Verkehrswende

Wie Ihre Firmenflotte zukunftsfähig wird

28.04.2022
Von   IDG ExpertenNetzwerk

Götz Reinhardt ist seit August 2016 Managing Director MEE bei SAP Concur. Bevor er diese Führungsposition bei SAP Concur bekleidete besetzte Götz Reinhardt sechszehn Jahre lang verschiedene Positionen im Mutterunternehmen SAP.

Damit die Mobilitätswende gelingt, ist ein konsequenter Umstieg auf nachhaltige Fortbewegung notwendig. Zur Zukunft der E-Mobilität gehört allerdings mehr, als die Firmenflotte auf Elektroautos umzustellen.
Für eine Mitarbeiterin ohne Firmenauto können öffentliche E-Bikes ein Fortbewegungsmittel sein, wenn sie über ein Mobilitätsbudget des Arbeitgebers verfügt.
Für eine Mitarbeiterin ohne Firmenauto können öffentliche E-Bikes ein Fortbewegungsmittel sein, wenn sie über ein Mobilitätsbudget des Arbeitgebers verfügt.
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Seit Jahrzehnten ist der Verkehr der einzige Sektor, der seine Treibhausgasemissionen trotz aller Bemühungen nicht nachhaltig mindern konnte und zählt zu den größten Verursachern von CO2-Emissionen in Deutschland. Mit 164 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (CO2-Äq) trug er 2019 rund 20 Prozent zu den Treibhausgasemissionen der Bundesrepublik bei. Die Corona-Pandemie sorgte durch Lockdowns und Reisestopps 2020 zwar für einen kurzfristigen Einbruch, diese Entwicklung wird sich langfristig aber nicht manifestieren. Auch Unternehmen müssen handeln, wenn die Verkehrswende gelingen soll. Hier sind digitale Lösungen und eine Optimierung der IT-Infrastruktur gefragt, um die Herausforderungen in Unternehmen zu meistern.

Beruflich und privat: Elektrisch klimafreundlich unterwegs

Die Bundesregierung hat sich im Bundes-Klimaschutzgesetz ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Für den Verkehrssektor bedeuten die definierten Klimaziele eine Reduktion seiner Treibhausgasemissionen auf null. Zwischenziel ist eine Halbierung auf 85 Millionen Tonnen CO2-Äq bis 2030. Doch wie kann das gelingen? Mit einem konsequenten Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel und neue Antriebe wie Elektromobilität.

Unternehmen können ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch verschiedene Mobilitätsangebote die Umstellung auf nachhaltige Fortbewegungsmittel erleichtern. Stellschrauben sind beispielsweise E-Autos im Fuhrpark oder ein Mobilitätsbudget, das im Arbeitsalltag oder auf Geschäftsreise individuell für Fortbewegung eingesetzt werden kann. Das Bewusstsein für den eigenen CO2-Fußabdruck wächst - gerade unter Geschäftsreisenden, die viel unterwegs sind. Mit einem zugeschnittenen Mobilitätsangebot berücksichtigen Unternehmen die unterschiedlichen Lebensumstände ihrer Belegschaft auf dem Land und in der Metropole und machen es möglich, mobilitätsbedingte Emissionen zu reduzieren.

Bremsklotz Infrastruktur-Ausbau

Elektromobilität ist in Kombination mit regenerativer Stromerzeugung ein wichtiger Baustein der Verkehrswende zur Reduktion der CO2-Emissionen. Die Zulassungszahlen hierzulande zeigen, dass das E-Auto für die Deutschen zunehmend attraktiver wird. Damit werden E-Pkws auch ein häufigeres Fortbewegungsmittel für Geschäftsreisen. In der ersten Jahreshälfte 2021 war bereits jedes vierte neuzugelassene Fahrzeug mit einem alternativen Antrieb ausgestattet. Die Ladeinfrastruktur hingegen steht immer wieder in der Kritik. Für 57 Prozent der deutschen E-Auto-Besitzer ist die öffentliche Ladeinfrastruktur sogar unzureichend. Schnell erschließt sich, worin die wohl größte Hürde für den Durchbruch von Elektromobilität in Deutschland liegen dürfte: der Sorge vor dem individuellen Mobilitätsverlust.

