Cloud-Anbieter und MSPs in Einklang bringen

Wie man SAP-Workloads am besten in die Cloud bringt

19.08.2024
Von 
Senior Director Analyst, Gartner
SAP-Workloads in die Cloud zu verlagern, birgt Fallstricke. Vor allem müssen die Fähigkeiten der Hyperscaler und Managed Service Provider sorgfältig ausbalanciert werden.
Nur wenn Managed Service Provider (MSP) und Hyperscaler harmonisch zusammenspielen, klappt es mit dem Umzug von SAP-Workloads in die Cloud.
Nur wenn Managed Service Provider (MSP) und Hyperscaler harmonisch zusammenspielen, klappt es mit dem Umzug von SAP-Workloads in die Cloud.
Foto: ArtEvent ET - shutterstock.com

Die Angebotspalette, SAP-Workloads in der Cloud bereitzustellen, ist ebenso groß wie unübersichtlich. Viele IT-Verantwortliche stehen angesichts dessen vor der Herausforderung, die zahlreichen Unterschiede zwischen SAP-zertifizierten Cloud-IaaS- und Community-Angeboten nachzuvollziehen und richtig einzuschätzen. Dabei geht es um wesentlich mehr als um rein wirtschaftliche Überlegungen.

Bessere Kosteneffizienz, höhere Skalierbarkeit, mehr Innovationen - so lauten die Versprechungen, wenn es darum geht, SAP-Workloads wie S/4HANA in die Public Cloud zu verlagern. Ziel derartiger Vorhaben ist häufig, Platform-as-a-Service- (PaaS-) und Software-as-a-Service- (SaaS-)Dienste mit den in SAP gespeicherten Daten zu verknüpfen, um für Innovationen rund um Künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning (ML), Big Data oder dem Internet of Things (IoT) gerüstet zu sein.

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Immer öfter greifen Betriebe dafür auf Managed Service Provider beziehungsweise Systemintegratoren zurück. Ziel ist, die Risiken und den Aufwand beim Aufbau, dem Betrieb und der Wartung von SAP-Umgebungen in der Cloud minimieren und die anvisierten KPIs hinsichtlich Verfügbarkeit und Leistung einhalten zu können. In der Praxis konzentrieren sich Kunden, so die Erfahrung von Gartner, zunächst allerdings oft ausschließlich auf die preislichen Unterschiede für das Cloud-Hosting, wodurch das Risiko steigt, dass die Gesamtbetriebskosten (TCO) durch falsche Entscheidungen letztlich doch aus dem Ruder laufen.

Überblick über Angebote fehlt

SAP-Workloads auf die Infrastrukturen der Hyperscaler zu hieven, stellt IT-Verantwortliche oft schon bei der Aufstellung des Kriterienkatalogs vor schwierige strategische und technische Entscheidungen. Das resultiert unter anderem aus dem unübersichtlichen Angebot an SAP-zertifizierten Cloud-IaaS-Anbietern und Community-Cloud-Offerten für das Hosting von Workloads auf Basis von SAP NetWeaver beziehungsweise SAP-ABAP.

Anders ausgedrückt: Eine erfolgreiche Cloud-Implementierung erfordert ein umfassendes Verständnis der beteiligten SAP-Komponenten und deren Interaktionen innerhalb der übergreifenden Cloud-Architektur. Nur mit diesem Wissen lässt sich sicherstellen, dass die jeweilige Architektur auch tatsächlich in der Lage ist, die für das Unternehmen wichtigen KPIs zu erfüllen.

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Das Problem dabei: SAP NetWeaver oder die SAP-ABAP-Plattform wurden entwickelt, lange bevor die ersten Hyperscaler mit ihren Clouds auf den Markt kamen. Hinzu kommt die ohnehin schon enorme Komplexität von SAP Workloads in der Cloud - eine typische Architektur für die Bereitstellung einer produktiven SAP-Instanz auf einer Hyperscaler-Plattform umfasst in aller Regel verschiedenste SAP-Systeme wie zum Beispiel SAP Fiori, SAP Solution Manager, SAP ECC und SAP BW/4HANA. Und obgleich SAP verbindliche Richtlinien veröffentlicht hat, um sicherzustellen, dass diese Systeme in der Cloud die Kundenerwartungen erfüllen und Hyperscaler diese Vorgehensweisen in ihre Best Practices integrieren, steht und fällt der Erfolg des SAP-Hostings allzu oft mit der Wahl des richtigen Managed Service Providers.

Potenziellen Servicepartnern genau auf den Zahn fühlen

Besonders wichtig dabei: Anwenderunternehmen sollten genau unter die Lupe nehmen, wie gut die Unterstützung von Managed Service Providern auf Anwendungsebene aussieht. Manche Anbieter offerieren einen umfassenden Support für die Verwaltung von Anwendungen, andere wiederum leisten nur rudimentäre Unterstützung für SAP-Basisfunktionen. Idealerweise sollten die Kunden den Ansatz verschiedener Anbieter im Detail vergleichen, um Abhängigkeiten minimieren und die Kontrolle über die Kosten bewahren zu können.

