Nachhaltigkeit in Unternehmen

Wie Umweltschutz und Wachstum zusammengehen

Kommentar  25.03.2020
Von 
Armin Müller ist VP & Country Manager Germany bei VMware. Gemeinsam mit namhaften Technologiepartnern unterstützt er Unternehmen bei der digitalen Transformation und berät sie zu Lösungen aus den Bereichen Rechenzentrum, Cloud, Mobility, Netzwerk und Security. Er verfügt über mehr als dreißig Jahre Erfahrung in der Technologiebranche.
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit - funktioniert das? Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie jetzt den Grundstein dafür legen können, beides in Ihrem Unternehmen zu verwirklichen.
Da in einem Unternehmen viele Akteure involviert sind, erfordert eine Veränderung zu mehr Nachhaltigkeit im Extremfall innerhalb der gesamten Organisation einen Werte- und Kulturwandel.
Da in einem Unternehmen viele Akteure involviert sind, erfordert eine Veränderung zu mehr Nachhaltigkeit im Extremfall innerhalb der gesamten Organisation einen Werte- und Kulturwandel.
Foto: Sanook.pic - shutterstock.com

Spätestens seit es die Fridays-for-Future-Bewegung geschafft hat, das Weltwirtschaftsforum in Davos unter das Motto der Nachhaltigkeit zu stellen, sollte jedem Unternehmen bewusst sein, dass eine Symbiose von Ökonomie und Ökologie nicht nur möglich und erstrebenswert, sondern unabdingbar ist. Dazu ist ein Kulturwandel innerhalb der Unternehmen notwendig.

Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur verankern

Nachhaltig agieren bedeutet, in unseren globalen Geschäftspraktiken und -abläufen an vorderster Front für die ökologische Nachhaltigkeit zu stehen. In den letzten Jahren hat bei vielen Unternehmen schon ein Umdenken begonnen. Nicht wenige haben Strategien für mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit in ihren Unternehmenszielen verankert. Aber "lediglich vier deutsche Unternehmen erreichen die Top 100 der nachhaltigsten Konzerne der Welt. Firmen aus Dänemark, Frankreich und Finnland führen." Dies geht aus einer weltweiten Nachhaltigkeitsstudie hervor, die das kanadische Medien- und Beratungsunterunternehmen Corporate Knights beim Weltwirtschaftsforum in Davos vorstellte. Die Studie erschien bereits zum fünfzehnten Mal. Sie analysiert mehr als 7.500 Unternehmen, die jeweils mindestens eine Milliarde Dollar Umsatz erzielen, hinsichtlich Faktoren wie Klima- und Umweltbilanz, Erzeugung nachhaltiger Produkte sowie Diversity und Gleichberechtigung im Management.

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Aber da geht noch weit mehr! Nachhaltiges Wirtschaften muss ebenso in unserem unternehmerischen Denken und Handeln verankert sein wie Finanzzahlen und ergebnisorientiertes Wirtschaften. Das erfordert beizeiten nicht weniger als den Wandel einer über Jahrzehnte tradierten Unternehmenskultur.

Klimaschutz mit dem richtigen Strom

Ziemlich einfach beginnen, kann ein Unternehmen beim Strom: Laut der globalen Initiative RE100 sind Unternehmen für über die Hälfte des weltweit verbrauchten Stroms verantwortlich. Die Umstellung aller Unternehmen auf 100 Prozent erneuerbaren Strom könnte laut RE100 weltweit fast 15 Prozent der CO2-Emissionen einsparen. RE100 wird von der Climate Group in Partnerschaft mit dem CDP geleitet und arbeitet daran, die Nachfrage der Unternehmen nach erneuerbaren Energien zu steigern und deren Bereitstellung zu fördern.

Wie Privatpersonen auch können Unternehmen ihren Stromanbieter selbst wählen, sich also für ökologische Bezugsquellen entscheiden. Zusätzlich können Unternehmen je nach Standort und örtlichen Begebenheiten Photovoltaik- und sogar Kleinwindkraftanlagen auf ihrem Firmengelände errichten. Für Gebiete, in denen weder das eine noch das andere möglich ist, kann man erneuerbare Energiekredite (RECs) erwerben, die Signalwirkung für den globalen Markt für erneuerbare Energien haben und die Weiterentwicklung der Infrastruktur für erneuerbare Energien ermöglichen.

Darüber hinaus unterstützen Energie-Agenturen und -Berater Unternehmen dabei, ihre Energieeffizienz zu steigern, ihr Energiemanagement zu analysieren und beraten beim Einsatz moderner Technologien. Hier sind wir übrigens auch beim Thema Kosten: Weniger Stromverbrauch ist gleich weniger Kosten ist gleich weniger CO2. Quod erat demonstrandum Nr.1: Ökologie und Ökonomie schließen sich nicht aus.

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Nachhaltigkeit mit New Work

Ein weiterer wichtiger Baustein bei der Realisierung eines nachhaltigen Unternehmens ist die Mobilität. Mobility ist hier eines der umfassendsten Konzepte, denn es schließt neue Arbeitsmodelle, eine Flexibilisierung von Arbeitsplatz und Arbeitszeiten oder die Meetingkultur des Unternehmens ebenso mit ein wie das Flottenmanagement und Richtlinien für Dienstreisen. Deshalb ist es wichtig, sich nicht zu Anfang gleich zu übernehmen, sondern eins nach dem anderen anzugehen.

