht nur darum, mehrere Sprachen zu unterstützen, sondern auch um Übersetzungsprozesse. Außerdem ist beispielsweise Englisch nicht gleich Englisch. So können bei manchen Unternehmen teilweise unterschiedliche Inhalte in britischem und amerikanischem Englisch existieren. Oder die französische Redaktion pflegt die Website der Kanadier mit und nutzt deswegen die selben Inhalte. Wie das im Einzelfall gehandhabt wird, ist stark abhängig von der Organisation des Unternehmens ab. Bei solchen individuellen Anforderungen stößt WordPress schnell an seine Grenzen.

Mangelnde Übersichtlichkeit bei großen Projekten

Wenn es um die maßgeschneiderte Nutzung der eigenen Website geht, sind Probleme vorprogrammiert. Sowohl die Bilddatenbank als auch die bereits integrierten Funktionen zur Definition von Workflows sind lediglich für kleinere Seiten und Projekte gedacht, was die Abbildung der eigenen Bedürfnisse und Prozesse deutlich erschwert. Websites mit über hundert einzelnen Seiten werden schnell unübersichtlich. Dabei geht es weniger um klassische News oder Magazinartikel. Dafür ist WordPress gut geeignet und diese sind auch nur bedingt von der Navigation abhängig. Aber Inhalte, wie z.B. "Über Uns", sind mit allen dazugehörigen Subseiten im Backend schwieriger aufzufinden, vor allem wenn man als größeres Unternehmen teilweise einige hundert hat.

Viele Plugins sorgen zudem dafür, dass die Eingabemaske für die Inhalte deutlich komplexer werden. Dazu kommt, dass nicht jeder Plugin-Entwickler sich in gleichem Maße um die UX des Redakteurs kümmert. So kann die Eingabe sehr schnell unübersichtlich werden.

Wann Sie auf WordPress verzichten sollten

Keine Frage, WordPress ist ein hervorragendes System für kleinere Websites, Blogs und Magazine. Hier kann WordPress schnell aufgesetzt und meist auch einfach genutzt werden. Der wichtigste Faktor von WordPress, die Einfachheit, geht bei komplexen Websites leider verloren. Dies kehrt sich ab einer gewissen Komplexität sogar ins Gegenteil um und es wird kompliziert, was Betreiber von größeren WordPress-Webseiten sicherlich bestätigen können.

Wer umfangreiche Anforderungen an seine Website hat, sollte frühzeitig prüfen, ob er mit WordPress tatsächlich gut bedient ist. Die erste Version der Website steht zwar innerhalb weniger Tage, jedoch gestaltet es sich schwierig, das System mit fortschreitender Weiterentwicklung zu warten. Vor der Auswahl Ihres Content Management Systems sollten Sie darum die Anforderungen für Ihre Website und andere relevante, digitale Kanäle genau definieren. (fm)