So bietet es sich noch vor Projektstart an, potenzielle Managed Service Provider durch ein dynamisches Sourcing "laufen zu lassen". Das hilft, die Fähigkeiten der Dienstleister hinsichtlich der Erstellung, Transformation und Ausführung von SAP-Systemen im Cloud-Umfeld auf Basis von Proof of Concepts (PoCs) und Demo-Umgebungen auf Herz und Nieren zu prüfen.

Non-SAP-Systeme nicht vergessen

Doch auch die Non-SAP-Systeme dürfen nicht vergessen werden. Sie stehen in direktem Zusammenhang und entscheiden mit über den Erfolg oder Misserfolg einer SAP-Implementierung in der Cloud. Große Hyperscaler wie AWS und Azure haben zwar Cloud-native Disaster-Recovery-as-a-Service (DRaaS)-Lösungen im Portfolio, die eine schnelle Wiederherstellung und hohe Verfügbarkeit sicherstellen sollen. Unternehmen müssen dabei allerdings auch sicherstellen, dass der gewählte Cloud-Anbieter zudem die relevanten Nicht-SAP-Systeme unterstützt, die in die Cloud verschoben werden sollen.

Hinzu kommt, dass eine Unterstützung von Appliances von Drittanbietern - darunter NetApp-basierte Appliances - gegeben sein muss, um KPIs für den Speicherbedarf erreichen zu können. Darüber hinaus existiert seitens vieler Hyperscaler die Möglichkeit, SAP-Daten mit nativen PaaS- und SaaS-Diensten für Big Data und Analytics, Künstliche Intelligenz oder Machine Learning zu integrieren. Auch das gilt es zu bedenken.

MSPs - Expertisen stark schwankend

Für Anwenderunternehmen ergeben sich damit klare Vorgehensweisen. Wer eine Transformation von SAP-Workloads in die Cloud erwägt, sollte also zunächst die Leistungsmerkmale und Einschränkungen zwischen verschiedenen Hyperscalern wie AWS oder Microsoft Azure und deren spezifische Funktionen sorgfältig bewerten. Aber auch eine realistische Einschätzung von Fähigkeiten der in Frage kommenden Managed Service Provider ist unabdingbar, weil deren Expertisen in Bezug auf die Verwaltung von SAP-Systemen in der Cloud zum Teil stark variieren.

Das gilt unter anderem im Zusammenhang mit Datenbanken. Obwohl SAP HANA die Standarddatenbank für SAP S/4HANA, SAP BW/4HANA und viele andere SAP-Produkte ist, können andere Systeme, die auf SAP NetWeaver oder der SAP-ABAP-Plattform basieren, auch mit anderen Datenbanklösungen betrieben werden. Dazu gehören Oracle RDBMS, IBM DB2, Microsoft SQL Server und SAP ASE. Unternehmen, die eine IT-Landschaft mit mehreren Instanzen betreiben, müssen demnach sicherstellen, dass ihr Cloud-Anbieter alle diese Datenbanken unterstützt.

Dies gilt auch, wenn historische Cloud-Systeme im schreibgeschützten Modus betrieben werden - etwa, um Compliance- oder rechtliche Anforderungen zu erfüllen. Eine besondere Aufmerksamkeit sollte auch der Planung von Disaster-Recovery-Strategien durch die Implementierung Cloud-nativer DRaaS-Lösungen gelten, um eine hohe Business Continuity durch entsprechende Wiederherstellungsmechanismen erreichen zu können. Dafür stellen einige Cloud-Anbieter ihre Systeme in mehreren Zonen einer Region bereit, die an geografisch verteilten Standorten gehostet werden.

Fazit

Klar ist: Die Verlagerung von SAP-Workloads in die Cloud bietet erhebliche Vorteile in Bezug auf Skalierbarkeit und Innovationsfähigkeit, birgt aber auch so manche Fallstricke. Durch die sorgfältige Auswahl von Hyperscalern und Managed Service Providern, die Beachtung von herstellerspezifischen Richtlinien und die Implementierung von Best Practices können Unternehmen sicherstellen, dass sich ihre SAP-Systeme und gegebenenfalls Non-SAP-Systeme erfolgreich und effizient in der Cloud betreiben lassen.

Und schließlich sollte auch eine Exit-Strategie mit bedacht werden: Die meisten modernen, SAP-orientierten Managed Service Provider ermöglichen es Kunden, Cloud-Abonnements zu anderen Anbietern zu transferieren, nachdem alle proprietären oder As-a-Service-Tools deinstalliert worden sind. (ba)