Datenbank-Services und Infrastruktur

Wie Oracle die Amazon-Cloud angreifen will

18.01.2017
Von 
Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Mit einer Kombination aus Datenbank-Services, Entwicklungs-Tools und SaaS-Angeboten versucht Oracle, den Vorsprung von Amazon Web Services (AWS) und Microsoft im Public-Cloud-Markt wettzumachen. Dazu beitragen sollen auch neue Cloud-Regionen in Europa und Nordamerika.

In dem Public-Cloud-Segment Infrastructure as a Service (IaaS) gehört Oracle nicht gerade zu den führenden Anbietern. Viele Branchenbeobachter erinnern sich noch gut an die ätzende Kritik des langjährigen CEOs und Gründers Larry Ellison, der Cloud Computing einst als Hype verspottete. Diese Zeiten sind lange vorbei. Vor allem im vergangenen Jahr hat Oracle viel Zeit und Geld in ein breites Cloud-Portfolio investiert und sieht sich nun in der Lage, den Kampf gegen die Branchenschwergewichte AWS, Microsoft und Salesforce.com aufzunehmen. Schon zur Oracle OpenWorld 2016 im September wetterte Ellison, der inzwischen als CTO agiert, lautstark gegen die Cloud-Datenbanken von AWS.

Auf dem Kunden-Event CloudWorld präzisierte Oracles Produktentwicklungs-Chef Thomas Kurian die Pläne des Softwarekonzerns und kündigte eine Reihe neuer Dienste an. Wenig überraschend stehen dabei Services rund um die Oracle-Datenbank im Mittelpunt. Punkten will der Konzern aber auch mit neuen Infrastrukturdiensten und Angeboten im Bereich PaaS (Platform as a Service) und Cloud Management.

"Niemand in der Public Cloud bietet Vergleichbares", warb Thomas Kurian, Chef von Oracles Produktentwicklung, auf der CloudWorld in New York.
"Niemand in der Public Cloud bietet Vergleichbares", warb Thomas Kurian, Chef von Oracles Produktentwicklung, auf der CloudWorld in New York.
Foto: Oracle

Oracle IaaS-Dienste gibt es in drei Varianten

Im Bereich IaaS geht Oracle mit drei Varianten ins Rennen: Physische, sprich nicht virtualisierte Linux- oder Windows-Server, bieten Kunden eine Isolierung ihrer jeweiligen Workloads von denen anderer Nutzer. In der zweiten Ausprägung mit virtualisierten Server teilen sich mehrere Kunden die Rechenressourcen. Darüber hinaus offeriert Oracle Bare-Metal-Server für den Betrieb von Docker-Containern.

"Niemand in der Public-Cloud bietet Vergleichbares", warb Kurian für das Portfolio der Server-Dienste. Tatsächlich hat aber auch IBM Bare-Metal-Server im Programm. Oracles Compute-Services können sich dennoch sehen lassen. Die Palette reicht von relativ kostengünstigen Maschinen für 0,10 Dollar pro Stunde bis hin zu mächtigen Server-Systemen mit 32 bis 44 Intel-Prozessor-Cores und einem Terabyte Arbeitsspeicher. Die Storage-Kapazitäten lassen sich von 29 bis auf 60 Terabyte skalieren. Im Vergleich zu Amazon könnten Kunden mit den Diensten rund 20 Prozent Kosten sparen, behauptete Kurian.

Auch in der hauseigenen Netzwerkinfrastruktur sieht der Manager besondere Vorteile. So basiere die Oracle-Cloud auf einem virtualisierten Netz, das den Kunden-Traffic "vollständig" kapsele. Damit werde auch das berüchtigte "Noisy-Neighbour"-Problem eliminiert, was am Ende zu Verbesserungen hinsichtlich Quality of Service und Security führe.

Datenbank-Services sind der USP im Oracle-Portfolio

Von Wettbewerbern unterscheiden will sich Oracle laut Kurian aber vor allem durch seine Datenbank-Services. Der Einstiegspreis liegt hier bei 175 Dollar pro Monat. Besonders leistungshungrige Kunden können Datenbanken mit einer Größe bis zu 240 Terabyte nutzen und dabei auf maximal 246 physische Cores zurückgreifen. Alle Datenbankdienste nutzten identische APIs und SQL-Dialekte, betonte der Manager.

Seine PaaS-Angebote richtet Oracle an den zwei Entwicklerprofilen Professional und Business Developer aus. Letztere sollen unter anderem von einer einfach zu bedienenden grafischen Oberfläche profitieren. Microservices-Applikationen lassen sich laut Kurian auf der Oracle-Plattform mit der quelloffenen Container-Technologie Kubernetes kontrollieren. Über das Cloud-Management-Portal könnten Unternehmen darüber hinaus sowohl ihre On-Premise- als auch ihre Public-Cloud-Ressourcen verwalten. Neben IaaS- und PaaS-Diensten hat Oracle traditionell auch eine breite Palette an SaaS-Angeboten im Portfolio, die von ERP-, CRM- und Human-Capital-Management-Anwendungen bis hin zu branchenspezifischen Lösungen reichen.

Aufholen will der Softwarekonzern nicht zuletzt in Sachen regionale Präsenz. Ähnlich wie die Cloud-Riesen Amazon, Microsoft und Google plant der Konzern drei neue Cloud-Regionen in London, der Türkei und dem US-Bundesstaat Virginia. Weltweit sollen dann 29 Regionen für die Auslieferung von Cloud-Diensten zur Verfügung stehen.

Charles King, Chef des Analystenhauses Pund-IT, lobt das Engagement und den "Enthusiasmus", mit dem Oracle seine Cloud-Pläne verfolge. Er verweist vor allem auf die große installierte Kundenbasis, die zunehmend Cloud-Services nachfrage. Andererseits sei Oracle spät in den Markt eingestiegen und werde womöglich auch von Bestandskunden nicht als besonders innovativer Cloud-Provider wahrgenommen. Fraglich sei jedenfalls, wie Oracle Neukunden für sein Cloud-Geschäft gewinnen wolle.