Lizenzen und die Cloud

Wird das ungeliebte Lizenzmanagement bald obsolet?

Kommentar  07.08.2018
Von    und Sascha Wolff
Branimir Brodnik schreibt als Experte zu Sourcing-Themen in der IT in Zeiten von Cloud und Digitalisierung. Er ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der microfin Unternehmensberatung GmbH und weist eine über 20-jährige Berufserfahrung in den Bereichen Financial Services und Consulting auf.
Das Lizenzmanagement, wie wir es heute kennen, wird in zwei Jahren weitgehend verschwunden sein. Grund zur Trauer? Ganz sicher nicht.
Lizenzmanagement wie üblich funktioniert bald nicht mehr.
Lizenzmanagement wie üblich funktioniert bald nicht mehr.
Foto: ESB Professional - shutterstock.com

Softwarehersteller verdienen ihr Geld hauptsächlich mit Lizenzen, das heißt Nutzungsrechten für die von ihnen entwickelten Anwendungen. Daran wird sich auch zukünftig nur wenig ändern, und entsprechend werden sich die Nutzer weiterhin mit dem lästigen aber auch teuren Thema beschäftigen müssen. Und trotzdem wird das Lizenzmanagement, wie wir es heute kennen, bis 2020 verschwunden sein. Grund zur Trauer? Sicher nicht. Aber ein guter Grund, sich rechtzeitig mit den Alternativen auseinanderzusetzen.

Machen wir kurz eine nüchterne Bestandsaufnahme: Wer als Unternehmen heute ein konsequentes Lizenzmanagement betreibt – woran es oft mangelt – der hat es im Wesentlichen mit zwei Modellen zu tun:

  • User-basierte Lizenzen, wie etwa klassisch bei Office-Programmen zum Beispiel Microsoft Office, aber auch bei SAP.

  • Hardware-basierte Lizenzen, etwa bei Datenbanken (zum Beispiel Oracle), wenn die Nutzung auf dedizierten Hardware-Ressourcen erfolgt und dem Kunden direkt zuzuordnen ist.

Weiche Gebührenmodelle für Software

Schon heute stellt sich die Lizenz-Welt für die Anwender allerdings längst nicht mehr so schön einfach wie noch vor zehn Jahren dar. Die Komplexität steigt stetig. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Virtualisierung, Cloud Computing und Software as a Service (SaaS) brauchen andere Bezahlmodelle, um die damit angestrebte Flexibilität nicht zu behindern. Außerdem wünschen sich Finanzabteilungen immer häufiger einen regelmäßigen Geldfluss über die gesamte Nutzungsdauer der Software. Das wiederum macht Mietlizenzen zunehmend populärer.

Damit sind wir schon mitten in der neuen Denkweise: Es werden nicht mehr Arbeitsplätze oder Hardware, sondern die Nutzung von Software im Rahmen einer Shared Infrastructure abgerechnet. Das funktioniert zwar weiterhin User-abhängig (siehe Office 365), praktisch geht es jedoch um Mietlizenzen. Das klassische Lizenzmodell weicht also zusehends auf, insbesondere bei Cloud Services greifen "harte" Lizenzen nicht mehr. Im Zeitalter des digitalen Wandels werden klassische Lizenzmodelle und Denkweisen in Sourcing- und Servicemodelle transformiert.

Softwarehersteller? Provider? Identisch!

Und noch eines macht die Cloud deutlich: Die Grenzen zwischen Software-Hersteller und Service Provider verschwimmen, die Lieferantentypen gehen ineinander über. Genau das wird dem althergebrachten Lizenzmanagement den Todesstoß versetzen: Es verschmilzt künftig mit dem Providermanagement und wird sich zu einem Lieferanten- und Suppliermanagement entwickeln. Das ist folgerichtig und konsequent – aber leider auch nicht trivial!

Denn einen sauberen Schnitt kann und wird es nicht geben. Der Übergang dürfte hart und komplex werden, da über längere Zeit ein Mischbetrieb unvermeidlich ist, bis der Wandel vollzogen ist. Unterschiedliche Lizenzmodelle müssen kombiniert, Lizenzverträge und Dienstleisterverträge aufeinander abgestimmt werden. Es gilt Übergangsregelungen zu erarbeiten und zu verhandeln. Und das alles, weil eben der Weg in die Cloud nur noch ein kurzer Weg ist – obwohl viele Unternehmen darauf noch nicht wirklich vorbereitet sind.

Es gibt also viel zu tun: Angefangen von Leitlinien und Prämissen, Lizenzmanagement bis hin zur Security-Themen. Der Markt droht die Unternehmensrealität zu überholen. Hilfreich beziehungsweise unbedingt empfehlenswert ist es, im Rahmen einer Cloud-Strategie auch das Sourcing-Zielbild zu berücksichtigen – insbesondere in der Phase hybrider Onsite- und Cloud-Nutzung.

Andernfalls drohen in der Folge Vertragsrisiken und Kostenfallen. Denn natürlich soll die "schöne neue Welt ohne Lizenzen" nicht teurer sein als die alte, obwohl die Software-Hersteller angesichts der noch fehlenden Transparenz natürlich versuchen, an der Preisschraube zu drehen. Das eigene Standing auf Anwenderseite zu stärken, erfordert Know-How sowohl im Lizenzmanagement als auch im Sourcing. Zudem ist oft eine Lizenzierung über mehrere Provider nötig, was die Steuerung zusätzlich verkompliziert.

Es überrascht daher nicht, dass viele Unternehmen das ehemals hausgemachte Lizenzmanagement abgeben und auf externe Spezialanbieter vertrauen. Das funktioniert, bedeutet aber auch einen zusätzlichen Kostenfaktor.

Cloud Sourcing macht Lizenzmanagement überflüssig

Wenn aber Lizenzmanagement und Providermanagement künftig eins werden, kann die Konsequenz nur lauten: Der IT Dienstleister übernimmt künftig auch die Abrechnung für die Software-Nutzung. Und das wiederum bedeutet, dass ein zukünftiger Providermanager auch Lizenzmodelle verstehen und tracken können muss, da sie in die eigenen Service-Kosten integriert werden müssen.

Wird man in zwei Jahren dem "notwendigen Übel" Lizenzmanagement also doch eine Träne nachweinen? Wohl kaum. Aber wer jetzt nicht saubere Strukturen schafft und Know-how aufbaut, wird es 2020 sicher bereuen, die Umstellung nicht als Chance für mehr Transparenz und Effektivität genutzt zu haben.