Eine Auswertung des VDA zeigt, dass der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur noch weit hinter dem Bedarf liegt. Im Oktober 2021 mussten sich durchschnittlich 21 E-Autos eine Ladestation teilen. Von den knapp 50.000 öffentlichen Ladepunkten ist gerade einmal jeder Siebte ein sogenannter Schnellladepunkt. Um das Ziel der Bundesregierung von einer Million öffentlicher Ladepunkte bis 2030 zu erreichen, müssten jede Woche rund 2.000 neue entstehen - aktuell sind es im Schnitt 250. Die Ladeinfrastruktur ist aber ein erfolgskritischer Faktor für den Ausbau der Elektromobilität. Fehlende Möglichkeiten zum Aufladen der Batterien werden zur Hürde für den Umstieg. Öffentliche Ladepunkte sind allerdings nur ein Ladeszenario, das in der Infrastruktur-Debatte berücksichtigt werden muss.

Die Ladeinfrastruktur ist ein erfolgskritischer Faktor für den Umstieg auf E-Mobilität. Arbeitgeber können mit eigenen Ladepunkte auf dem Firmengelände zusätzliche Anreize schaffen.
Die Ladeinfrastruktur ist ein erfolgskritischer Faktor für den Umstieg auf E-Mobilität. Arbeitgeber können mit eigenen Ladepunkte auf dem Firmengelände zusätzliche Anreize schaffen.
Foto: Sopotnicki - shutterstock.com

Veränderung ohne Mobilitätsverlust

Wenn Arbeitgeber leicht anwendbare Lösungen im Unternehmen einführen, können sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Umstieg auf nachhaltigere Fortbewegungsmittel unterstützen. Am offensichtlichsten wird das beim Dienstwagen, den 70 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter laut einer Studie nicht mehr missen wollen, wenn sie ihn einmal haben. Er ist nicht nur für den Weg zur Arbeit wichtiger Bestandteil von Firmenmobilität, sondern spielt auch bei Geschäftsreisen, etwa im Vertrieb, eine wichtige Rolle. Gerade Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer weniger guten Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel und berufliche Vielfahrer sind oft noch auf ihn angewiesen. Über die Hälfte wünscht sich allerdings eine nachhaltige Alternative, wie etwa ein dienstliches E-Auto (54 Prozent). Hier haben es Unternehmen selbst in der Hand, sukzessive auf alternative Antriebe umzusteigen.

E-Fuhrpark: Praktische Umsetzung

Der Umstieg auf E-Mobilität bringt allerdings auch einige Herausforderungen für das Flottenmanagement sowie die Finanz- und IT-Abteilungen mit sich:

  • Austausch der Fahrzeuge: Soll dieser nachhaltig organisiert werden, müssen die Fahrzeuge nach und nach ausgetauscht werden, statt alle auf einmal. Der übliche Nutzungszyklus sollte trotzdem eingehalten werden. Bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern muss gleichzeitig Erwartungsmanagement betrieben werden, da es sich um einen echten Veränderungsprozess handelt.

  • Ladeinfrastruktur: Firmensitze müssen mit ausreichend Lademöglichkeiten ausgestattet werden, damit der E-PKW laden kann, während die Mitarbeiter bei der Arbeit sind. Nicht jeder kann ein E-Auto zu Hause laden und öffentliche Ladesäulen sind teilweise teuer und rar gesät. Die Infrastruktur muss stimmen, damit kein Frust entsteht. Lademöglichkeiten am Arbeitsplatz können zudem ein zusätzlicher Anreiz sein, privat auf ein E-Auto umzusteigen.

