Plattform für Drag and Drop

Wie Low Code die Softwareentwicklung verändert

27.07.2020
Von 
Clint Boulton ist Senior Writer bei der US-Schwesterpublikation cio.com.
Mit Plattformen für Drag and Drop können Entwickler Anwendungen schneller erstellen. Shell Downstream, NTT Data Services und 7-Eleven zählen zu den Unternehmen, die mit Low Code Wertschöpfung erzielen.
  • Einsatzszenarien sind Merger und Akquisitionen, die Migration in die Cloud, Preisgestaltung und Customer Experience
  • Low Code erfordert – im Gegensatzu zu No Code – immer noch ein gewissen Codierungsaufwand
Low Code verspricht, die Anwendungsentwicklung schneller und einfacher zu machen.
Low Code verspricht, die Anwendungsentwicklung schneller und einfacher zu machen.
Foto: g-stockstudio_shutterstock

Mehr Tempo in der Anwendungsentwicklung - dafür bieten sich nicht nur agile Methoden und DevOps an, sondern auch Low Code. Entwickler nutzen Low-Code-Plattformen, um mittels Drag and Drop Anwendungen zu bauen. Bildlich gesprochen ist das Vorgehen mit virtuellen Legosteinen vergleichbar, die sich nach Wunsch zusammenbauen lassen.

Low Code darf nicht mit No Code verwechselt werden. Letzteres nutzen so genannte Citizen Developer, IT-affine Mitarbeiter ohne klassische Programmierkenntnisse. Oft sind Business-Analysten solche Citizen Developer. Low Code erspart dem Entwickler nicht das Codieren, um beispielsweise ältere Applikationen anzubinden. Das US-Marktforschungsinstitut Forrester sieht im Bereich Low-Code-Entwicklungsplattformen für das Jahr 2022 ein Marktvolumen von gut 21 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2018 erklärte weltweit bereits knapp jeder vierte Entwickler (23 Prozent), mit Low-Code-Plattformen zu arbeiten.

Technologie-Entscheider verzeichnen gute Ergebnisse mit dem Einsatz von Low Code. Einige Beispiele:

1. Low Code erleichtert Merger und Akquisitionen: Im Jahr 2016 übernahm NTT Data Services für drei Milliarden Dollar das Unternehmen Dell Services. Die Nutzung von Low Code ermöglichte es dem Käufer, Dell Services von rund 1.000 Anwendungen auf 122 zu reduzieren, erklärt Barry Shurkey, CIO von NTT Data. "Wir wollten nichts rüber holen, was wir nicht brauchen", sagt er.

NTT Data veranstaltete eine Woche lang einen "Survival of the fittest"-Wettbewerb unter verschiedenen Anbietern von Low-Code-Plattformen. Insgesamt 21 einzelne Kriterien, darunter Sicherheit, Governance, Kosten und das Lizenz-Modell, waren entscheidend. Jeder Anwender arbeitete mit Senior Developern und Business-Analysten zusammen und hatte die typischen Herausforderungen zu bewältigen, die in Projekten auftreten.

Eigener Code nur für wettbewerbsentscheidendes geistiges Eigentum

2. Low Code auf dem Weg von On Prem in die Cloud: Craig Walker, CIO bei Shell Downstream, steckt mitten in der digitalen Transformation. Teil dessen ist der Weg von on prem zur Cloud. Low Code habe ihm beim Erstellen des Proof of Concept geholfen, so Walker. "Ich zeige ein paar Sachen per Drag und Drop, und mein Gegenüber sagt: 'Wow, hier erfahre ich etwas, das ich noch nicht wusste'", sagt der CIO. Sein Team erstellt zum Beispiel Kundenportale mit Low Code.

Shell Downstream lässt damit die Jahre des Codierens hausgemachter Anwendungen hinter sich. Das sei die Antwort der Branche auf die Disruption, sagt Walker. Eigener Code wird nur noch geschrieben, wenn es um Anwendungen geht, die wettbewerbsentscheidendes geistiges Eigentum betreffen.

3. Mit Low-Code-Produkten besser bepreisen und platzieren: Der Mischkonzern 7-Eleven unterstützt seine Franchise-Nehmer in der richtigen Bepreisung und Platzierung von Artikeln vor Ort. Nach den Worten von Paul McCollum, einem Technology Officer bei 7-Eleven, können die eigenen Mitarbeiter relevante Daten auf ihren Laptops oder Smartphones einsehen und mit den Franchise-Nehmern besprechen.

McCollum hat mittels Low Code sperrige Excel-Sheets ersetzt. Stellt ein Mitarbeiter vor Ort fest, dass eine Information nicht stimmen kann, schickt er auf Knopfdruck einen Report und bekommt eine aktualisierte Version. Das Unternehmen will den Store-Managern mehr Technik an die Hand geben.

Mit Low Code gegen Fachkräftemangel

4. Besseres Kundenerlebnis dank Low Code: Der amerikanische Versicherungskonzern John Hancock verbessert durch Low-Code-Nutzung die Kundenerfahrungen. Das IT-Team konsolidierte Kundendaten aus verschiedenen Systemen, räumte die Masterdaten auf und migrierten auf Salesforce.com. Seitdem stellt die IT das Schlagwort Kundenzentriertheit in den Mittelpunkt, berichtet Vice President und Technology Officer Len van Greuning.

So arbeiten Nicht-Entwickler an den Workflows der Kollegen im Call Center mit. Wer im Call Center sitzt, soll schnell und einfach auf Kundendaten in Salesforce zugreifen können. Kunden wiederum können Dokumente einscannen.

Ausblick: Leyla Seka, Executive Vice President bei Salesforce.com, sieht Low Code im Aufwind. Angesichts des Fachkräftemangels bietet Low Code eine elegante Möglichkeit, Anwendungen zu entwickeln.