Bewerbung und Onboarding bei BTC

Wie sich Bewerber und Unternehmen finden

17.12.2021
Von 
Gabi Visintin ist freie Journalistin in Filderstadt.
Corona hat die Videokonferenz geadelt. Doch wie wirkt sich das auf den Dialog zwischen HR und Bewerber sowie auf den Job bei einem neuen Arbeitgeber aus?
Aufgrund der Corona-Pandemie werden nicht nur virtuelle Bewerbungsgespräche zum Standard. Unternehmen müssen sich auch stärker damit befassen, neue Mitarbeiter im Home-Office durch gezieltes Online-Onboarding in die Fachabteilungen zu integrieren.
Aufgrund der Corona-Pandemie werden nicht nur virtuelle Bewerbungsgespräche zum Standard. Unternehmen müssen sich auch stärker damit befassen, neue Mitarbeiter im Home-Office durch gezieltes Online-Onboarding in die Fachabteilungen zu integrieren.
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Schon vor den Lockdowns, Antigentests und der Frage, ob Arbeitnehmer ihren Impfstatus bekannt geben müssen, war es für IT-Unternehmen nicht einfach, genügend Bewerberinnen und Bewerber zu finden. Doch aufgrund von COVID-19 hat sich die Lage noch weiter verschärft: "Mit Corona ist der Wettbewerb um Talente noch enger geworden", sagt Martin Ehlis, Senior-Recruiter der BTC AG in Oldenburg. Das Einzige, was sich zum Positiven verändert habe, sei, so der Personalspezialist, dass das Unternehmen dank Home-Office jetzt einen erweiterten Spielraum besitze. Heute könne das Recruiting auch im Raum München oder Stuttgart nach geeigneten Fachkräften suchen. Die geographische Distanz stellt inzwischen bei der Suche nach erfahrenen IT-Kräften kein Problem mehr dar. Solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sucht BTC etwa im Bereich Cloud, Microsoft-Entwicklung und -Administration beziehungsweise DevOps, neben den klassischen SAP-Skills, die ein IT-Dienstleister wie BTC, der SAP-Goldpartner ist, immer benötigt. Ehlis: "Das Fachkräfte-Potential hat sich durch Home-Office tatsächlich vergrößert." Aber jetzt konkurrieren auch mehr Firmen um die begehrten Talente.

Die Tatsache, dass ab März 2020 Videokonferenzen plötzlich die einzige Möglichkeit für Unternehmen waren, mit Bewerbern ins Gespräch zu kommen, wirkte sich auf das Recruiting keineswegs positiv aus. Erste Auswirkungen spürte der IT-Service-Provider im Jahr 2020. Auch heuer ist es nicht viel anders: Insbesondere die Besetzung von Ausbildungsstellen sowie Plätzen für das duale Studium war noch nie so schwierig. Im Moment verzeichnet BTC sogar sinkende Bewerbungszahlen.

Eine einfache Antwort darauf, welche Ursachen diese Zurückhaltung hat, gibt es nicht. Ehlis wagt einen Erklärungsversuch: "Schulabgänger haben heute sehr viele Optionen bei der Berufswahl - es fällt ihnen oft schwer das 'Richtige' für sich zu finden." Zusätzlich scheint sich auch eine gewisse Unsicherheit in den Lockdown-Zeiten verbreitet zu haben. Das bestätigen die Berichte von IHKs und Einzelhandelsorganisationen, die feststellen, dass zum Beispiel Verkaufs- und Gastronomiepersonal Mangelware sind, weil sich die Arbeitskräfte in sicherere Jobs verabschiedet haben. Die ehemals fast gemiedenen öffentlichen Verwaltungen, die bisher über geringen Bewerbungszuspruch klagten, sind inzwischen wieder beliebte Arbeitgeber.

Jungen Leuten fehlt der Kontakt

Wenn Ausbildungsmessen, Zukunftstage und Schnupperpraktika ausfallen, geschlossene Schulen eine Vorstellung des Unternehmens in den Abschlussklassen verhindern, ist es nicht verwunderlich, dass sich der Abstand zwischen Unternehmen und jungen Bewerbern rasant vergrößert. "Der persönliche Kontakt, der bisher die anfänglichen Hemmschwellen abbaute, lag lange auf Eis", weiß Ehlis. Zu lange! Das BTC Recruiting Team setzt deshalb alle Hebel in Bewegung, die Kontakte anderweitig aufzubauen und den Zugang zum Unternehmen zu erleichtern. Wichtig war und ist zu dem die Botschaft: Der IT-Dienstleister bietet trotz Corona weiterhin sichere Arbeitsplätze und stellt kontinuierlich weiter ein.

Die besondere Situation ist auch der Grund, weshalb das Recruiting-Team der Firma nun noch intensiver mit dem Marketing agierte. Obwohl die reellen Türen weiterhin verschlossen blieben, sollten Bewerber BTC besser kennenlernen. Authentische Videofilme mit "echten" Mitarbeitern wurden gedreht und öffneten für Berufseinsteiger oder IT-Profis den Blick ins Unternehmen. Ehlis bekräftigt: "Im Online-Modus muss noch viel mehr Unternehmenskultur transportiert werden."

Exklusive Einblicke in die Ausbildung

Es fängt bei der ersten Kontaktaufnahme an, die auf vielen Kanälen erfolgt - vor allem auf auch auf den gängigen Social-Media-Plattformen wie YouTube, Facebook und Instagram. Dabei ist eine zielgruppenorientierte Ansprache wichtig: Für die jungen Interessenten gilt es, verschiedene exklusive Einblicke in die Ausbildung bei BTC zu schaffen. Damit sollten möglichst viele Fragen, die sich sonst auf einer Ausbildungsmesse klären lassen, beantwortet werden. Eine leichte Übung ist es dagegen für die junge Zielgruppe, sich auf die virtuellen Vorstellungsgespräche einzustellen. Schließlich hatten sie lange Zeit am Online-Schulunterricht teilgenommen.

