Ohne Austausch und Collaboration der Mitarbeiter können Unternehmen ihre Daten nicht effizient nutzen. Doch oft führt Collaboration zu Reizüberflutung und Unübersichtlichkeit. Wie Künstliche Intelligenz (KI) hier hilft, zeigt ein Webcast der Computerwoche.
Selbst in Gruppenchats mit bis zu 2.000 Anwendern ist eine strukturierte Zusammenarbeit möglich, so die These von Peter Schütt, Leader Social Business Strategy & Knowledge Management bei IBM Deutschland, und Frank Heuer, Senior Advisor bei ISG Research Deutschland. Sie sprechen mit dem Anwender Bernd Gewehr, der die Informationstechnik beim Ingenieurbüro Vössing leitet, über smarte Teamarbeit.
Fachjournalist Sven Hansel moderiert den Webcast und wendet sich als Erstes an die Zuschauer. "Wie gestaltet sich Ihre Team-Collaboration?", fragt er. In einer spontanen Umfrage erklären 39 Prozent, sie wünschten sich moderate Verbesserungen, weitere 25 Prozent sehen sogar "großen Verbesserungsbedarf".
Zurzeit macht sich eine gewissen Ernüchterung breit
Und hier geht es nicht allein um die Technik, betont Heuer. "Die Kultur muss passen", so der Analyst. Er beobachtet eine gewisse Ernüchterung, die sich derzeit bei den Anwendern breitmacht. Denn deren Ideen kreisten um "Zero Email" und das papierlose Büro. "Aber die Frage ist, wie weit kann das verwirklicht werden?"
Faktisch gebe es jetzt "mehr Emails als je zuvor". Daher setzt sich mehr und mehr die Forderung durch, "das Beste aus beiden Welten" zu verbinden, also etwa die Direktheit der Email mit Möglichkeiten verbesserter Zusammenarbeit. "Die Lösungen müssen verzahnt werden", erklärt der Experte. Eine Zusammenarbeit nach dem WhatsApp-Modell bewährt sich - birgt aber die Gefahr von Schatten-IT. Die Informationsflut ist immer noch sehr groß, und Social Tools erzeugen weitere Nachrichten.
Bernd Gewehr nickt. "Bei uns wächst die Email-Flut auch", sagt er. Sein Ingenieurbüro wollte andere Mittel der Collaboration etablieren. Doch die Erfahrung zeigt: der Mensch kann sich nur auf ein Kommunikationsmittel konzentrieren. Folglich haben die anderen Tools Nachrichten per Mail geschickt, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Gewehrs Fazit: Als System of Notification ist die Email sinnvoll, nicht aber als Mittel des Content-Management. Man braucht ein Werkzeug, das bewerten kann, welche Mails und Inhalte relevant sind. Eben hier kommt für ihn die Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel.
Das Tool muss die Zusammenarbeit im Team widerspiegeln
Heuer weist auf die Produktivitätssteigerungen hin, die zu erwarten sind, wenn sich die Mitarbeiter mit "weniger Unnützem herumschlagen müssen". Schafft das Team mehr in einer vorgegebenen Zeit als bisher, ist das ein Erfolg solcher Tools. "KI lernt und macht neue Erfahrungen, was Mitarbeiter für wichtig halten und was nicht", betont der Analyst.
Gewehr weiß aus eigener Erfahrung um die Schwierigkeiten beim Einführen neuer Technologien. Der Wechsel der Arbeitsweise falle Menschen schwer. Er empfiehlt Unternehmen, die Mitarbeiter zu begleiten, an deren Skill-Level zu arbeiten, Trainings- und Schulungen anzubieten. "Die Menschen erwarten, dass etwas einfach funktioniert", überlegt er.
Den Begriff "Facebook für Unternehmen" mag er dennoch nicht. "Es geht in einer Firma nicht um Fun, sondern, dass sich die Zusammenarbeit im Projekt in dem Tool spiegelt", erklärt der IT-Chef. Manche Mitarbeiter hätten am Tag mit vier verschiedenen Projekten zu tun.
"Das Neue ist die Domäne des Menschen"
Unabhängig davon, wie man das Tool nun nennt: "Der Ansatz der Hersteller ist heute, zu gucken, was im privaten Umfeld läuft", erklärt IBM-Manager Schütt. Pionier im privaten Umfeld war wohl WhatsApp. Vergleichbares gebe es heute im sicheren Unternehmenseinsatz. "Die Leute sind auch froh, wenn sie von der Schatten-IT wegkommen und ein offizielles Tool nutzen können", beobachtet Schütt. Andererseits weiß er auch um die Gefahr der Überflutung durch viele Spaces. "Also braucht der Nutzer eine Priorisierung der Spaces und Inhalte!" Und das kann wiederum KI leisten.
Schütt erklärt: "Der erster Schritt sind die Zusammenfassungen von Inhalten, im zweiten Schritt schalten sich Bots automatisch ein. Sie unterstreichen Stellen, an der sie Zusatzinformationen aus dem Backend beisteuern." Die Nutzer legen für sich die Relevanz der Inhalte fest, wodurch Watson dazulernt. Mit Blick auf den Watson Workplace nennt Gewehr drei Kriterien für die Auswahl eines Tools: Es muss Cloud-based sein, über eine reichhaltige API verfügen und sinnvolle KI-Elemente enthalten.
An dieser Stelle meldet sich ein Zuschauer zu Wort. "Watson arbeitet doch vergangenheitsorientiert und kann nichts wirklich Neues generieren", so sein Einwand. Gewehr findet die Frage sehr gut. "Maschinen können noch keine Ideen generieren, das Neue ist die Domäne des Menschen", bestätigt er, um gleich anzufügen: "Aber wenn uns die Maschinen bei der Bewältigung der Informationen aus der Vergangenheit helfen, ist schon einmal einiges gewonnen!"
Jeder Dritte klagt über Unübersichtlichkeit und zu viele Informationen
Moderator Hansel erteilt noch einmal allen Zuschauern das Wort. "Worin sehen Sie die größten Herausforderungen bei Team-Collaboration?", fragt er. Es ist die Unübersichtlichkeit und man hat mit zu vielen und unwichtigen Informationen zu tun, geben jeweils 33 Prozent an. 19 Prozent beklagen "zu vielen Inhalte", elf Prozent schlechte Bedienbarkeit. Die größten KI-Risiken sehen 50 Prozent darin, dass man dem System zu viel beibringen muss. 24 Prozent sorgen sich um die firmeninterne Compliance und dreizehn Prozent erhalten zu viele falsche Vorschläge. Zwölf Prozent erklären geradeheraus: "KI versteht uns nicht!"
Fazit aus Sicht des KI-Anwenders Gewehr: "Fragen Sie sich: will ich reiner Anwender sein, oder will ich dem Werkzeug Dinge beibringen, das es bei seiner Geburt noch nicht hatte? Im zweiten Fall kann man Abläufe, die das eigene Unternehmen prägen, selbst in die Hand nehmen und individuelle Lösungen schaffen!"