Daten und deren Analyse gehören im digitalen Zeitalter zu den Topprioritäten von Unternehmen: Laut der Umfrage "State of the CIO 2020" unserer US-Kollegen von CIO.com planen 37 Prozent der befragten IT-Entscheider in diesem Feld mit den größten Investitionen - noch vor den Bereichen IT Security und Risikomanagement.
Mit einem Mehr an Investition in Data Analytics steigt allerdings auch der Druck, gute Ergebnisse zu liefern. Aus Sicht von Analysten kommen diese aber oft nicht zustande: "Für viele CIOs und Business-Entscheider ist es eine Herausforderung, Analytics-Initiativen über die Ziellinie zu bringen", urteilt Brad Fisher, Partner und US-Chef für den Bereich Data und Analytics bei KPMG.
In welchen Bereichen es bei Datenanalyse-Projekten regelmäßig ganz besonders hapert, haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengefasst.
Ernüchternde Grundlagen
Dass Daten zu einem erfolgskritischen Faktor geworden sind, wird eigentlich von niemandem ernsthaft bestritten. 86 Prozent der IT-Entscheider gaben im Rahmen einer Gartner-Umfrage an, dass ihre Unternehmen Wettbewerbsvorteile aus der Hand gäben, wenn Daten nicht effektiv genutzt würden. Die gleiche Umfrage zeigt allerdings auch, dass mehr als die Hälfte dieser Firmen weder ein Data Governance Framework besitzt noch ein eigenes Budget für das Daten-Management hat. Wenn es an diesen grundlegenden Dingen hapert, kann sich das verheerend auf die Data-Analytics-Ambitionen auswirken.
Ohne ein vollständig implementiertes Data-Governance-Programm können keine angemessenen Standards für die Datenhygiene Einzug halten. In diesem Fall wird es für Unternehmen mehr als schwierig, auf vorhandene Daten zuzugreifen oder sie zu integrieren, da diese in Abteilungssilos weggesperrt sind. Unter Umständen wissen solche Unternehmen nicht einmal, welche Daten theoretisch zur Verfügung stünden, um bestimmte Projektziele zu erreichen.
Auch an den Grundlagentechnologien, die nötig wären, um ambitionierte Data-Analytics-Ziele zu erreichen, mangelt es vielerorts. Stattdessen kommen oft Tools zum Einsatz, die zwar angesagt sind, aber so überhaupt nicht zu den individuellen Bedürfnissen des Unternehmens passen. In einigen Fällen "funktioniert" das auch andersherum: Dort wird an Tools festgehalten, an die man sich gewöhnt hat - auch wenn damit keine Innovationen möglich sind.
Grundproblem ist hier, dass von Anfang an keine richtige Strategie vorhanden war. Wenn IT-Entscheider eine Dateninitiative entlang einer klaren Strategie umsetzen und - noch besser - dafür auch ein Center of Excellence eingerichtet wurde, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die grundlegenden Erfolgsfaktoren gegeben sind: Data Governance, definierte Verantwortlichkeiten, Infrastruktur, Schulungsprogramme, strategische Ziele und eine angemessene Führungskultur.
Strategische Holzwege
Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass Unternehmen Analytics als ein monolithisches Vorhaben betrachten sollten: Einige CIOs gehen gleich in die Vollen, schaffen Data Lakes und implementieren kostenintensive Infrastruktur-Komponenten - nur um anschließend festzustellen, dass die Technologie weit unter ihren Möglichkeiten genutzt oder sogar vollkommen ignoriert wird.
Lösungen zu implementieren, die ein spezifisches Problem im Fokus haben, ist ein besserer Weg, um den Usern den Mehrwert der Technologie zu vermitteln. In den meisten Fällen haben die Fachabteilungen gar nicht die Zeit, um auf die Ergebnisse großangelegter Transformationsprojekte zu warten: Sie wollen Ergebnisse sehen, auch wenn die Zielerreichung nicht vom Start weg bei 100 Prozent liegt. Auf einer Erfolgsquote von 60 bis 70 Prozent lässt sich durchaus aufbauen, um darauf schrittweise zu optimieren. Dieses Vorgehen hat auch den großen Vorteil, dass schnelle Erfolge weitere Investments begünstigen.
Für Unternehmen empfiehlt es sich darüber hinaus, ihre Analytics-Investitionen an Business Cases auszurichten - nicht am Aufkommen neuer Technologien. Eine inkrementelle Ausweitung der Dateninitiativen durch neue, fortschrittliche Tools sollte den Usern auch ermöglichen, in komplexere Szenarien hineinzuwachsen und entsprechende Probleme zu lösen.
Balance-Mangel
Trotz massiver Investments in ihre Datenprogramme tun sich viele Entscheider schwer, die Früchte ihrer Arbeit zu ernten, wie der "Big Data and AI Executive Survey 2020" von NewVantage Partners zeigt: 74 Prozent der befragten Unternehmen kämpfen immer noch damit, die Mitarbeiter und die Organisation mit der Big-Data-Technologie vertraut zu machen. Nach Einschätzung von Experten liegt das unter anderem daran, dass die Bedürfnisse der Nutzer allzu oft nicht anerkannt und berücksichtigt werden.
Mangelt es beispielsweise an einer abteilungsübergreifenden, gesamtheitlichen Datenstrategie kommt es zu gravierenden Ineffizienzen. Manchmal bilden sich Nutzergruppen, die weitgehend ohne Support auskommen müssen. Das andere Extrem bilden Firmen, die ausnahmslos alles zentralisieren, was eine schnelle Skalierung unmöglich macht und verhindert, das volle Potenzial eines Data-Analytics-Projekts auszuschöpfen.
"Es braucht eine gesunde Mischung aus Zentralisierung und Dezentralisierung, bei der sich die Balance langsam verschiebt. Dabei empfiehlt es sich, anfangs eher auf einen zentralen Ansatz zu setzen", empfiehlt Roy Singh, Partner bei der Management- und Unternehmensberatung Bain & Co.
Kulturverweigerung
Dennoch brauchen IT-Entscheider zu einem Analytics-Erfolg mehr als einen gesamtheitlichen Ansatz, der mit den strategischen Zielen im Einklang steht. Ein Wandel der Unternehmenskultur ist ebenso unabdingbar. Die Nutzer müssen datengetriebene Insights in Echtzeit schließlich auch nutzen und die Arbeit mit diesen Technologien verinnerlichen beziehungsweise als neuen Standard begreifen.
Laut der vorgenannten Umfrage von NewVantage Partners sehen sich allerdings nur 38 Prozent der Befragten als "Data-driven Enterprise" und nur 27 Prozent sind davon überzeugt, in ihrem Unternehmen eine Datenkultur etabliert zu haben. Es fehlen gut ausgebildete Nutzer und die richtigen Prozesse - 91 Prozent der Befragten sehen hierin die wesentlichen Hürden auf dem Weg, diese Ziele umzusetzen.
Nach Meinung des KPMG-Experten Fisher sollten CIOs und Business-Entscheider ihre Data-Analytics-Programme so in die Prozesswelten integrieren, dass die Benutzer datenbasierende Entscheidungen als Business as usual wahrnehmen. "Anwender kümmert es in den meisten Fällen nicht, wie genau die Datenquellen aussehen oder wie cool die dahinterliegende Data Science ist. Sie wollen einfach nur die benötigten Informationen abrufen, um ihren Job erledigen zu können. Es kommt also maßgeblich darauf an, dass sich die Technologie wie eine App anfühlt - eine Anforderung, die jeder CIO verstehen dürfte."
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.