  • Unterwegs mobil bleiben: Fehlende Ladepunkte sind auch auf Geschäftsreise ein Problem. Sind Mitarbeiter mit einem E-Auto unterwegs, muss es auf der Strecke oder im Hotel Lademöglichkeiten geben, damit Geschäftsreisende mobil bleiben. Hier können digitale Lösungen helfen, wenn sie nächstgelegene Ladepunkte anzeigen oder auf Hoteloptionen mit der benötigten Infrastruktur hinweisen.

  • Flottenmanager = Infrastrukturplaner: Der Umstieg stellt auch ganz neue Anforderungen an den Flottenmanager. In seiner Funktion muss er sich künftig nicht nur um die Fahrzeuge selbst, sondern auch um mögliche Ladepunkte kümmern: Sind ausreichend Säulen vorhanden? Funktionieren alle? Und sind sie universal für alle Fahrzeugmodelle nutzbar?

  • Abrechnung der Stromkosten: Das Konzept E-Fuhrpark wirft natürlich auch die Frage nach der Abrechnung auf. Anders als beim klassischen Benziner oder Diesel kann hier nicht so einfach über eine Tankkarte abgerechnet werden. Je nach Abrechnungsmodell im Unternehmen ergeben sich daraus neue Herausforderungen, wie etwa die verbrauchsgerechte Abrechnung beim Laden über den privaten Stromanschluss oder der Umgang mit kostenfreiem Laden am Arbeitsplatz als Incentive.

Ladestromverbrauch mit digitalen Lösungen abrechnen

Bei der Kostenerstattung kann ein Abrechnungssystem, das in die IT-Landschaft des Unternehmens nahtlos integriert ist, unterstützen. Es sollten auch heimische Ladevorgänge und vergünstigtes sowie kostenloses Laden am Arbeitsplatz abbildbar sein und direkt mit der Gehaltsabrechnung verrechnet werden können. Zudem können Analysedaten zu den Ladezyklen dabei unterstützen, die Ladeinfrastruktur zu optimieren.

Bei der Berechnung des Strombedarfs einer E-Flotte sowie die Abrechnung der Firmenwagen kann ein Abrechnungsystem unterstützen.
Bei der Berechnung des Strombedarfs einer E-Flotte sowie die Abrechnung der Firmenwagen kann ein Abrechnungsystem unterstützen.
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Mobilitätsbudget für Mitarbeiter ohne Firmenwagen

Angestellten ohne Anspruch auf ein Dienstfahrzeug kann ein Mobilitätsbudget nachhaltigere Fortbewegung und mehr Flexibilität bei der Auswahl von Transportoptionen bieten. Das wünscht sich nach der oben genanngen Studie rund die Hälfte der Befragten Arbeitnehmer. Das Interesse an einem individuellen Mobilitätsbudget unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist somit groß. Das Prinzip: Sie erhalten vom Arbeitgeber ein festgelegtes Budget, über das sie für Mobilitätszwecke frei verfügen können - sowohl im Arbeitsalltag als auch auf Geschäftsreise. So können sie schnell und unkompliziert aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mobilitätsoptionen den bequemsten, nachhaltigsten oder schnellsten Weg auswählen. Dieses Modell testen bereits einige Unternehmen in Deutschland. Kommen dabei digitale Lösungen zum Einsatz, können diese direkt bei der Buchung den CO2-Fußabdruck eines Fortbewegungsmittels ausgeben. Das befähigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich für nachhaltigere Optionen zu entscheiden, macht Nachhaltigkeit messbar und schafft Bewusstsein im Unternehmen.

Arbeitgeber haben es selbst in der Hand, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch verschiedene Anreize zum Umstieg auf nachhaltigere Fortbewegungsmittel zu motivieren und so ihren Beitrag zur Verkehrswende zu leisten. Der E-Dienstwagen ist die naheliegendste Maßnahme. Aber auch ein Mobilitätsbudget, das unkompliziert und digital von jedem Angestellten selbst verwaltet werden kann, bieten die nötige Flexibilität, um die Belegschaft für nachhaltige Mobilitätsalternativen zu begeistern. (bw)