Die Fach- und Führungskräfte wiederum, die ihre Expertise bei BTC in den Ring werfen, sollten auf jeden Fall nicht nur die fachlichen Angebote des Unternehmens kennenlernen, sondern auch andere Kriterien. Darunter der Wert "Jobsicherheit". Auch die Möglichkeit, zeitlich und örtlich flexibel arbeiten zu können, gehören zu den wichtigen Botschaften des IT-Unternehmens. Um diese zweite, etwas erfahrenere Zielgruppe, gleich beim ersten Kontakt vom Unternehmen zu überzeugen, hat das Recruiting zusammen mit der Personalentwicklung zusätzlich Guidelines für virtuelle Bewerbungsgespräche entwickelt. Auch diese Schulungen für Interviewer aus den BTC-Fachbereichen erfolgen heute online. Dabei werden etwa Ratschläge gegeben wie:

  • auf Augenhöhe reden,

  • nicht nebenher andere Aufgaben erledigen,

  • einen ansprechenden PC-Hintergrund einrichten oder

  • eine professionelle Kamera nutzen, um für bessere Bildqualität zu sorgen.

Hilfestellung für das Online-Bewerbungsgespräch

Zudem ist Ehlis wichtig, dass "wir versuchen, uns in die Perspektive der Kandidaten zu versetzen". Auch empfiehlt er, am Anfang klar zu sagen, was sie im Videobewerbungsgespräch erwartet, damit sie sich von vorneherein auf die Situation einstellen können. Um Kandidaten, die vorher vielleicht noch nie MS Teams genutzt haben, die Vorbehalte vor dem Kontakt über Video zu nehmen, fügt das Recruiting-Team der Einladung zum Bewerbergespräch auch Informationen zum Umgang mit der Technik bei, so dass auch ein virtuelles Bewerbungsgespräch bestmöglich verläuft. Sollte trotzdem technisch einmal etwas nicht funktionieren, werden Alternativen angeboten.

Beim Erstgespräch mit dem Recruiting ist das Anstellen der Kamera beispielsweise optional. Andererseits liegt genau hier auch die wunde Stelle eines Videogesprächs: das Bild fehlt! "Natürlich lassen sich Stimmungen und Emotionen im virtuellen Gespräch nur bedingt gut transportieren", erklärt der Recruiter. Etwa wenn jemand erfahren will, wie eine Kandidatin oder ein Kandidat auf eine situative Frage reagiert oder wie eine Bewerberin oder ein Bewerber mit einer kniffeligen Frage umgeht. Gerade bei der Suche nach Führungskräften sind solche Beobachtungen aber wichtig.

Onboarding ist leicht, den Dialog halten schwer

Ist es geschafft, einen neuen Mitarbeiter zu gewinnen, geht es darum, sie oder ihn auch zu halten - Stichwort Onboarding. Das Versorgen mit der Hardware für zu Hause - Notebook, Monitor, Tastatur, Mobiltelefon - ist noch die einfachste Übung und lässt sich auch per Post bewältigen. Auch die Umstellung der Begrüßungstage von Präsenz auf eine virtuelle Variante gelingt gut, doch, sobald die Neuen in den Fachbereichen an Bord sind, heißt die wichtigste Währung: kontinuierliche Aufmerksamkeit! Viele Erfahrungsberichte aus der Wirtschaft, die von gescheiterten "Anfängerbeziehungen" erzählen, zeigen wie wichtig die erste Phase ist.

Dabei ist "das klassische 'Über-den-Tisch-fragen' das größte Thema, das bei der virtuellen Einarbeitung wegfällt", erläutert Ehlis, "das erschwert es ungemein, sich zurecht- und einzufinden." Nun sind es die Fachbereiche, unter deren Fittichen sich die Neuankömmlinge befinden. Sie sind angehalten, aktiver als zuvor, "herauszukitzeln", was die Neuen bewegt. Das kostet auf jeden Fall mehr Zeit, weil auch mehr Gesprächsangebote gemacht werden müssen. Bei BTC gibt es in einigen Teams täglich eine halbe Stunde, um sich im "Daily Teams-Meeting" auszutauschen. Hier wird der Tag gemeinsam geplant. "Solche festen Zeiten sind sehr wichtig", betont Ehlis. Selbst ein Ersatz für die Teeküchengespräche wird geboten. Oder die Teams organisieren hybride Events: Da werden dann allen Kollegen Kekse, Kaffee- oder exquisites Schokopulver zugeschickt und virtuell wird dann geplaudert.

Seit dem ersten Corona-Jahr führt die BTC einmal im Quartal eine interne Befragung unter allen Angestellten zu den Themen Zufriedenheit, Führung, Arbeitskultur und Team durch - nicht nur für die Neuen. Die Antworten auf die Fragen, wie die Mitarbeiter die Arbeitskultur wahrnehmen, oder wie die aktuelle Arbeitslast bewertet wird, geben dem HR-Team Aufschluss darüber, wie die Stimmung im Betrieb ist. So hat sich der IT-Dienstleister ein Instrument geschaffen, das frühzeitig Mangelsituationen aufdeckt und rechtzeitig Gegenmaßnahmen erlaubt. "Ziel ist es - trotz räumlicher Distanz - in den Dialog mit den Mitarbeitern zu kommen und zu bleiben", berichtet Ehlis. (pg)