Autos sind einerseits Basis der modernen Mobilität und ermöglichen es, nahezu jeden Winkel dieser Erde zu erreichen. Andererseits ist das Auto auch Ausdruck des persönlichen Stils, Leidenschaft und Status. Technisch gesehen wurde das Auto immer evolutionär weiterentwickelt, nie revolutionär. Es hat noch immer vier Räder, Sitze, einen Fahrer/in, Antriebsstrang etc. und wird mit Hand und Fuß bedient.
Vergleichen wir das Auto mit dem Handy oder dem Computer, so ist zwar der technologische Wandel spürbar, aber die Autoindustrie tickt noch immer so wie im letzten Jahrhundert. In der Computerindustrie haben das Internet, Cloud Computing, Virtualisierung, Video Conferencing, Mobile Devices und Big Data Analytics die Art wie wir arbeiten, Geschäfte abschließen und miteinander kommunizieren, grundlegend verändert. Nach und nach werden unsere Autos aber zu rollenden Computern, zu rollenden Smartphones, zu ultimativen mobilen Devices mutieren. Inzwischen stecken in einem High-Tech-Auto über 100 Millionen Lines of Code, 15-mal mehr als in einem Passagierflugzeug.
Die Art, wie wir Autos kaufen, fahren und benutzen, die Autos warten und verwerten, hat sich in vergangenen Dekaden kaum gewandelt. Dabei verändern sich die Kundenerwartungen und das Kundenverhalten kolossal durch das vernetzte Fahrzeug, durch die Consumer Experience aus den Online-Kanälen, durch alternative Antriebsarten wie Elektromobilität oder durch neue Mobility Services.
Generation Y stellt ganz andere Anforderungen
Insbesondere die Generation Y und Wachstumsmärkte wie China, Indien oder Asien mit einer ausgeprägten IT-Affinität stellen ganz andere Anforderungen und akzeptieren auch neue Player in den angestammten Märkten. Gleichzeitig geht der Trend vom Besitzen zum Benutzen, das Auto als Statussymbol trägt nicht mehr überall und nicht mehr über alle Generationen. Der Wunsch, seine eigene Mobilität individuell und "on demand" zu gestalten, Mobilität "as a Service" zu verstehen, bedeutet ein grundlegend anderes Geschäftsmodell, als Autos zu entwickeln, zu produzieren und zu verkaufen. Uber, Car2Go und Drive Now sind nur der Anfang einer Bewegung, die viel weiter gehen wird.
Vom teilautomatisierten zum autonomen Fahren
Vom teilautomatisierten Fahren hin zum autonomen Fahren, eingebettet in eine intelligente Infrastruktur, wird es noch einige Jahre dauern. Viele Konsumenten wollen diese innovativen Lösungen. Sie erwarten weniger Stress, mehr Sicherheit, Zeit für andere Tätigkeiten und mehr Bequemlichkeit für das eigene Wohlbefinden. Autonomes Fahren bedeutet auch, dass der Kostenfaktor Fahrer wegfällt, dass die Fahrzeuge 24/7 unterwegs sein können, dass die Autos in der Zeit, in der sie keine Personen transportieren, anderweitig logistisch genutzt werden können.
Das heißt, wir werden eine bessere Fahrzeugnutzung hinsichtlich der Auslastungszeiten bekommen, eine höhere Verkehrsdichte durch automatisch geregelte Geschwindigkeiten und Abstände und damit insgesamt viel weniger Fahrzeuge benötigen, um dennoch ein höheres Mobilitätsvolumen zu bewältigen. Hochrechnungen ergeben, dass bei einem gleichbleibenden Mobilitätsbedarf und vollautonomen Betrieb der Fahrzeuge zirka 80 Prozent weniger Autos gebraucht werden. Heute wird ein Auto im Durchschnitt nur eine Stunde pro Tag bewegt, damit wird das oben aufgeführte Einsparungspotential mehr als deutlich.
Unsere Automobilindustrie sucht Antworten hinsichtlich der Produktdefinition in der bisherigen Denke. Doch die Welt verändert sich rasant durch digitale Geschäftsmodelle. Insbesondere die Generation Y und die Wachstumsländer in Asien und Lateinamerika sind offen für neue Geschäftsmodelle. Gleichzeitig sind genau diese Märkte aber auch die Wachstumsmärkte der angestammten Autoindustrie. An Newcomern wie Airbnb und Uber sehen wir, wie lange etablierte Branchen "disruptiv" überrollt werden. Wir wissen, dass auch Google und Apple ganz nah am Thema Automotive dran sind. Gleichzeitig herrscht in den Automobilkonzernen der Welt noch ein durch das Wasserfallmodell geprägtes Weltbild, in der sich die Wertschöpfungskette scheinbar nach Belieben beherrschen lässt.
Wie wird die Zukunft aussehen? - Der digitale, mündige Kunde wird bestimmen, was in sein Auto kommt. Er wird entscheiden, welche Daten er mit welchem Anbieter teilen will. Er wird je nach Alter, Lokalität und Kultur unterschiedliche "Connected Vehicle"-Modelle bevorzugen. Mal wird er Werbung akzeptieren, um bevorzugte Webservices kostenfrei ins Auto zu bekommen. Mal wird er lieber etwas für die Privatsphäre bezahlen, um die besten Onlineservices ungestört zu nutzen. Es muss das Bestreben der Autokonzerne sein, ein attraktives Offering, das für den Konsumenten einen wirklichen Mehrwert schafft, zu positionieren und zu vertreiben. Die oft gestellte Frage nach der Killer App im Auto haben die Digital Companies längst mit einem ganzheitlichen "Best Customer Experience" beantwortet. Nur wer die Daten hat, kann die Wünsche der Konsumenten analysieren und sein Angebot individualisiert und zielgerichtet vermarkten. Die Autokonzerne müssen schnell agieren, um den Vertrauensvorschuss, den sie heute noch besitzen, richtig zu investieren. Der Faktor Zeit und die umfänglichen digitalen Geschäftsmodelle aus Palo Alto und Co. verschärfen den Wettbewerb in einer Weise, wie sie die Automotive-Hersteller bislang nicht gewohnt waren.