Eine sehr wirkungsvolle und zugleich für die Mitarbeiter äußerst motivierende Stellschraube ist die Flexibilisierung des Arbeitsplatzes und der Arbeitszeit. Denn wo Home Office nicht nur möglich, sondern vorgelebt und gefördert wird, werden weniger Fahrten notwendig. Wo Meetings virtuell per Audio oder Video realisiert werden, können Dienstreisen minimiert, Arbeitszeiten produktiver genutzt und klimaschädliche Emissionen reduziert werden. Bei uns in der Firma wird das Home Office gelebt und meine Mitarbeiter schätzen das flexible und eigenverantwortliche Arbeiten. Auch ich selbst arbeite ab und an im Home Office und freue mich über mehr Zeit mit meiner Familie

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Viele Unternehmen, gerade in der IT-Branche, verfolgen laut dem kununu-Trendmonitor schon lange das New-Work-Konzept. New Work hat viele Dimensionen:

  • Flexibilität,

  • Work Life Balance,

  • Agilität,

  • Digitalisierung,

  • Individualität

  • und neue Arbeitsplatzkonzepte.

Aber es gibt immer noch einige Branchen und Betriebe, denen die Anwesenheit ihrer Mitarbeiter zwischen 9 und 17 Uhr wichtig ist und die sich lieber auf die Stechuhr als auf die Loyalität und das persönliche Engagement der Mitarbeiter verlassen. Dabei ist längst erwiesen, dass "wo Mitarbeiter flexibel sind, die Produktivität steigt". Flexibilität, die Möglichkeit für mobiles Arbeiten und Home Office, kombiniert mit der bestmöglichen technischen Ausstattung, erhöhen die Motivation der Mitarbeiter und machen deutsche Unternehmen erfolgreicher, wie die "Digital Employee Experience"-Studie 2019 herausgefunden hat. Es ist unbestritten, dass Home Office ein gewisses Vertrauen in die eigenen Mitarbeiter voraussetzt. Aber muss ich mich als Chef nicht fragen, ob ich auf die richtigen Mitarbeiter setze, wenn ich ihnen im Home Office indirekt Faulheit unterstelle?

Nichtsdestotrotz sind Regelungen oder Richtlinien zum Arbeiten von zuhause hilfreich. Vorgaben erleichtern Entscheidungen über sinnhafte oder unsinnige Dienstreisen. Wenn möglich, sollte immer die Bahn und nicht das Flugzeug oder Auto als Transportmittel gewählt haben. Viele Angelegenheiten lassen sich auch per Telefon- oder Videokonferenz besprechen.

Irgendwann sollte auch das heikle Thema Dienstwagen angegangen werden, denn diese verführen dazu, schneller ins Auto zu steigen als eine Fahrt mit der Bahn anzutreten. Unternehmen können zusätzliche Anreize für öffentliche Verkehrsmittel schaffen, indem sie kostenlose BahnCards und Monatsmarken anbieten oder ihren Mitarbeitern Dienstfahrräder zur Verfügung zu stellen. Auch das wird mittelfristig Auswirkungen nicht nur auf die eigene Ökobilanz, sondern auch auf die Finanzergebnisse haben.

Umweltschutz fängt im Kleinen an

Als dritten Baustein möchte ich die Idee eines plastikfreien Büros in's Spiel bringen. Hier lohnt es sich, im Kleinen zu beginnen. Eine Überlegung wäre zum Beispiel, wie das Unternehmen in Zukunft mit Kundengeschenken und Werbeartikeln umgehen möchte. Statt sinnfreier Giveaways kann eine Patenschaften mit Organisationen wie PRIMA KLIMA eine Alternative sein. Oder Sie machen Ihre Kunden zu Baumpaten, die von einigen Unternehmen angeboten werden. Auch bei der Büroausstattung lohnt es sich, genau hinzuschauen. Beispiele für mögliche Veränderungen sind:

  • Verzicht auf Plastikflaschen stattdessen Wasser aus Karaffen;

  • Milch in Kännchen und Zuckerstreuer;

  • Notizbücher aus recyclebaren Materialien;

  • Zusammenarbeit mit nachhaltigen Caterern;

Veränderungen in solchen Bereichen bringen nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile mit sich. Denn plastikfreie Artikel sind mitunter langlebiger und rufen zudem mehr Wertschätzung hervor. Auch hier können Technologien unterstützen: Ich möchte nicht soweit gehen und Memo-Notizen, Schreibblöcke oder Leuchtstifte ganz aus unseren Büros verbannen. Aber es gibt doch zahlreiche kreative Online Tools, die beim Collaboration- und Projektmanagement helfen, ohne viel Papier und Farbe verschwenden zu müssen.

Nachhaltigkeitsmanagement - starten Sie jetzt!

Die genannten Punkte und viele weitere sind Schrauben, an denen sich drehen lässt. Der ein oder andere Punkt ist schneller umsetzbar als der andere, aber alle genannten Bereiche erfordern weder ein großes Investment noch eine Abkehr vom bisherigen unternehmerischen Denken. Was sind denn Ihre Erfahrungen? Sicher haben Sie auch das ein oder andere Beispiel und eine Erfolgsstory zu vermelden. Über Ihre Erfahrungen würde ich mich sehr freuen! (bw/fm)